Kardanische Tonarmlagerung vs. einfache Lagerung

  • Guten Morgen,


    vielleicht eine banale Frage (steinigt mich dafür... mea culpa), aber: Dual-Plattenspieler wurden und werden ja immer u.a. wegen ihrer kardanischen Tonarmlagerung beworben und gelobt, nur: Kardanisch bedeutet doch konkret Beweglichkeit in 2 Achsen: einmal Tonarm hoch/runter und die Drehung in der Hochachse, also von LP-Außenrille in Richtung Auslaufrille. Schön und gut, aber: Wie sollte man das anders machen als auf die Art und Weise, wie Dual es tut? Worin unterscheiden sich die Dual-Dreher diesbezüglich von ihren einfacher gestrickten Kollegen bzw. wie ist eine einfachere Lagerung mechanisch umgesetzt?


    Viele Grüße, Jürgen

  • Nein, so simpel ist es nicht.

    Kardanisch gelagerte Tonarme sind in ale Bewegungsrichtungen ausbalanciert.

    Balancierst du einen kardanischen Arm aus, so das er in Schwebe ist, kannst du ihn in alle Richtungen drehen, er wird sich nicht bewegen.

    In Verbindung mit der masselosen Auflagekraft- und Antiskatingeinstellung macht den Arm völlig lageunabhängig.

    Man muß den Plattenspieler also nicht "in Wasser stellen" (exakt per Wasserwaage ausrichten).


    Technisch ist das so gelöst, das sich bei kardanisch gelagerten Tonarmen die beiden Drehachsen in einem Punkt schneiden, bei beim Pluszeichen die beiden Striche.

    Zudem stehen die beiden Achsen in einem exakten 90° Winkel zueinander.

    Zudem bedingt die kardanische Lagerung, das beide Achsen an beiden Enden gelagert sind.

    Bei nicht kardanisch gelagerten Tonarmen schneiden sich die Lagerachsen nicht und/oder eine oder beide Achsen sind nur an einem Ende gelagert.

    Dual: 430/CDS 650, CS 528/TKS55E, CS 617Q/Ortofon OMB10, CS 627Q/Denon DL-110, CS 741Q/Yamaha MC-9
    Sonstige: Grundig PS 6000/OMP10, Yamaha TT-400/AT-95E

  • Hallo Jürgen,


    da gibt es verschiedene Lösungen. Viele Tonarme drehen sich in der Horizontalen mit einem herkömmlichen Kugellager, besonders die einfacheren japanischen (und chinesischen) Designs. Vertikal werden dagegen wie bei Dual Spitzenlager eingesetzt. Manche modernere Designs besitzen auch in der Vertikalen Kugellager, bekannt sind z.B. die Rega oder Linn-Tonarme. Dann gibt es speziellere Lösungen wie z.B. bei SME, SAEC und einigen wenigen Acos-Armen: die vertikalen Lager sind als Messerschneidenlager ausgeführt, horizontal gibt es wiederum ein herkömmliches Kugellager. Zuletzt sind noch Einpunkt-Arme zu nennen, hier ruht der Arm auf einem einzigen Spitzenlager - in manchen Fällen auch invertiert.


    Ein großer Vorteil der kardanischen Lagerung wie bei Dual, Technics, Jelco oder vielen DJ-Drehern ist die (Nach-) Justierbarkeit der Lager. Kugellager sind ausgesprochen empfindlich für Rost, Staub und anderen Dreck, der sie in ihrer Bewegung hemmt, zudem unterliegen sie wie auch einfache Einpunktlager einer mechanischen Abnutzung. Recht bekannt sind die Probleme der Linn-Arme, die eigentlich nur durch sehr aufwendiges Ersetzen der Lager wieder gangbar gemacht werden können - bei Jelco oder Dual pustet man einmal durch und stellt dann einfach die Justageschrauben nach.


    Ein weiteres Plus der Spitzenlager ist ihre im Vergleich zu Kugellagern geringere Lagerreibung. Klangliche Vorteile durch eine kardanische Lagerung konnte ich bisher nicht wahrnehmen, eher im Gegenteil, aber die Vorzüge in der Praxis und bei Reparaturen sind meines Erachtens unbestreitbar.


    Grüße, Brent

  • Nun sind allerdings alle Tonarmlager bei den meisten Duals ebenfalls Kugellager im Sinne des Begriffs. Die Spitzen laufen in Kugeln, welche wiederum in einer Kalotte laufen.


    VG

    Benjamin

    Plattenspieler in Verwendung: *Dual 1019, 1219, 1229, 1249, 701 "MK1", 721* *Perpetuum Ebner 2020 L* *Kenwood KD3100* *Hitachi HT-500* *Elac 50H* *Philips 312 Electronic*

  • Die Spitzen laufen in Kugeln, welche wiederum in einer Kalotte laufen.

    Und das ist nachstellbar und funktioniert wunderbar über einen langen Zeitraum ... außer, wenn Rost und Schmierzeugs in Spiel kommen.

    Die Lager sind trocken und die einstellbare Spitze steckt mit einem *minimalen* Lagerspiel zwischen den Kugeln. Diese Art Lager darf nicht geölt oder geschmiert und nicht "auf Sitz" angezogen werden.


    :)

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

  • Ja, das stimmt natürlich.

    Seltsamerweise werden die Vertikal-Lager gleichen Aufbaus beim PE2020 fettgeschmiert. Funktioniert aber auch.


    VG

    Benjamin

    Plattenspieler in Verwendung: *Dual 1019, 1219, 1229, 1249, 701 "MK1", 721* *Perpetuum Ebner 2020 L* *Kenwood KD3100* *Hitachi HT-500* *Elac 50H* *Philips 312 Electronic*

  • . Funktioniert aber auch.

    Aber nur so lange sie sauber sind. Mit der Zeit versotten die ziemlich und die zu reinigen ist sagen wir es mal so: eher suboptimal.

  • Ja, trocken ist hier auf jeden Fall besser. Jeder Schmierstoff bindet auch Staub, das ist bei so feinen Lagern immer schlecht und gekapselt sind die schließlich auch nicht.


    VG

    Benjamin

    Plattenspieler in Verwendung: *Dual 1019, 1219, 1229, 1249, 701 "MK1", 721* *Perpetuum Ebner 2020 L* *Kenwood KD3100* *Hitachi HT-500* *Elac 50H* *Philips 312 Electronic*

  • Moin zusammen,


    vielen Dank für die Erläuterungen - wieder etwas dazugelernt. :)


    Grüße, Jürgen

  • Das Einstellen der Lager erinnert mich an die Kontakteeinstellerei beim Mopped damals. Man ist froh, wenn man es endlich nach zig Anläufen hinter sich hat, da sich beim Kontern praktisch immer das Spiel wieder "verengt" 8o

    Grüsse Markus

  • Hi Markus !

    Man ist froh, wenn man es endlich nach zig Anläufen hinter sich hat, da sich beim Kontern praktisch immer das Spiel wieder "verengt" 8o

    Das liegt - sowohl als auch - an entweder untauglichem Werkzeug oder fehlender Routine.


    Bei der Einstellung der Lager braucht es einen unbedingt passenden Schlitzschraubendreher für die Madenschrauben innendrin *und* einen Gegenhalter, der die Konterung hält, während man justiert. Man bräuchte eigentlich drei Hände dazu.

    Eine zum Halten der Kontermutter, eine zum Drehen der Madenschraube und eine, um am Armkopf durch seitliches Verdrehen das Lagerspiel zu kontrollieren.


    Und dann gibt es Kontermuttern mit Schlitz und welche mit Löchern. *Die* sind besonders eklig. Wo das Halten beim Justieren dann noch geht, ist das Halten der Madenschraube auf der gefundenen Position und das Andrehen der Kontermutter ein Experiment, bei dem man sich die Finger verrenkt. Es gab nicht umsonst ein Spezialwerkzeug dafür - was natürlich keiner wirklich hat. Das widerum führt dazu, daß man Geräte auf den Tisch bekommt, wo die Kontermuttern außen deutliche Spuren von Zangen aufweisen, mit denen sie beim Einstellen gehalten und festgezogen wurden ...


    Muuuh !


    :rolleyes:

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

  • Na gut - man stellt sowas ja nur gelegentlich ein....aber stimmt schon, hatte auch beim Dual kein wirklich passendes Konterwerkzeug. Man braucht quasi nen gegabelten Schlitzschraubenzieher. Vll. fräse ich mal von nem passenden S.Zieher den mittleren Teil der Klinge weg. Es gibt sicher auch ein Dual Originalwerkzeug, wer hat es?


    Da meine drei Duals unlängst diesbzgl. in Schuss gebracht wurden, denke ich, es hält bis zu meinem finalen Austieg. In 20 Jahren bekomme ich das auch sicher nicht mehr hin, vermutlich, wenn überhaupt, mit Tatterfingern. Zum Glück kann ich mit knapp 60 sogar noch sehr feine Arbeiten machen, kein Tremor bisher.


    Ansonsten alles gut, ich wittere Frühlingsluft draussen und freue mich auf erste Fahrradtouren und Gartenarbeit. Schluss mit der Budenhockerei. Als Arbeitnehmer erlebe ich die Sonne praktisch nur noch nachmittags für ein Stündchen, wenn überhaupt. 8)

    Grüsse Markus

  • Hallo,

    Meine "Spezialwerkzeuge".

    -


    Wobei Dualfred ein dafür, extra hergestelltes Spezialwerkzeug, im Angebot hat.

    Grüße Gernot
    Es soll ja Leute geben, die hören, ob das Lautsprecherkabel rot oder blau ist.

  • So etwas wie den gelben Dreher kannst du ganz regulär kaufen, gibts in jedem Baumarkt.

    Sowas mache ich selber,

    alter billig Schraubendreher, ein paar mal mit der Schlüsselfeile durch, fertig, max. 5 Minuten.
    Das was da im Baumarkt angeboten wird, ist von der Form her, viel zu klobig und passt sowiso nicht.
    Die "Sprengring-Zange" ist bearbeitet, alles etwas feiner und dünner, passend zurecht geschliffen

    Grüße Gernot
    Es soll ja Leute geben, die hören, ob das Lautsprecherkabel rot oder blau ist.

    Einmal editiert, zuletzt von papaschlumpf ()

  • Hallo,


    Ich bin durch eine Antwort in einem anderen Forum auf diesen Thread gestoßen.


    Mein Problem ist etwas off-topic. Kann mir jemand einen Tipp geben was bei meinem Braun P1 los ist?


    - Automatik funktioniert (Start/Stop, Ende der Platte, Lift etc)

    - Platte spielt, bleibt jedoch manchmal hängen (auch Anti-skating auf 0)



    Habe folgenden Test gemacht:

    - Gummiauflage weg (für mehr „Platz“ nach unten)

    - Tonarm ausbalanciert sodass er frei schwebt

    - Also kein Kontakt außer in der Drehachse

    - Tonarm „angestupst“: bewegt sich aber nur um einige Grad

    - Tonarm bewegt sich nicht „nach außen“ auch mit hohem Anti-Skating.



    Ich denke, dass der Tonarm „innen“ irgendwo aufliegt bzw. geführt ist. So wie wenn er durch die Automatik nach innen oder außen geschwenkt wird.

    Oder kann das nur ein schlecht gewartetes Lager um die Drehachse sein? Der Plattenspieler ist erste Hand und einmal 2000 gewartet worden und seitdem nur wenige Stunden genutzt worden. In einem anderen Austausch wurde das dünne Kupferblech an der Bodenplatte als Problem genannt, es ist bei meinem P1 jedoch sehr schön fest und kommt nicht mit anderen Dingen in Kontakt.



    Ich habe mit Hilfe des Service Manuals unten aufgemacht und begonnen, den Tonarmantrieb auszubauen, habe das allerdings abbrechen müssen da ich keinen Inbus 1.5mm zur Hand hatte für die Blende.



    Ich habe ein Video bei YouTube hochgeladen. Stichwort: Braun P1 (Dual) tone Arm not free - can you help?



    1.gifhttps://youtu.be/CyEBLFV0rtY



    Kann mir jemand helfen? Ich lebe in Frankreich und habe keinen Braun-Spezialisten in der Nähe finden können.



    Danke!

  • Vielen Dank, Wolli!


    Und sorry, dass ich mich gar nicht vorgestellt hatte.


    Mein Name ist Cornelius. Ich habe den P1 als Teil einer Atelier Anlage (R1, C1, P1 und 2x L8070HE) von meinen Eltern übernommen.


    Alles funktioniert soweit und ich bin mit dem Klang nach einigen Vergleichen sehr zufrieden - kein High-End natürlich aber sehr angenehm und „mit Leben“.


    Das Service Manual hatte ich an der gleichen Stelle gefunden gehabt und mit dessen Hilfe den P1 einmal wie beschrieben geöffnet allerdings kam ich nicht soweit um verstehen bzw. sehen zu können, wie die Mechanik funktioniert die den Tonarm um die Hochachse kontrolliert, z.B. bei Start/Stopp oder am Ende der Platte.


    Es fühlt sich so an, als ob der Arm von etwas „geführt“ wird auch wenn er ganz frei schwingen sollte. Um die horizontale Achse tut er das wenn ich ihn mit dem Gewicht ausbalanciere, um die vertikale Achse jedoch nicht, siehe auch das Video auf YouTube.


    Kann jemand hier beschreiben, wie der Tonarm kontrolliert und bewegt wird und was ggf die Ursache sein könnte für ein „festhalten“ auch wenn er „losgelassen“ sein sollte?


    Danke in jedem Fall für das Forum, es ist so hilfreich für alle die sich nicht so gut auskennen!


    Viele Grüße

    Cornelius

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