Gibt es Klangunterschiede verschiedener Systeme im Schellackbetrieb?

  • Hallo,


    nachdem ich auf meinem neuen 1229 :love: für den Anfang erst nur Vinyl gehört habe, will ich jetzt auch mal das Thema Schellack angehen.


    Dazu würde mich noch interessieren, ob es auch im Schellackbetrieb zwischen den verschiedenen Systemen Klangunterschiede gibt. Hier im Forum wird dafür oft das Shure M75 empfohlen, es gab aber auch für viele andere Systeme von Shure oder Audio Technica (DMS) Schellacknadeln bzw. sind Nachbaunadeln verfügbar, sogar für so ein Top-System wie dem Shure V15. Natürlich bieten Schellackplatten keinen Hifi-Klang, aber ich könnte mir vorstellen, daß es wie bei Vinyl auch bei Schellacks Unterschiede gibt. Hat damit schon jemand Erfahrung und verschiedene Systeme getestet? Wäre ein DMS 240 einen Tick besser als ein DMS 210 oder würde ein Shure M95 noch etwas mehr herausholen als ein M75?


    Ein weiterer Punkt wären die Nadeln selbst. Im Vinylbereich gibt es für manche Systeme kaum brauchbare Nachbaunadeln. Wäre für den Schellackbetrieb eine Originalnadel etwas besser als eine Nachbaunadel? Zwar sind Originalnadeln für Schellack schwer zu bekommen aber mit etwas Glück kann man auch da was auftreiben.


    Duale Grüße
    Klaus

  • Hallo,


    natürlich wirst Du bei Schellackbetrieb bei gut erhaltenen Platten auch systembedingte Klanunterschiede hören: Beispirel Shure M 75 - OM 10 bzw. Dual DMS 750. Zu den Nachbaunadeln kann ich Dir aber wenig sagen. Eine etwas geringere Nadelnachgiebigkeit ist bei der Systemauswahl schon wünschenswert, ich habe schon ein paar Schellacks aus den 50er gehabt, die leicht verwellt waren und bei denen der Nadelträger ziemlich herumzitterte.


    Wichtig ist, wenn Du das Thema Schellack ernsthaft und professionell angehst, dass Du die unterschiedlichen Schneidkennlinien der 78er Platten berücksichtigt. Die Erläuterung des Themas würde aber hier zu weitführen, im www findest Du aber genügend Hinweise. So baute man früher oft Entzerrer-Vorverstärker, die unterschiedliche Kennlinien bei der Entzerrung berücksichtigen konnten.


    Norbert

  • Da der Frequenzbereich selbst nach Einhaltung der Schneidkennlinien zumindest bei den Vorkriegs Schellacks sich auf den Bereich von ca. 100Hz - 8Khz beschränkt, lassen sich kaum Unterschiede wahrnehmen. Interessanter wird das je näher man dem Jahr 1958 , dem Start der Stereo LP kommt. In den 50er Jahren war das Equipment schon auf hohen Niveau. Entsprechend waren auch 14Khz im Hochton und im Bass auch unter 100Hz was möglich.


    Aber mal ehrlich die Qualität der Quelle ist derart unter dem des billigsten Abtaster von heute, das sogar mit einen AT95 für 12 € kein grosser Unterschied zu einem V15 III mit Schellacknadel zu hören ist.


    Wie Noko schon richtig formulierte, hat man beim Versuch einer möglichst hochwertigen Schellackwiedergabe ganz andere Baustellen. Auf jeden Fall fällt ein Standard RIAA Pre von vorn herein raus, da keine Schellacks mit dieser Kennlinie geschnitten wurden. Ich mache das mittlerweile alles in Echtzeit on the fly mit einen PC. Das gibt ein delay von maximal zwei sekunden, aber sonst kann man mit den entsprechenden DSPs aus dem vollen schöpfen. Auch lassen sich damit wirklich ALLE Kennlinien nachbilden und als Preset abspeichern.


    Für stilechtes gibt es ansonsten meine Nordmende "Caruso" Truhe mit Dual 1007. Das wird aber so manches mal leider nicht dem künstlerischen Vortrag qualitativ gerecht....... ;)

  • Auch lassen sich damit wirklich ALLE Kennlinien nachbilden und als Preset abspeichern.


    Bleibt bloss noch das Problem, dass man oft gar nicht weiss, wer wann welche Schneidekennlinie verwendet hat. Dazu kommt noch die Problematik mit den vielen Reissues.
    Jazz-aufnahmen aus den 1920ern wurden oft in den 40ern und auch den 50ern wiederaufgelegt, in der Regel von der Plattenfirma, die den ursprünglichen Herausgeber zwischenzeitlich übernommen hatte. Bleibt herauszufinden, wer denn die Aufnahme original gemacht hat und welche Kennlinie verwendet wurde (die Reissues sind längst nicht immer als solche gekennzeichnet).Das ist in vielen Fällen fast aussichtslos. Praktisch jede Plattenfirma verwendete eine eigene Schneidekennlinie.
    Bis in die 50er Jahre hineine wurden Schellack üblicherweise auf Grammophonen mit Stahlnadel und 150 gr. Auflagegewicht abgespielt; entsprechend heftig sind die schleifenden und kratzenden Nebengeräusche beim Abspielen.


    Eine gute Lösung ist für mich, einen Keramiktonabnehmer zu verwenden, wie es bis in die 60er-Jahre hinein üblich war. Der braucht nicht an einen Entzerrer-Vorverstärker angeschlossen zu werden und damit entfällt auch die Problematik mit der korrekten Schneidekennlinie.


    Fazit: Schellacks sind was zum Sammeln, vor allem wegen der schönen bunten Bildchen in der Mitte (Label), aber nicht zum Musikhören. Das ist kein Musikgenuss!



    Gruss
    Jürg

    "Jazz is the King of all musics, the umbrella under which all other musics exist."
    - Sonny Rollins

  • Oh contraire, mon cher


    Schellacks sind sehr wohl Musikgenuss. Musikgenuss mit fast allen Sinnen. Allerdings muß ich sagen: Die Tonabnehmerproblematik ist zu vernachlässigen, aus den schon geschriebenen Gründen.


    Auch RIAA Verstärker im Signalweg finde ich nicht so sonderlich störend. Verschiedenes kann man über die Klangregelung wieder geradeziehen wenn man dass denn will.


    Aus den 50ern habe ich kaum Platten mit großartigen Nebengeräuschen, da haben die wenigsten ein Grammophon gesehen. Gerade die Kunststoffpressungen aus den Staaten klingen in gutem Erhaltungsszustand schon recht Vinylig. Ich spiele die meistens auf der Siemenstruhe mit Keramiksystem zum großen Teil aus klangtechnischen Gründen aber auch, weil ich dann nicht immer am Hauptdreher das System und die Auflagekraft verfummeln muß


    Thommi

  • Solange es nur um den persönlichen Geschmack geht, dreht man ein wenig hier, ein wenig da.


    Wenn man aber wissenschaftlich/professionell an die Sache herangeht, ist der Aufwand um ein vielfaches größer und man fällt unter Umständen gründlich auf die Nase. Dazu google man spaßeshalber nach der EMI-Vinyl-Ausgabe alter Schellackaufnahmen, die unter dem Titel Record of Singing bzw. in der Zweit-/Neuauflage Record of Singers lief.

    Viele Grüße


    Jochen

  • ...na ja man sollte die Qualität der alten Aufnahmen nicht unterschätzen. Wen man es mal geschafft hat den Netzbrumm der Röhrenheizung, das rauschen und zum Schluss das Rillengeräusch zu eliminieren, kommen da einge Perlen raus die dann klangtechnisch nicht sooo übel sind.
    Da man damals alles direkt schneiden oder auf ein Band aufnehmen musste ohne mischen war es realtiv schwierig die Instrumente alle korrekt zu positionieren im Klangbild. Das was sonst im Nebengeräusch untergeht, macht es aber eben lohnenswert. Ist schwer für jemanden das zu beurteilen, der noch nie eine Schellack mit der korrekten Kennlinie gehört hat.
    Das ist ungefähr als wenn man sich über die richtigen Farben einer Blume auf einem alten Schwarzweiss Foto unterhält..... :rolleyes:

  • Den Klang sollte man wirklich nicht unterschätzen. Ich habe mal in diesem Grammophonmuseum ein State-of-the-Art-Gerät der 30er Jahre gehört, ein Tonmöbel gewissermaßen für die Wohlhabenden. Das erzeugte einen beeindruckenden Klang, der keineswegs mit den üblichen Trichter-Dingern zum Mitnehmen zu verwechseln ist. Sozusagen Full-Range-HiFi der damaligen Zeit.


    Wer einen Eindruck generell vom Schellack-Klang haben möchte, der kann sich ja bei den Digitalisierungen, die es zu Hauf z.B. bei archive.org gibt, einen solchen verschaffen. Wenn gut restauriert wurde, ist man erstaunt. Zumindest bei Aufnahmen nach der Phase der Trichter-Aufnahmen.

    Viele Grüße


    Jochen

  • Jup ! Hier ein paar screenshots aus meinen PC. Das schwierigste ist das "machen" der Kennlinien. Ich benutze dazu einen komplett einstellbaren Baxandall EQ. Ich habe auch noch ein "Anti RIAA" Filter davor, dann ist man flexibler und ich kann die AIKIDOs nutzen. Der Headroom des PC ist dazu völlig ausreichend.




  • Hää?


    Wer sagt denn, dass damals nicht gemischt wurde??? Gemischt wurde schon immer. Entweder mechanisch, durch Versetzen der Musiker oder dann später per Pult. Man hörte ab, versemmelte etliche Rohlinge und dann wurde die Aufnahme, so wie die Mischung eingestellt war aufgenommen.


    ...na ja man sollte die Qualität der alten Aufnahmen nicht unterschätzen. Wen man es mal geschafft hat den Netzbrumm der Röhrenheizung, das rauschen und zum Schluss das Rillengeräusch zu eliminieren, komm

    t der sterile Klang einer ziemlich miesen CD dabei raus...


    Ich finde das nebenbei auch unnötig, die Unperfektheit der Schellackplatte gibt ja gerade den Aufnahmen den Reiz, warum sollte ich das alles wegfiltern?


    Thommi

  • Zitat

    ....der sterile Klang einer ziemlich miesen CD dabei raus...


    Nö ? Mehr so was der Tonmeister bei der Aufnahme auch gehört hat ? Livemusik ! Ohne Brumm und ohne Rauschen ? Was hat sowas mit künstlerischen Vortrag zu tun ? Völliger Quatsch ! Die Beteiligten wollten auch damals schon das bestmögliche Medium für ihre Musik und nicht "irgend einen Reiz" aufnehmen...... ?(


    Du tust ja so aus als wenn ein aufgeschlitztes und mit Spraydose verunstaltetes Rubensbild als "vom Künstler so gewollt" sei..... :cursing:


    Was für ein Schwachsinn.....

  • Moin,


    Das glaubst du ja wohl selbst nicht. Wenn es bei dir brummt ist ja nun die Platte daran nicht schuld. Fakt ist jedenfall dass wenn du das so machst wie bei dir beschrieben ist das komplette Oberwellenspektrum weg. Dann hat man so einen fürchterlichen dumpfen Matsch wie das was Membran z.B. mit den alten Claire Waldoff Platten gemacht hat.


    Der künstlerische Vortrag solcher Medien setzt sich zusammen aus dem Vortrag und den Eigenschaften des Mediums, es ist sozusagen eine Synthese aus beidem. Das war den Aufnahmemenschen damals bewußt und so wurden teilweise Veränderungen an der Instrumentierung vorgenommen damit es auf der Platte so klingt, wie es angedacht war.


    Den Vortrag quasi so zu beschneiden, und anders kann man ja nicht arbeiten, wenn du etwas wegfilterst, dass er in "die neue Zeit passt" kann nur schiefgehen.


    Aber da ich aus anderen Freds mit dir schon weiß, dass du ein fürchterlicher Streithammel bist, werde ich mich auch nicht weiter damit auseinandersetzen. Ich habe gesagt was zu sagen war und damit hat sischs.


    Thommi

  • Ich habe gesagt was zu sagen war und damit hat sischs.


    ...Und damit du weißt, dass du damit nicht allein stehst, schließe ich mich deiner Meinung in vollem Umfange an!


    LG Holgi

    Früher dachte ich, wenn man alt wird, sieht man die Welt mit anderen Augen. Heute bin ich selbst über sechzig und sehe sie noch genau wie vorher!
    Und immer noch analog... ;)

  • Ich hol mir mal Chips und Coke. Wird scheinbar wieder lustig hier.

  • ...oh mann die ratte muss ja schon langsam am verhungern sein...... 8o

  • Kann man den Kerl nicht rausschmeissen, der nervt!

  • Nun fink,


    es steht dir frei auf seinen Namen zu klicken und "Benutzer ignorieren" zu wählen.


    Nur weil einen jemand nervt kann man keinen rauswerfen. Obwohl ich sagen muß, dass es Foren gibt, wo der Forenbegründer Leute aus rein persönlichen Gründen rauswirft....


    Thommi

  • Wieso ist das das Oberwellenspektrum weg, wenn man filtert per PC-Programm? Es ist doch gerade der Vorteil eines solchen Programms, dass es Stör- von Nutzgeräuschen, also dem ursprünglichen Klang, unterscheiden kann. Nicht, dass ich mir eine solche Arbeit machen würde, um Schellacks zu hören, die laufen hier meistens auf dem 1003 am Grundig 3-D-Radio 4035, für Platten der 40er und 50er Jahre ist das völlig okay für mich, aber deshalb muss das von Lutz beschriebene System nicht gleich schlecht sein. Wäre mir einfach nur zu viel Aufwand. Ich benütze auch die Klangregler, früher auch einen graphischen Equalizer. Und wenn ich mal eine Platte auf CD brennen will, dann wird die vorher mit dem Steinberg Clean! bearbeitet. Das Rauschen kriege ich damit zwar nicht weg, dieses Programm würde zu viel Substanz in den Höhen wegnehmen, aber wenigstens die Kratzer lassen sich so einigermaßen wegfiltern. Und einen Equalizer hat es natürlich auch.
    Ein Programm speziell für Schellacks müsste halt genau wissen, welche spezifischen Störgeräusche eine Schellackplatte typischerweise hatt und sollte die dann zuerst rausfiltern, ohne den Rest anzurühren, und dann in einem zweiten Durchgang die im Preset vorgewählte Entzerrung vornehmen. Warum soll das nicht möglich sein?
    Und Höhen auf alten Schellacks sind sowieso ziemlich begrenzt, da sind die erwähnten 8 KHz oft schon optimistisch, bei Trichteraufnahmen bewegen wir uns im Bereich moderner Telefone, viel mehr ist das nicht.


    Tatsache ist, dass die Musiker und Techniker zu ihrer Zeit das Beste rausholen wollten. Alles andere wäre doch auch Blödsinn gewesen.


    Diethelm (der seit mehr als 50 Jahren Schellackplatten hört, nicht immer, aber öfter) :)

    "Leeve Mann!", sach ich für die Frau.


    Diethelm :|

  • Wieso ist das das Oberwellenspektrum weg, wenn man filtert per PC-Programm?


    Meines Wissens kann jedes Programm nur Frequenzen rausfiltern. Wenn die Frequenzen der Nebengeräusche rausgefiltert werden, werden gleichzeitig auch die Töne der Aufnahme, die die gleiche Frequenz aufweisen, rausgefiltert. Das ergibt dann ein Klangbild, das klingt wie unter einem Kissen hervor.


    Ich sag ja, Schellack ist eine nette Spielerei, wenn man's von der Original-Schellack Platte hört, aber Musikgenuss ist das nicht.

    "Jazz is the King of all musics, the umbrella under which all other musics exist."
    - Sonny Rollins

  • Letzteres ist Ansichtssache, ich kann auch Schellackplatten genießen.
    Aber wie wir Rheinländer sagen: Jeder Jeck is anders. :)


    Bei Steinberg Clean! kann man sich anhören, was ausgefiltert wird, und ich höre da nur Kratzer. Man kann's natürlich auch übertreiben mit der Filterei, dann kommt ab einer bestimmten Filtereinstellung auch die Musik durch. Das ist dann zuviel des Guten und man muss den Regler eben wieder ein Stück zurückdrehen. Und vollkommen kratzerlose Schellacks aus den 30ern oder noch früher, da fehlt dann was, das klingt nicht mehr authentisch.
    Man darf aber auch nicht verkennen, dass wir z.B. ein leichtes Rauschen unter Umständen als Höhen wahrnehmen, die zur Musik gehören, obwohl es in sich tatsächlich um ein Störgeräusch handelt, das mit der Musikdarbietung gar nichts zu tun hat. Ist vielleicht auch ein wenig Psychologie im Spiel.


    Unsere Sinne lassen sich relativ leicht täuschen, da darf man sich nichts vormachen.


    Es gibt aber auch wirklich schlecht restaurierte Aufnahmen auf CDs, da ist alles weg, die Aufnahmen klingen quasi scheintot. Es gibt aber auch sehr gut gemachte. Es gab ja auch schon immer technisch gute und schlechte Platten.


    Diethelm :)

    "Leeve Mann!", sach ich für die Frau.


    Diethelm :|

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