Völlig verranzt und sehr wartungbedürftig kam er für eine Spottpreis zu mit, der CS 510 ohne Tonabnehmer und ohne TK.
Nun steht er da, der CS 510 in seiner nußbaumfolierten Konsole (zum Glück noch die alte Form und nicht die „Basewannenzarge“ mit dem großen Anteil an sichtbarem Kunstsroff, soll mir noch einmal einer den CS 741Q „Plastikbomber“ nennen).
Was zu schmieren war, ist geschmiert worden, gereinigt und etwas aufgehübscht wurde er natürlich schon. Am Tonarm ist ein Shure M91 montiert, das hatte ich mal mit einem 1219 mitbekommen, den ich später eben ohne den TA verkauft habe. Ich wollte auch wenigstens ein Shure im Bestand haben. Da ich der Originalnadel, die daran war nicht vertraute, habe ich eine Pfeiffer Nachbaunadel erstanden. Ich habe keine Ahnung, welchen Stellenwert die unter den Nachbauern einnehmen, immerhin hat Pfeiffer meines Wissen auch mal selbst Tonabnehmer hergestellt.
Aber schön allein sein genügt nicht. Die Ausstattung fand ich am 510 auch interessant, vor allem der in meinen Augen elegante „Sägezahnteller“, der nun von einem Dualfred-LED-Element in originalem Orange angeblitzt wird. Der Zahnriemen ist in Ordnung und der neue Thakker-Riemen für den Antrieb arbeitet offenkundig perfekt.
Na, dann kann es ja losgehen. Es sind erste Eindrücke, die Nadel hat weit unter zehn Betriebsstunden und ist vielleicht „noch etwas steif in den Knochen“, sei‘s drum, ohne Nutzung kein Einspielen und Gelegenheit für erste Eindrücke.
Angeschlossen wurde der CS 510 an den CV 440, an dem die CLX 9200 betrieben werden, also nicht die schlechtesten Voraussetzungen, um zu einem Urteil zu kommen.
Als erstes fällt die sehr angenehme Bedienung auf. Noch nie habe ich eine Haubenautomatik gehabt, die so perfekt arbeitete. Sie hält bis kurz vor der Geschlossen-Position, dann scheint sie eher noch dem Weg in die Endlage Nachdruck zu verleihen. Der Deckel sitzt jedenfalls satt auf der Konsole auf.
Die Drehzahleinstellung ist einfach, nicht der Rede wert bei einem Dual.Plattenspieler, wo es keine unausgegorenen Konstruktionen mit einem händischen Umlegen des Riemens gibt.
Stroboskopfanatikern sei gesagt, daß, einmal eingestellt, die Drehzahl auch über die Dauer einer Langspielplatte problemlos gehalten wird. Vielleicht wird man hier sogar eher weniger frustriert als bei den Dual-Direkttrieblern ohne Quarzstabilisierung, wo die elektronisch geregelte Drehzahl des Antriebs genauer ist als die Frequenz, mit der das Stroboskop arbeitet, welches dann optisch „wegläuft“. Beim CS 510 ist beides synchron, driftet das eine, driftet das andere genauso, hörbar ist so etwas ohnehin nicht.
Eine Ausflug zum Test des im Antriebs ja weitgehend gleichen CS 1249 im Vergleich zu den ermittelten Werten für den CS 704 oder CS 721 zeigt, daß die Unterschiede in Bezug auf Rumpelwerte und Gleichlaufschwankungen im Bereich der Meßtoleranzen liegen, in jedem Fall sind sie weit von den viel schlechteren Werten der Schallplatte selbst entfernt.
Das zeigt sich auch beim Hören, weder ist störende Rumpeln zu hören, noch Jaulen bei Klaviermusik oder „Zittern“ bei langgezogenen Violinenklängen. Es klingt sehr ruhig, souverän und „groß“.
Am Tonarmgegengewicht fällt auf, daß es einen festen Teil (nicht nur der Aufnahmedorn) und einen in dem festen Teil flexibel aufgehängten Teil gibt. Offenbar eine frühe Version eines Antiresonators.
Eine geniale Erfindung ist der „Rillenfinder“; mal eben eine 45er Maxi-Single im Halbdunkel ohne Risiko für die Nadel auflegen? Das ist damit kein Problem. Auch bei Singles geht es einfach schneller als mit einem Automatikspieler. So ein Dreher während meiner Schuldisko-Ära, das wäre ein Traum gewesen.
Zum Klangbildvergleich ist für mich der CS 741Q mit auf dauerhafte 1/2“-Befestigung und das Dual DMS 750 mit der Nadel 30 von Ortofon die Referenz. Das ist natürlich eine hohe Marke, kostet schon allein der Tonabnehmer aktuell fast 300€.
Also rauf auf recht betagtes Vinyl, „Trouble“ von Sailor, die Scheibe kenne ich in- und auswendig. Als allererstes eine freudige Überraschung: Das erste Mal erlebe ich einen Tonabnehmer am Phonoeingang, der nicht erheblich leiser als die anderen Quellen ist. Warum bekommen die heutigen Hersteller das nicht hin? Dann das nächste postive: Das Knistern und Knacken ist noch weniger als beim Ortofon, kaum hörbar.
Und der eigentliche Klang? Ok, n den tiefen Bässen fehlt es doch, da ist eher ein Knarren zu hören, wo beim Ortofon „Wucht“ drin ist. Wer vielleicht mit kleineren Boxen hört, dem wird es vielleicht weniger auffallen als über ausgewachsene Standboxen. Auch an die samtige Brillianz in höheren Höhen kommt das Shure so nicht heran. Was absolut stimmig ist, das sind die Stimmlagen, die Ortbarkeit und der Klangcharakter der Instrumente. Das ist absolut natürlich, sogar etwas weniger „sezierend“ als beim Ortofon. Das ist dann eher eine Geschmacksfrage. Nun muß man dem Shure die Nachbaunadel zugute halten, die zudem noch nicht eingespielt ist. Wie es mit einer Orginalnadel oder gar einer der sagenumwobenen Jico-Nadeln aussähe, steht auf einem anderen Papier (Passen die Nadel für das M95 eigentlich auch auf den Systemkörper des M91?). Aber Jico-Nadeln sind direkt z.B. bei Thakker genauso teuer wie eine Ortofon Nadel 30, beim Direktkauf aus Japan ist man offensichtlich auf Paypal angewiesen und hat noch die Unwegbarkeiten von Zoll usw. Da wäre eine solche Nadel durchaus zu angemessenen Preisen von unter 100€ zu haben. Es geht ja „nur“ um einen zusätzlichen Dreher.
Ich werde den CS 510 sicher noch einmal mit einem Ortofon M20E ausprobieren, das habe ich mit originaler Nadel liegen. Ich denke, dann werden die Karten neu gemischt und der CS 741Q „muß sich warm anziehen“.
Die Verwendung des CS 510 ist schon klar. In ein paar Monaten wird endlich unsere Älteste samt Enkeltochter samt einer Unmenge an Gerümpel in eine eigene Wohnung ziehen. Dann kann ich – trotz Bauch – mal wieder richtig durchatmen, unsere Jüngste zieht dann in das freigewordene Zimmer und wir nehmen das Ihrige dann als Nähe-, Bastel- (Hurra!) und eben zusätzliches Hörzimmer.
Da sich jeweils noch hunderte normaler und Maxi-Singles habe, kann ich die da ideal hören. Durch den Rillenfinder des CS 510 lassen sich gerade die Maxis weitaus angenehmer als auf dem CS 741Q, dem CS 505-3 oder dem CS 701 abspielen.
Das der CS 510 hier de facto als „Geheimtip“ gehandelt wird, ich sehe, daß dies zu Recht so ist. Er ist einfach zu warten, auch für Anfänger ohne Frust beherrschbar, liefert eine Performance, die dem der Topmodell in nichts nachstehen dürfte, wenn man gleiche Tonabnehmer und einen Blindtest voraussetzt – das alles bei sehr moderaten Preisen.
Es ist ein ketzterische Frage, ich weiß, aber wer, wenn man die Tonarmhöhenverstellung nicht braucht, braucht einen CS 704, der hörbar vermutlich nichts besser macht als der CS 510? Elektronikmacken erspart man sich ohnehin. Denn der CS 510 hat keine Elektronik, nicht mal einen Knallfrosch oder einen Kurzschließer. Probleme beschränken sich im Signalweg auf Gammel im Headshell oder gammelige Stecker am anderen End der Leitung.
Eines ist klar: Er soll bleiben, ich denke, er läuft, wenn sonst keiner mehr läuft, in seiner Einfachheit dem cS 505-3 ähnlich, aber massiver und wertiger wirkt er. Nicht einmal Puristen werden einen Makel an einem CS 510 finden, er hat Riemenantrieb, keine Elektronik, keine Automarik (einige glauben immer noch die Welt sei eine Scheibe und eine Automatik, auch die von Dual, verschlechtere den Klang.)
Gruß
Uli