Dual: Das Unternehmen, der Hersteller, die Marke

  • Hallo,


    wenn man sich die Chassis zur Steidingerzeit genau anschaut ist bis auf die 3 Einbaumaße aber fast alles anders. Mal musste der Pitch dort sitzen, mal dort - usw, usw.... im Nachhinein wundert man sich, aber gut das waren auch noch Stückzahlen sodass sich der Werkzeugbau für die ganzen unterschiedlichen Ausführugen vielleicht rentiert hat.

    Mit dem Einheitschassis hat man das schon ganz geschickt hinbekommen. Nur sah das Plastikgehäuse verdammt billig aus.. Kunststoff bekommt man auch hübsch hin.


    Der 630q war schon ein sehr guter Dreher, aber was hilft das wenn das Gehäuse nach Tupperware aussieht?


    Peter

    Die Leute blicken immer so verächtlich auf vergangene Zeiten, weil die dies und jenes ›noch‹ nicht besaßen, was wir heute besitzen.
    Es ist nicht nur vieles hinzugekommen. Es ist auch vieles verloren gegangen, im guten und im bösen. Die von damals hatten vieles noch nicht. Aber wir haben vieles nicht mehr.
    (Tucholsky)

  • Mit dem Einheitschassis hat man das schon ganz geschickt hinbekommen. Nur sah das Plastikgehäuse verdammt billig aus.. Kunststoff bekommt man auch hübsch hin.


    Der 630q war schon ein sehr guter Dreher, aber was hilft das wenn das Gehäuse nach Tupperware aussieht?


    Ja, sehe ich auch so. Deswegen habe ich meinem 601er ja die Zarge in Holz und nur etwas dicker gegönnt, um eben Wertigkeit zu erzielen.


    Aber: Fairerweise muss man auch sagen, dass dieses Plastikzeug damals auch nicht so negativ bewertet wurde. Es war so eingesetzt ein relativ neuer Werkstoff und ich glaube nicht, dass man das Thema Wertigkeit von Kunststoff damals mit den heutigen Augen gesehen hat, sondern viel positiver...

    Was würde sich eigentlich ändern, wenn ich Klangunterschiede plötzlich messen könnte, obwohl ich sie bisher nie gehört habe?


    Timing ist alles - it´s all about the timing.


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    Einmal editiert, zuletzt von JoDeKo ()

  • Kunststoff war damals ein moderner und innovativer Werkstoff.

    Und er hat gegenüber Holz viele Vorteile.

    Bei der SM-Serie und dem 626/650/714Q/731Q hat Dual ja auch noch versucht, etwas Wertigkeit durch die Frontblende aus Alu hinzuzufügen.

    Dual: 430/CDS 650, CS 528/TKS55E, CS 617Q/Ortofon OMB10, CS 627Q/Denon DL-110, CS 741Q/Yamaha MC-9
    Sonstige: Grundig PS 6000/OMP10, Yamaha TT-400/AT-95E

  • Meinte ich ja. Man hat das damals mit anderen Augen betrachtet.

    Was würde sich eigentlich ändern, wenn ich Klangunterschiede plötzlich messen könnte, obwohl ich sie bisher nie gehört habe?


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  • Als ich mir damals meinen 728Q gekauft habe, waren die 728Q und 741Q mit ihren silbernen Kunststoffchassis echte Hingucker. Das haben wir in der Zeit zumindest in der jungen Generation völlig anders wahrgenommen. Ich weiß noch, dass etliche meiner Freunde damals Plattenspieler verschiedener Hersteller hatten - die einen von Dual und die anderen Fernostgeräte vor allem von Technics - und dass die angesprochenen Dual-Plastikbomber damals dieselbe Wertschätzung erhielten wie die Japaner.

    freundliche Grüße


    Ralph

  • Hallo,


    ein Paar Gedanken auch von mir dazu:


    Die o.g. Dreher CS 741Q und 728Q waren (und sind nach wie vor) Spitzengeräte. Sie hätten damals ein schweres Metalldruckgussgehäuse verdient, was man optisch durchaus im Sinne der damaligen Slim-Line Geräte hätte auslegen können. Das hätte die Geräte natürlich erheblich verteuert, jedoch auch wesentlich wertiger gemacht. Für die 600er Reihe hätte man es bei dem HDC-Gehäuse belassen können.

    Dual hat es damals verpasst sich mit seinen Top-Geräten in der Klasse hochwertiger Geräte zu behaupten. Ob das nur dem "Rotstift" geschuldet war? So wurde der 741Q in der Stereo im Gegensatz zu seinen Vorgängern lediglich nur noch in die "angehende Spitzenklasse" eingestuft, obwohl laufwerktechnisch und tonarmtechnisch gegenüber seinen Vorgängern im Detail nochmals verbessert. Irgendwie hielt das Spitzenmodell mit denen der Konkurrenz nicht mehr Schritt.


    Mit Einführung des CS 5000 begann für mich dann der Abstieg. Riemenantrieb mit allen Nachteilen dieser zuvor in der Mittelklasse eingesetzten Antriebstechnik - trotz guter Daten irgendwie unglaubwürdig, nachdem man zuvor jahrelang den DD als das Optimum propagierte. Weitere Entwicklungen unterblieben dann in der Folgezeit. Die Gründe sind hinreichend bekannt: Erst Thomson, dann Schneider, schließlich Fehrenbacher. Letzterem gelang es zwar, mit seinen DC-Laufwerken die Abwärtsspirale anzuhalten, aber nicht wirklich mehr. Immerhin besinnt man sich aktuell wieder ansatzweise auf alte Tugenden, aber es ist noch gehörig Luft nach oben.

    Interessant ist aber, dass sich in derselben Zeitspanne mit Project ein Hersteller mit einer sehr breiten Produktpalette vom preiswerten Debut bis hin zum teuren Spitzengerät am als ein Marktführer etablieren konnte und offenbar damit keine roten Zahlen schreibt. Warum ist das mit Dual nicht gelungen?


    Klar, es gibt derzeit von div. Herstellern einige interessante Geräte am Markt, aber keines ist für mich wirklich eine "runde Sache". Dual-Spieler aus der Steidinger-Ära hatten für mich immer das "gewisse Extra", das es bei der Konkurrenz nicht gab.

    Was müsste daher ein neuer Dual aufweisen, dass er für mich aktuell einen Kaufanreiz darstellt?- Folgende Features wären für mich wichtig:


    1. Quarzgeregelter Direktantrieb mit schwerem Teller (>3kg) und Subteller à la 701.

    2. Eine leichtgängige Tonarmhöhenverstellung, die eine Verstellung des VTA auch während des Abspielvorganges erlaubt, feinmechanisch sicherlich aufwändig, aber machbar - siehe VPI

    3. Ein eingebauter Phonovorverstärker von hoher (!) Qualität mit der Möglichkeit entsprechender Widerstands- bzw. Kapazitätsanpassungen, der die Tonabnehmersignale bereits an der Tonarmbasis "empfängt" und somit alle Diskussionen über Anschlusskabel ad acta legt.

    4. Endabschaltung mit Autoreturn.


    Ein solcher Spieler wäre für mich ein würdiger Nachfolger eines 731Q bzw. 741Q


    Ob ich das in diesem Leben nochmals erlebe?


    ralph

  • Das, was mir Pro-Ject damals gelang, hat einfach mit der sehr günstigen Fertigung in Tschechien zu tun.

    Und Pro-Ject war damals sehr viel kleiner als Dual.

    Es ist schon ein Unterschied, ob man mit 100.000 Plattenspielern im Jahr einen Betrieb von 20 Leuten oder einen von 1000 Leuten am Leben halten muß.

    Dual war einfach viel zu groß und war viel zu abhängig von der OEM-Fertigung für andere Hersteller wie z.B. Grundig.

    Schon um 1978 herum hätte Dual gesundschrumpfen müssen, d.h. mindestens 30-40%% der Leute entlassen etc., dann wären die evtl. 1982 nicht pleite gegangen.

    Dual: 430/CDS 650, CS 528/TKS55E, CS 617Q/Ortofon OMB10, CS 627Q/Denon DL-110, CS 741Q/Yamaha MC-9
    Sonstige: Grundig PS 6000/OMP10, Yamaha TT-400/AT-95E

  • Ja, das sehe ich auch so. Der Tanker war einfach zu groß, jedenfalls für die Änderungen des Marktes. Die Fehler wurden vorher gemacht bzw. Entwicklungen nicht erkannt und/oder nicht entsprechend darauf reagiert (wobei man nicht weiß, dass der größere Management-Fehler wäre)...

    Was würde sich eigentlich ändern, wenn ich Klangunterschiede plötzlich messen könnte, obwohl ich sie bisher nie gehört habe?


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  • Hallo,


    Dual hätte Ende der 70er die Vielfalt mit geringsten Abstufungen in der Ausstattung drastisch reduzieren sollen. Was später mit den "Einheitschassis" gelang, hätte viel früher beginnen müssen. Zu Zeiten von 741/728/627 und wie sie alle hießen, war doch Gleichteilepolitik ein Fremdwort. Z. B. X Motoren mit X Plattentellern, Halbautmat, Vollautomat etc.. Das war noch früher genauso. Ist jetzt etwas plakativ, aber es gab doch beinahe keine 2 Modelle die den gleichen Lifthebel oder Start/Stop Hebel hatten.

    Wenn man heute VW betrachtet, dann benutzen die viele Teile die vom UP bis zum Arteon verwendet werden. Das spart Entwicklungsarbeit, senkt die Stückkosten und macht mehr Gewinn.


    Dual war für hochwertiges Hifi bekannt. Das fischen im Billigsegment hat nur den Ruf zerstört und keine Marge gebracht. Weniger hochwertige, margenträchtige Produkte sind besser als eine endlose Auswahl und der Kampf im Haifischbecken.


    Gruß

    Stefan

    Gruß

    Stefan


    Wohnzimmer: Dual CS 750, AVM PA5.2 / CD5.2, Backes&Müller BM 2s

    Hobbyzimmer: Dual CS 750, Dual CS 721, Dual CS 505-2, AVM Inspiration C6m, Magnat Vector 22, Teac X1000, Technics SJ-MD150

  • Dual war für hochwertiges Hifi bekannt. Das fischen im Billigsegment hat nur den Ruf zerstört und keine Marge gebracht. Weniger hochwertige, margenträchtige Produkte sind besser als eine endlose Auswahl und der Kampf im Haifischbecken.

    Naja. Die Diskussionen rund um‘s Thema „hätte, hätte, Fahrradkette“ sind müßig. Ich war mal selbstständig mit einem 1-Mann-Betrieb. Das geht, weil man nur für sich die Verantwortung trägt. Trotzdem muss man auch da Entscheidungen treffen und man weiß im Voraus nie, ob es die richtigen sind.


    Dual hat eigentlich auch immer günstige (nicht billige) Lösungen gehabt, wie z.B. den 410 oder die kleinen HS und Kofferplattenspieler. Und nach oben gab es immer noch Luft für Mitbewerber.


    Dass man mit hochwertigen Produkten gut leben kann, weil die Marge stimmt, ist ein Ammenmärchen. Das Risiko, damit eine Bruchlandung zu machen, ist genau so groß.


    Man muss einen Riecher für den Markt haben und liefern können. Leichter gesagt als getan!

    Liebe Grüße
    Thomas

  • Wohl war, Qualität und Service sind eine Sache, Image ein anderes. Da hatte eben Dual das Problem. Dual hat zwar gut von der Industriekundschaft gelebt, wenn die Plattenspieler dann eben von Schneider, Rosita und andere Marken des unteren HiFi-Segmentes verbaut wurde, ist das eben auch imagebildend. Eine Marke wie Grundig war da eher nicht das Problem. Dual wollte wachsen und expandieren und geriet eben unvermeidlich in den Wettbewerb mit vergleichsweise gigantischen japanischen Konzernen, der nicht gewonnen werden konnte. Der Zuwachs im Markt in den 1970er Jahren war vornehmlich in der jungen Kundschaft begründet, man denke an die "Konfirmationsanlage". Da standen dann 1.000 - 2.000 DM zu Verfügung, das reichte nicht einmal für eine KA 230 mit Lautsprechern, ein Kassettendeck war noch gar dabei. Fündig wurden die Kunden dann z.B. bei Versandhäusern, die bezogen die Geräte vorwiegend aus Fernost oder eben beim Radiohändler, der günstige Japananlagen führte. Die so oft genannten HiFi-Studios waren schon damals unbedeutend. Ein Faktor in den südlichen Bundesländern waren aus die Bediensteten der US-Besatzungstruppen, die waren zahlungskräftig, aber nicht auf deutsche Produkte fixiert. Die von den Ausmaßen oft beeindruckenden Geräte und Lautsprecher der Japaner sprachen den Geschmack der Amerikaner an.

    Dual hatte und hat als bekanntes Produkt den Plattenspieler, auch wenn es in anderen Bereichen gute Geräte gab. Die Japaner boten komplette "Türme" - inklusive Plattenspieler, also nix zu holen für Dual

    Insgesamt gab es eine zunehmende Marktsättigung mit Plattenspielern, die mit der CD erst einmal gar nichts zu tun hatte. Als diese bedeutsam und marktbeherrschend wurde, war Dual längst pleite.

    Auch muß man sehen, daß einige Firmen Dual in der Pleite vorangegangen waren. Grundig und Philips haben als HiFi-Hersteller ein paar Jahre länger überlebt, dann war es aus. Und auch viele Japaner hat es völlig dahingerafft oder sie stellen nur noch Low End her. Wer ist denn wirklich noch da? Technics baut (wieder) Plattenspieler, von Yamaha gibt es noch ernstzunehmendes HiFi, aber was ist mit Akai, Hitachi, Sanyo, um nur ein paar zu nennen - weg vom Fenster.

    Wenn ich die Plattenspieler heute so sehe, fände ich keinen, der meinen Ansprüchen genügen würde. Aber ich - und die allermeisten - haben "ihren" Plattenspieler und der Gebrauchtmarkt gibt noch mehr als genug her. Das macht den Markt für heutige Anbieter nicht einfacher. Neue Produkte müssen sich in den Augen potentieller Kunden immer wieder mit den alten Geräten vergleichen lassen, die unter ganz anderen Markt- und Produktionsbedingungen entwickelt und gebaut wurden. Das muß man natürlich bedenken, wenn man z.B. erwartet, daß eine komplette Neuentwicklung eine Vollautomatik haben soll. Das lohnte sich bei 100.000 zu bauenden Drehern eher als bei 5.000, was im gehobenen Preissegment schon eine stattliche Zahl bedeutet. Deswegen konnte Dual überhaupt so hochwertige Geräte entwickeln, die zahllosen 1225er für die Industriekundschaft ermöglichte erst die Entwicklung eines Preziose wie den CS 731Q. Der Preis mit 850 DM war sicher, wenn überhaupt, gerade einmal kostendeckend, teurer wäre er ein Ladenhüter geworden, denn die Geräte der Japaner standen direkt daneben im Regal. Um das nachzuvollziehen, muß man sich nur klarmachen, daß der CS 701 fünf Jahre zuvor 1.000 DM gekostet hätte. In fünf Jahren gab es eine recht hohe Inflation und Mehrwertsteuererhöhungen. Der CS 731Q war also inflationsbereinigt erheblich preiswerter als der CS 701, ohne daß dies irgendwo durch Senkung der Herstellkosten kompensiert werden konnte. Darüber muß man mal nachdenken, es war ein verzweifelter, langer Todeskampf von Dual. Menschlich nur zu verständlich, daß die Gesellschafter rechtzeitig ihr Vermögen absicherten. Das operative Geschäft durch Einbringen der Immobilien zu stützen hätte den Todeskampf verlängert, nicht verhindert.


    Gruß


    Uli

    CS: 505-4, 2x 731Q, 750-1
    CT: 441 RC, 450M, 1240

    CV: 1200, 441 RC, 450M

    C: 450M, 820
    CD 130, 1025, 1030 RC, 1040
    CL: 231, 710
    und: DK170, MC2555, Rack 3020

    ...sowie Nubert NuBoxx B-60, Nordmende Audio Digital System 2003 (wie Dual CD 130)

    Einmal editiert, zuletzt von Deichgraf63 ()

  • Hallo,


    mit Sicherheit, ich hab in den 70ern in der Textilindustrie meine Lehre zum Industriekaufmann gemacht, auch da gings rund. Wir haben ganz Europa und wenn der Dollar gut stand auch in die Staaten geliefert.


    700 Leute aus einem 4500 Einwohnerkaff arbeiteten dort, man kannte fast alle und fast alle kannten einen. Ich werd nie meinen ersten Arbeitstag vergessen als wir in der Zuschneiderei gingen und ein Meister sagte "Hallo Peter, schön das Du jetzt auch hier bist".... Welch eine Katastrophe für meinen Heimatort als der Laden pleite ging!

    Zu groß der Dampfer, zu hart die Konkurenz. Da hat ich schon in die Kunststoffverabeitung gewechselt...


    Dual hatte als Mittelständler dazu das Problem das sie mit den Kapazitäten von PE einen Klotz am Bein hatten, man denke an den Riesen-Neubau hinterm Bahnhof.

    Der Not gehorchend um alle Mitarbeiter "an Arbeit zu halten" haben sie fast alles selber gemacht.

    Eigenen Spritzguss, eigenen Werkzeugbau, selber Motoren bauen... Dafür gibt es doch Experten, die machen das für viele andere auch und können es besser und billiger!


    Heute hätte man Tabula Rasa gemacht, großen Sozialplan und mit 200 - 300 Leuten weitergemacht und die meisten Standorte geplättet. Damals sah man das anders, da fühlten sich die Chefs noch als Patriarchen und sahen es als persönliches Versagen wenn sie Leute zum Arbeitsamt schicken mussten.

    Dazu kam, dass damals schon die meisten Uhrenhersteller in der Umgebung entweder drastisch Arbeitsplätze abgebaut hatten oder gar ganz pleite gingen.

    Auch selbst beim heute so angesehenen Junghans in Schramberg sah es düster aus.


    Peter

    Die Leute blicken immer so verächtlich auf vergangene Zeiten, weil die dies und jenes ›noch‹ nicht besaßen, was wir heute besitzen.
    Es ist nicht nur vieles hinzugekommen. Es ist auch vieles verloren gegangen, im guten und im bösen. Die von damals hatten vieles noch nicht. Aber wir haben vieles nicht mehr.
    (Tucholsky)

  • In der Retrospektive sieht man immer "was falsch gelaufen ist" und "was man hätte besser machen müssen" und "wie das Geschäft hätte gerettet werden können" ... Wenn man aus dem Rathaus kommt, ist man halt immer schlauer. Aber wenn man in der Situation steht und Entscheidungen fällen muss, sieht das Ganze eben nicht so einfach aus. Wer von uns kann schon ermessen, in welchen Zwängen die Eigner steckten, wer ihnen auf den Füßen stand und wie sie aus ihrer Zeit heraus verzweifel versuchten, das Unternehmen zu retten. Denkt daran, dass auch viele andere die Flügel gestreckt haben und viele, die wesentlich größer waren als es Dual war. Wir machen es uns in der Gegenwart ziemlich einfach, denen in der Vergangenheit zu erklären, wo sie überall versagt haben. Vergesst nicht: Auch heute gehen Firmen unter, viele, die bereits lange am Markt waren und viele, die verdammt groß geworden waren. Jede Zeit hat ihre Gewinner und ihre Verlierer. In zwanzig oder dreißig Jahren werden dann auch wieder Wirtschafts-Versteher am Stammtisch sitzen und darüber schwadronieren, warum die Firma x oder die Firma y im Jahr 2020 oder 2021 eingegangen ist und wie das damals unfähige Mangement den Untergang hätte verhindern müssen. Das ist einfach unfair.

    freundliche Grüße


    Ralph

  • aber was ist mit Akai, Hitachi, Sanyo, um nur ein paar zu nennen - weg vom Fenster.

    Was ist mit Denon, Marantz, Pioneer...? Es gibt schon noch einige, aber was von diesen Firmen kommt noch aus Japan? Und wo sind die Innovationen?

    Wenn ich die Plattenspieler heute so sehe, fände ich keinen, der meinen Ansprüchen genügen würde.

    Doch, da hätte ich kein Problem. Aber es ist einfacher und weniger risikoreich, sich nicht auf EIN Gerät festlegen zu müssen, um dann festzustellen, dass es doch wieder etwas gibt, was einen stört. Die Erfahrung haben wir alle hinter uns. Ich würde sicherlich bei Dual, Thorens oder Technics fündig... da gibt's schon prima Geräte. PE und Elac sprechen mit optisch total an (bei den neuen Geräten!), technisch aber nicht so sehr.

    Aber wenn man in der Situation steht und Entscheidungen fällen muss, sieht das Ganze eben nicht so einfach aus.

    Mein reden (s.o.) ;)!

    Liebe Grüße
    Thomas

  • In der Retrospektive sieht man immer "was falsch gelaufen ist" und "was man hätte besser machen müssen" und "wie das Geschäft hätte gerettet werden können" ... Wenn man aus dem Rathaus kommt, ist man halt immer schlauer. Aber wenn man in der Situation steht und Entscheidungen fällen muss, sieht das Ganze eben nicht so einfach aus.


    Das ist sicherlich richtig, aber unabhängig davon kann man eben auch Entscheidungen sehen, die vom vorne herein falsch waren. Was wurde denn sinnvolles versucht? Man sieht nur das Konzept Wachstum um jeden Preis. Das ist kein Konzept in einem sich verändernden Markt, sowohl was Konkurrenz als auch die Bedürfnisse der Kundschaft angeht.

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  • aber unabhängig davon kann man eben auch Entscheidungen sehen, die vom vorne herein falsch waren. Was wurde denn sinnvolles versucht? Man sieht nur das Konzept Wachstum um jeden Preis. Das ist kein Konzept in einem sich verändernden Markt, sowohl was Konkurrenz als auch die Bedürfnisse der Kundschaft angeht.

    Wenn es so einfach wäre, gäbe es in der Wirtschaftswissenschaft eine Universallehre, nach dessen Studium keine Firma mehr pleite gehen würde. Die damaligen Manager hatten Gründe dafür, warum sie sich damals so und nicht anders entschieden haben. Wenn wir heute zurückschauen, können diese Entscheidungen durchaus falsch gewesen sein - aber eben erst in der Sicht von heute.


    VW setzt als "Lehre" aus dem Dieselskandal alles auf eine Karte - auf die Elektromobilität. Wenn das gut gehen sollte, wird man in zwanzig Jahren den heutigen Firmenlenker als Visionär loben, wenn es schief gehen sollte, wird man in zwanzig Jahren geringschätzig die Achseln zucken und sagen: "Das das nicht klappen kann, war von vornherein klar ..."

    freundliche Grüße


    Ralph

  • Naja, der besagte Spiegel-Artikel zeigt es ja sehr schön auf. Mit diesem Kurs gab es gar keine Chance.


    Man war ja nicht innovativ und hat am Markt orientiert versucht, neue Wege zu gehen. Wie gesagt, da ist dann auch ein Riesentanker, der in den erfolgreichen Jahren immer weiter ausgebaut wurde und den dreht man nicht mal eben auf links. Um das Unternehmen zu retten, hätten damals sicherlich auch schmerzhafte Entscheidungen getroffen werden müssen.


    Aber, wenn man sich das Ganze anschaut, dann hat man nach zwei Prämissen gehandelt:


    1. Die 3 Beamtengrundsätze: "Das war schon immer so. Wo kommen wir denn da hin. Da kann ja jeder kommen."


    2. §3 Kölsches Grundgesetz: "Et hätt noch immer jot jejange."


    Man ist dann also sehenden Auges da rein gerannt, hat - nachvollziehbarerweise - natürlich das Familienvermögen gesichert, also wusste schon wohin es geht, und hat zu keinem Zeitpunkt tatsächlich Entscheidungen getroffen, die wirklich grundlegend waren. Das zeigt der Spiegel Artikel - natürlich im nachhinein betrachtet, aber das ändert ja nichts an den Fakten - sehr deutlich auf.


    Ich würde also nicht sagen, es wurden die falschen Entscheidungen getroffen, sondern eher gar keine wesentlichen.


    Letztendlich hat das Management im vollen Bewusstsein und ohne den Mut, tatsächlich etwas zu unternehmen (was sicherlich hätte auch schiefgehen können), das Unternehmen vor die Wand gefahren.


    Eben auf der Grundlage der o.g. zwei Prämissen. Das ist meine Wertung. ;)





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  • Das sehe ich etwas anders ... ich bin da eher bei Thomas und Ralph. Man hat schon wesentliche Entscheidungen getroffen, aber die konnten den Niedergang des Unternehmens leider nicht mehr verhindern. Beispielsweise die Entwicklung und Einführung der U-L-M Technik. Das war ein echtes Alleinstellungsmerkmal, kein Konkurrent hatte das, aber für die Kunden war es dann wohl doch nicht das entscheidende Argument. Die Geräte waren in der Herstellung, auch aufgrund der hohen eigenen Fertigungstiefe, einfach zu teuer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei derart komplexen Geräten wie dem CV 1700, CV 1500 oder einem CS 721 mit V15 ab Werk (das Shure sicher nicht verschenkt hat!) unterm Strich ein Gewinn gemacht wurde. Und da kommen wir zu dem Punkt von Uli:


    Qualität und Service sind eine Sache, Image ein anderes. Da hatte eben Dual das Problem.

    Eben, Dual war eine Brot und Butter Marke. Sicher waren die Geräte sehr hochwertig, aber wer kein Highend-Image hat, kann keine Highend-Preise verlangen. Das musste in der jüngeren Vergangenheit z.B. auch VW mit dem Phaeton feststellen. ;)


    Also muss man die Produktpalette passend zum eigenen Image und den am Markt erzielbaren Preisen anpassen, und das hat man auch getan. Selbst die gerade neu erschienene International Serie wirkte ja angesichts der japanischen Produkte Ende der 70er schon wieder altbacken und wurde durch die Satin Metallic Serie ersetzt. Jetzt ist es aber so, dass ein neues Produkt nicht mal eben vom Himmel fällt. Die Technik muss entwickelt, Produktionsanlagen geplant und gebaut, Lieferanten gefunden, Anleitungen geschrieben werden usw. usw. ... Und das ging damals ohne CAD, ohne SPICE, ohne Eagle, ohne Webkonferenz sicher nicht schneller als heute. Die Entscheidung die Satin Metallic Serie zu entwickeln muss also spätestens 1978 / 1979 getroffen worden sein, denn 1980 kamen schon die ersten Geräte auf den Markt. Dass man damit den Geschmack der Kunden getroffen und das altbackene Image abgelegt hat zeigt doch der Umstand, dass viele "Konfirmationsanlagen" aus der Zeit selbst heute noch in Erstbesitz sind.


    Trotz alledem war der Überhang bei Personal und Produktionskapazität nach der Übernahme von PE und dem Wegfallen der Industriekunden einfach zu groß. Es weiß auch niemand von uns zu 100%, was genau sich hinter den Kulissen in der Familie Steidinger abgespielt hat, welche (ungeschriebenen?) Vereinbarungen es nach der PE-Übernahme gab. Man darf nicht vergessen, Dual war ein Familienbetrieb, kein anonymer Konzern mit angestellten Managern. Von der Blütezeit Mitte der 70er mit den in Massen hergestellten Goldeseln 1225 und 1226 bis zur existenzbedrohenden Schieflage dauerte es nur wenige Jahre. In dieser kurzen Zeit wirft kein Familienbetrieb alle Grundsätze über den Haufen. Die Entscheidungen der Geschäftsführung mögen im Rückblick zwar die Insolvenz verursacht haben, sind aber typisch für Familienbetriebe und damit war das Schicksal ab einem bestimmten Punkt dann einfach unausweichlich.


    Grüße

    Patrick

  • Das sehe ich etwas anders ... ich bin da eher bei Thomas und Ralph. Man hat schon wesentliche Entscheidungen getroffen, aber die konnten den Niedergang des Unternehmens leider nicht mehr verhindern. Beispielsweise die Entwicklung und Einführung der U-L-M Technik.


    Das wiederum sehe ich nun anders. ;)


    Das sind keine wesentlichen Entscheidungen. Das Unternehmen hätte zu diesem Zeitpunkt völlig neu ausgerichtet werden müssen. Dazu reicht es nicht nebenher noch ein paar Verstärker etc. anzubieten und erst recht nicht, eine U-L-M Technik auf den Markt zu bringen. Es war doch absehbar, dass Plattenspieler in hohen Stückzahlen kein Zukunftsmarkt sind.


    Zu diesem Zeitpunkt hätte man viel grundlegender handeln müssen. Wir kennen doch genügend Unternehmen, die mit ganz anderen Produkten angefangen haben, aber eben heute immer noch im Markt sind. Der Plattenspieler-Bereich hätte ja durchaus im Produktportfolio bleiben können. Das sind unternehmerische Entscheidungen und nicht das Hoffen auf ein Wunder.


    Auch das hätte selbstverständlich nicht funktionieren müssen bzw, schiefgehen können, aber es wäre eine Chance gewesen. So aber ist man im vollem Bewusstsein und unausweichlich vor die Wand gefahren.

    Was würde sich eigentlich ändern, wenn ich Klangunterschiede plötzlich messen könnte, obwohl ich sie bisher nie gehört habe?


    Timing ist alles - it´s all about the timing.


    Just Listen!

    Einmal editiert, zuletzt von JoDeKo ()

  • ULM war auch kein Alleinstellungsmerkmal von Dual.

    Thorens hatte das auch, nannte man dort ISOTRACK.


    Zitat Thorens-Prospekt von 1979:

    "Herkömmliche Arme weisen eine effektive Masse zwischen 15 und 20 g auf.

    Beim Thorens ISOTRACK ist dieser Wert halbiert."


    Die Arme haben lt. technischer Daten eine eff. Masse von 6g ohne Tonabnehmer.

    Thorens hat die ISOTRACK-Tonarme schon 1976 vorgestellt.

    Da hat man bei Dual noch nichts von LM oder gar ULM sehen können.

    1976er ISOTRACK-Prospekt: http://www.hifi-archiv.info/Thorens/1976/thorens76-01.jpg


    Und auch einige SME-Tonarme sind ziemliche Leichtgewichte.

    Beispielsweise ein SME 3009 II Improved hat nur 6,5 g eff. Masse.

    Ein SME Series III hat sogar nur 5 g eff. Masse. Und der kam auch schon 1978 auf den Markt.


    Dual hat also mit der ULM-Geschichte nur auf den Markt reagiert.

    Dual: 430/CDS 650, CS 528/TKS55E, CS 617Q/Ortofon OMB10, CS 627Q/Denon DL-110, CS 741Q/Yamaha MC-9
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