Antiskating-Platte selber schleifen

  • Hi !

    Das andere war das ich gehört hab das man da spezielle Nadeln braucht die nicht so heiß werden , da die Verdampfung wohl sonnst die Platten Rillen beschädigen ..

    Das hatte ich von Michael Fremer der meinte das ne Nadel wohl an die 100+ Grad erreichen kann und da ja dann wirklich nen Schaden anrichten könnte ..

    Eine weitere heilige Kuh aus dem Land der Märchen, Mythen und Halbwahrheiten.


    Die Rille erhitzt sich punktuell auf fast 400 Grad - allerdings nur für Sekundenbruchteile. Da sie genauso schnell wieder abkühlt bleibt der Punkt der Verformbarkeit klein und ein Schaden entsteht nicht. Der Grund für die Hitze sind die Reibungskräfte an den flächenmäßig sehr kleinen Kontaktflächen. Je kleiner die Kontaktfläche, desto größer die Reibung, desto höher die Temperatur. Ein Grund dafür, warum für die sehr schnell drehenden Bildplatten der ersten, mechanisch abgetasteten Generation ein spezieller Schliff entwickelt wurde, der trotz hoher Auflösung eine recht hohe Kontaktfläche hat.


    Die Nadel erwärmt sich dabei ebenfalls ziemlich heftig. Und deutlich weiter als nur 100 Grad. Wenn die Flüssigkeit dabei verdampft - um so besser. Das sorgt für eine Temperatur-Abfuhr, was widerum elementare Physik ist. Bei vielen Leuten sind die "Ahnungen" von wenig Sachkenntnis geprägt. Kommt auch drauf an, welches Produkt man der doofen Masse verkaufen möchte.


    Wenn das wirklich ein Problem wäre, wie uns die "Experten" gern erzählen wollen, dann dürften Platten, die von professionellen Auflegern in den 70ern und 80ern mit den damaligen Diskothekensystemen abgespielt wurden, heute gar nicht mehr abspielbar sein.

    Die haben oft mit Reinigungsarmen gearbeitet, um den zwangsläufig in der Luft befindlichen Staub und Dreck zu binden. Die Tonabnehmer hatten meistens Rundnadeln (wie die berüchtigte Shure N75C oder die N44-7) und liefen auf relativ einfachen Armen mit 2 - 3p. Rundnadeln deswegen, weil sie billiger waren und toleranter gegenüber Schmutz, Fingerabdrücken und oberflächlichen Kratzern. Was widerum unvermeidlich ist, wenn man seine Scheiben jede Woche mehrmals vor Publikum auflegt. Da ist keine Zeit für klinische Sauberkeit und Samthandschuhe. Und Rundnadeln haben eine vergleichsweise kleine Kontaktfläche ...


    :)




    Um das mal mit Leben zu füllen: hier die Kontaktflächen der üblichen Schliffe. Interessant ist die Zeile "E".


    :)

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

    Einmal editiert, zuletzt von wacholder () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von wacholder mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • je kleiner die Kontaktfläche, desto größer die Reibung

    Denk da nochmal drüber nach.

    Ich hab in der Uni im Fach Mechanik mal gelernt, dass die Reibung unabhängig von der Größe der Fläche ist.

    Aber vielleicht stimmt das auch gar nicht und ich war deshalb so schlecht :D

    Einmal editiert, zuletzt von ART_DECO ()

  • Bei gleicher Kraft ist die Reibung unabhängig von der Fläche !


    Allerdings dürfte der Druck auf die Rillenflanke schon eine Ecke höher sein bei einem scharfen Schliff !

    Ulli aus dem Ruhrpott



    man kann den Wahnsinn nicht mehr beschreiben, man kann ihm nicht mal mehr eine Narrenkappe aufsetzen (HDH)

    If my heart could do my thinking And my Head begin to feel. Would I look upon a world anew And know what's truly real (Van Morrison)

  • Bei gleicher Kraft ist die Reibung unabhängig von der Fläche !


    Allerdings dürfte der Druck auf die Rillenflanke schon eine Ecke höher sein bei einem scharfen Schliff !

    Genau den ersten Satz meine ich.

    Aber die Kraft wiederum wird bei guten scharfen Schliffen verteilt auf eine größere Fläche und ergibt damit einen geringeren Druck, siehe Peters Tabelle.

  • Wobei bei solchen Tabellen auch wieder der Vergleich der Auflagekraft fehlt.

    Eine Rundnadel beispielsweise hätte bei der Auflagekraft von 0 eine ziemlich kleine Anlagefläche, nämlich verteilt auf die beiden winzig kleinen (unendlich kleinen) Anlegepunkte des Diamanten rechts und links in der Plattenrille. Erst durch elastische Verformung, die Nadel wird in die Rille “gepresst“, entsteht eine Anlagefläche. Die dann logischerweise abhängig von der Höhe der Auflagekraft ist.


    Soviel wieder mal zur Praxis. :D:D


    VG

    Benjamin

    Plattenspieler in Verwendung: *Dual 1019, 1219, 1229, 1249, 701 "MK1", 721* *Perpetuum Ebner 2020 L* *Kenwood KD3100* *Hitachi HT-500* *Elac 50H* *Philips 312 Electronic*

  • Dann erhöhen wir doch einfach die Auflagekraft auf 6p, um einen vollflächigen Kontakt des sphärischen Diamanten und eine äußerst schonende Abtastung zu erreichen. :D

  • Hi !

    Ach sorry. Wenn ich das geahnt hätte, wäre Dir dieser Schnitzer erspart geblieben.

    Nicht wild.


    Das Leben geht weiter. Ob wir wollen oder nicht und Verluste erlebt man dabei früher oder später immer mal.

    2015 ist für einige Leute nicht so gut gelaufen ...


    Schon klar. Aber der Wert war niedriger, das wollte ich nochmal dargestellt haben. Ist ja auch logisch.

    Eben. Die Physik läßt sich nicht bescheißen, obwohl das immer gern versucht wird.

    Daß die heilige Gral-Glasplatte immer noch auch unter sogenannten Experten für die Justage der AS-Einrichtung empfohlen wird, geht über meinen Verstand. Aber Realität war ja noch nie ein Maßstab für Highender. Die legen auch bunte Glassteinchen auf die Lautsprecherleitung, damit es besser klingt ...


    Was mir gerade aber durch den Kopf geht, ist folgendes:

    Beim Einspuren der Nadel in die EInlaufrille hat die Nadel (meiner) Erfahrung gemäß einen deutlichen Drall nach innen. Die Nadel steht nicht auf der Platte, bis sie gefangen wird, sondern eilt nach innen, um dann einzurasten. Wenn Du jetzt aber sagst, dass sie schon bei geringerer Antiskating Einstellung bereits nach außen gezogen wird, stimmt da was nicht.

    Was da nicht stimmt ist zuerst mal unter Umständen die Form der Schallplatte.


    Manche sind zu den Rändern hin etwas dicker und nicht wirklich topf-eben, wie eine Glasplatte. Sie hat einen winzigen Wulst mit Neigung nach innen, eben *damit* die Nadel nicht so leicht nach außen wegglitscht und runterpurzelt. Das ist oft nicht sehr ausgeprägt und vermutlich je nach Pressung auch verschieden.


    Dann kommt die Antiskating-Einrichtung dazu.

    Bei meinem 701 wird die *eigentlich* erst so richtig ab der Mitte des ersten Stücks - so nach 1 Minute Laufzeit - wirksam.

    Ich weiß: das hört sich an, wie ein Sakrileg, ist aber dem Umstand geschuldet, daß sich das Armsegment auch erst aus der Null-Lage rausbewegen muß und damit erst die AS-Feder in den wirksamen Bereich des Einstellhebels bringt.

    Was am Anfang nach außen zerrt, ist bei dem der Motorschalter. Der geht erst an, wenn der Arm keinen Zentimeter mehr von der Platte entfernt ist. Dann ist der Arm ohne äußere Kräfte und man kann den Tonabnehmer aufsetzen. Von Hand mit Lift kommt der genau gerade runter ... von Hand und ohne Lift aufgesetzt, gleitet die Nadel immer nach innen. Das wird in dem "frühen Stadium" auch eher der Kröpfung geschuldet sein, also der Reibungskraft im Kräftediagramm. Die Kraftrichtung ist ja vom Armlager aus gesehen nach innen, wenn die Nadel noch nicht eingespurt ist. Die eigentliche Skatingkraft wird ja erst mit dem Einlaufen in die Rille wirklich relevant.


    :)

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

  • Ich habe auch festgestellt, dass die nach außen ziehende Kraft auf den Radius gesehen unterschiedlich ist bei den Dual Spielern, will da aber eigentlich nicht wirklich drüber nachdenken. ;)

  • Hi !

    Ich habe auch festgestellt, dass die nach außen ziehende Kraft auf den Radius gesehen unterschiedlich ist bei den Dual Spielern, will da aber eigentlich nicht wirklich drüber nachdenken. ;)

    Naja ...


    ... bei einem gekröpften Radial-Tonarm macht es in gewisser Weise ja auch noch Sinn.


    Da sind nahe der Tangentenpunkte innen und außen die Zugkräfte durch die Reibung kleiner und das AS müßte theoretisch weniger Kraft aufbringen, als im Bereich der Plattenmitte, wo sich die Reibungskräfte durch den größeren Spurfehlwinkel erhöhen ...

    Die Skatingkraft als solche ist ja auch keine feste Größe, wo wir schon dabei sind. Die richtet sich ja nicht nur nach der Auflagekraft und dem Nadelschliff, sondern auch - ein bißchen - nach dem Abtast-Durchmesser und der daraus resultierenden Geschwindigkeit unter der Nadel (in cm/s).


    Der einzige Plattenspieler in meinem Besitz, den ich tatschlich mal mit einer 1p Federwaage (aus dem Physiklabor der Schule) auf einer glatten Platte geprüft habe und der einigermaßen kontinuierlich eine angepaßte Rückzugskraft liefert, ist der Braun PS550.

    Der produziert die Kraft aber auch über eine Spannung, die auf das Spulensystem des Voice-Coil Motors für die horizontale Armbewegung wirkt.


    Whatever.

    Ich denke, dieses Thema wird uns so schnell nicht loslassen.


    :)

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

  • Da sind nahe der Tangentenpunkte innen und außen die Zugkräfte durch die Reibung kleiner und das AS müßte theoretisch weniger Kraft aufbringen, als im Bereich der Plattenmitte, wo sich die Reibungskräfte durch den größeren Spurfehlwinkel erhöhen ...

    Das ist aber ein ganz schwaches Argument ;)

    Was sollte sich mit sphärischer Nadel ändern? Meinst Du, wenn die Kröpfung bei einem bestimmten Radius optimiert würde um einen sehr kleinen Betrag, dass sich dann die Reibung ändern würde und damit die erforderliche Antiskatingkraft? Die Rundnadel steht an derselben Stelle, nur das System ist marginal gedreht. Da gehe ich nicht mit.


    Der Dual Mechanismus stellt für die beiden Nullpunkte keine extra kompensierte Kraft ein. Da gibt es keine Minima bei den Nullpunkten. Wie kompliziert sollte das aufgebaut sein.

  • Physik war nie meine Stärke, und wenn ich es mir recht überlege, war es vielleicht auch besser so, so kann ich mich mehr aufs ( Musik) hören konzentrieren...

    Gruß Andy


    Die wichtigste Reise unseres Lebens könnte diejenige sein, bei der wir jemand anderem auf halben Wege entgegenkommen

    ( Verfasser unbekannt )

  • Also dieses Problem beschäftigt mich so sehr, jeden Tag aufs neue, dass ich immer wieder drüber nachdenken muss und keine Musik hören kann, so lange das Problem nicht gelöst ist. ;)

  • Moin Peter,

    zu deiner Tabelle aus Post #81 und der Zeile "E": Warum sollte die Kontaktfläche mit sinkendem kleinerem Radius bei den ellyptischen Nadeln sinken? Für die scharfe 0,2x0,7 mil werden 37 µm² angegeben und für die 0,4x0,7 mil 42 µm². Normalerweise galt doch, dass bei kleineren Radien aka schärferen Schliffen die Kontaktfläche steigt. Ohne diese Flächen nachrechnen zu können - die Geometrie ist ein wenig kompliziert und die E-Moduli sind nicht bekannt - halte ich das für zweifelhaft. Wenn mal viel Zeit ist, könnte man das ja mal in ein Konstruktionsprogramm eingeben. Mal sehen, was dann rauskommt.

    Gruß,

    Rainer

  • Also dieses Problem beschäftigt mich so sehr, jeden Tag aufs neue, dass ich immer wieder drüber nachdenken muss und keine Musik hören kann, so lange das Problem nicht gelöst ist.

    Hallo,
    ich war deshalb, noch mal einkaufen, und habe mich mit Knabberzeugs eingedeckt,

    damit ich das Wochenende überstehe. :S

    Grüße Gernot
    Es soll ja Leute geben, die hören, ob das Lautsprecherkabel rot oder blau ist.

  • Hi Rainer !

    Für die scharfe 0,2x0,7 mil werden 37 µm² angegeben und für die 0,4x0,7 mil 42 µm². Normalerweise galt doch, dass bei kleineren Radien aka schärferen Schliffen die Kontaktfläche steigt.

    Da ist was dran.


    Mit 0.2 - 0.3 - 0.4 ist in der Liste eigentlich auch die "Schärfe" der Schliffe verkehrt herum aufgeführt, geht man von einer 0.7er Rundnadel aus, die bei größtem Radius die kleinste Kontaktfläche hat. Allerdings sind das alles "point contacts", wo die Seiten des Diamanten nur punktförmigen Kontakt zur Rillenflanke haben und ein breiterer Schliff eine größere Querschnittsfläche hat. Hmm.


    Ich muß mal gucken, ob es irgendwo noch andere Tabellen gibt.


    :/

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

  • Hallo Peter,

    die Zusammenhänge zwischen Flächen und Flächenpressungen der unterschiedlichen Schliffe sind mir noch nicht ganz klar. Und das als Maschinenbauer.....Grundsätzlich existieren bei starren - also inelastischen - Körpern nur punktförmige Kontakte. Da alle Körper eine elastisch-plastische Kennlinie aufweisen, existieren in der Praxis immer Berührflächen. Heinrich Hertz hat die Situation von gekrümmten Flächen unter Kraft untersucht.

    Nehmen wir einmal eine unmodulierte Rille. Dann sollte der größte! Radius auch die beste Schmiegung ( also das Verhältnis der Krümmungen der beiden Flächen) besitzen, wodurch eine größere Kontaktfläche resultiert (wegen des deutlich höheren E-Moduls des Diamanten wird im wesentlichen das Vinyl verformt.). Deshalb hätte eigentlich die Rundnadel (bzw. eine Ellypse, die mit dem größeren Radius an der Flanke anliegt) die größere Kontaktfläche.

    Die maximale Kontaktnormalspannung sinkt im wesentlichen mit steigender Kontaktfläche.

    Bei modulierten Rillen sieht das anders aus. Da könnte - je nach Modulation - der kleinere Radius eine bessere Schmiegung aufweisen. Diese Tabelle muss sich also auf eine bestimmte Modulation mit einer bestimmten Frequenz beziehen. Genau genommen auf ein bestimmte Krümmung der Rillenflanke. Daher wäre es schon interessant zu wissen, wie diese Flächen denn kalkuliert wurden. Und ob die zugrunde liegenden Geometrien der Rillen auch relevant sind.

    Ist wie immer nicht ganz so einfach. Ach so - das was ich da schrieb basiert auf dem Begriff "Hertz´sche Flächenpressung".

    Gruß,

    Rainer

  • Hi Rainer !

    Diese Tabelle muss sich also auf eine bestimmte Modulation mit einer bestimmten Frequenz beziehen. Genau genommen auf ein bestimmte Krümmung der Rillenflanke. Daher wäre es schon interessant zu wissen, wie diese Flächen denn kalkuliert wurden. Und ob die zugrunde liegenden Geometrien der Rillen auch relevant sind.

    Das wird so sein.


    Eine nicht-komprimierbare Rille hätte eine wirklich nur punktförmige Kontaktfläche mit einem Radius von "nahe Null" - zumindest bei den "point contact"-Nadeln.

    Da wird es also eine Vereinbarung oder einen Versuchsaufbau geben, mit dem sich vergleichbare Werte ermitteln lassen und es wird vermutlich ein dynamisches Verfahren sein - oder eins, was ein uns unbekanntes Elastizitätsmodul verwendet.

    Leider verraten uns die Leute nicht, wie sie die Flächen ermittelt haben.


    Und - ja - eine schmalere Ellipse hat eine kleinere Kontaktfläche. Weil es eine punktförmige ist, wie bei den Rundnadeln.

    Die Hyperellipsen verbessern nur die Auflösung, verkleinern aber die Kontaktfläche und belasten die Flanken stärker.

    Die Lösung haben erst "line contact" Schliffe gebracht, die mehr auf der Rillenwand aufliegen. Zuerst der Shibata-Schliff, der ursprünglich mal für die Quadrophonie und Bildplattenspieler entwickelt wurde und wo die Maxime bei Bandbreite, kleiner Masse und Schonung der Rillenflanken lag. Da mußten für das CD4-Verfahren ja bis zu 44 KHz abgetastet werden (40 Minimum). Bei den TED Bildplattenspielern - mit speziellen Piezokeramik-Systemen - für ein PAL-kompatibles Bild bis zu 3.5 MHz ...


    Tja. So führt ein Rätsel zum nächsten.


    :)

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

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