PE Rex geht nicht mehr - eine kleine Anekdote ☺

  • Ein Kollege aus dem Repaircafe kam auf mich zu, ob ich mir mal einen alten Plattenspieler ansehen kann, da ich doch an alten Drehern herumbastele. Es ist ein PE Rex A aus einem Musikschrank und der Eigentümer beklagte sich, dass der Plattenspieler nicht mehr dreht. Er hat dem Besitzer schon geraten, die Riemen auszutauschen und ihm einen Tip gegeben, wo er diese bekommen kann. Aber scheinbar hat der Riementausch nicht geholfen. So bekam ich von ihm ein ausgebautes Chassis in die Hand gedrückt.



    Hm, von oben macht er schon einmal einen schmutzigen Eindruck, so dass ihm ein wenig Liebe gut tun würde.



    Von unten gesehen, ist mir gleich der Motorkondensator ins Auge gefallen, der etwas ausgelaufen wirkt.




    Beim Schalter ist zumindest einmal der Entstörkondensator gewechselt worden, denn der sieht nicht mehr so ganz original aus.



    Bei näherer Betrachtung ist mir gleich mal aufgefallen, dass die Zugfeder des Treibrads nicht mehr im Chassis eingehängt sondern um die Achse gewickelt ist. Ausgebaut, zerlegt und die Feder wieder hingebogen. Jetzt kann man diese wieder ihrer eigentlichen Bestimmung zufügen. 😅



    Und bei der Montage der Riemen hab ich mich auch etwas gewundert, denn so sollte die wohl eher nicht sein.


    Naja. Meine erste Einschätzung war, dass der Motorkondensator durch ist und wenn man diesen ersetzt und dann die Riemen richtig aufzieht, dass dann alles wieder laufen sollte. Also hab ich mich dem Kleinen angenommen (Danke bei der Beantwortung meiner Fragen zu den Kondensatoren und Widerständen in meinen vorhergegangenen Posts 🙏👍).

    Grüße


    Gerhard

  • Frohen Mutes hab ich mich dann dran gemacht, die Mechanik zu zerlegen, den Motor auszubauen und die elektrischen Komponenten heraus zu löten.

    Dabei habe ich festgestellt, dass der Motorkondensator einen kurzen hatte, der Vorwiderstand hatte sich verabschiedet und auch der Entstörkondensator am Einschalter war nicht ganz koscher. Also hab ich bei reichelt die entsprechenden Ersatzkomponenten geordert und hab die Mechanik mal angefangen zu zerlegen.



    Noch kurz eine Erinnerungsbild, wie es mal ausgesehen hat, damit ich hinterher wieder alles richtig zusammen bekomme.



    Nachdem ich die Verklediung und Tonarmstütze demontiert hatte, konnte ich noch die versteckte Schraube für den Schalter lösen, so dass ich dann die Elektrik aus dem Chassis nehmen konnte. Der Schalter ist auf zwei Distanzhülsen montiert - diese nicht verlieren.



    Von Oben sieht man schon den Dreck deutlich an den abmontierten Bauteilstellen.



    Erst löse ich die Schraube für die Tonarmhubwippe und kann dann die Brücke herausnehmen, an der die Elektrik befestigt ist.



    Ich habe den Motor an den drei Füßchen gelöst, mit der er auf der Umschaltplatte befestigt ist. Die Gummis des Motors sehen garnicht so schlimm aus, zumindest der Abstand von Motor zur Platine ist noch in Ordnung. Die Seite zur Sicherungsscheibe ist bei zwei Gummis aber nicht mehr so dufte, als dass der Motor etwas herunterhängt. Aber dazu später.



    Erst mal die Geschwindigkeitsumschaltplatte herausnehmen. Hier bitte nicht die Kugel in der Mitte verlieren, welche die Einrastung übernimmt.



    Dann geht es den Hebeln nacheinander ans Fett.



    Auch die Hebelchen für die Auslaufrille kommen raus.


    Auch wenn das Fett noch nicht so verharzt war, als dass irgendwas geklemmt hätte, so ist der Aufwand, jetzt kurz zu säubern und frisches Schmiermittel zu aplizieren so gering, dass ich das gleich mitmache, bevor der Plattenspieler nochmals ausgebaut werden muss.

  • Hier noch ein paar Eindrücke von den Heblechen un den Federn. Ich finde so alte Mechanik immer wieder erstaunlich.





    Nachdem ich die Hebelchen ausgebaut und gereinigt hatte, habe ich das Chassis gesäubert und alles wieder zusammengebaut. Mechanisch funktioniert nun wieder alles ohne Probleme.


    Gehen wir an die Elektrik. Ich habe den Motor von der Platine gelöst, damit ich einfacher diesen zerlegen und die Lager säubern und ölen kann.



    erst einmal die Umlenkrollen samt Halteplatte demontieren.



    Dann die Lager ausbauen und den Motor komplett zerlegen - so der Plan.



    Aber als ich die Lager ausbauen wollte, habe ich feststellen müssen, weshalb der Rotor sich so schwer drehen lässt: Es muss dermaßen viel Hitze entstanden sein, als dass die Spulenkörper geschmolzen und sich verformt haben. Das hängt wohl mit dem kaputten Motorknodensator und Vorwiderstand zusammen. Was die Ursache von beidem war, kann ich nicht sagen. Aber ein Durchmessen der vier Spulen ergab, dass bei keiner mehr Durchgang vorhanden war, die müssen geglüht haben.



    Grüße


    Gerhard

  • Also kurz beim Eigentümer nachgefragt, wieviel er denn investieren möchte, ob ich nach einem Ersatzmotor ausschau halten solle oder ob es das dann für diesen Dreher war. Nein, Aufgeben war keine Option, wenn ich einen Motor auftreiben kann, bitte reparieren.


    Also hab ich mich umgeschaut. Auf Kleinanzeigen habe ich Kontakt zu einem bekommen, der mir einen passenden angeboten hat. Preislich sind wir aber nicht zusammen gekommen, obwohl er einen fairen Preis hatte. Ich habe über die Dual-Gruppe in Facebook Kontakt zu einem italienischen Plattenspielerfreund bekommen, der mir - trotz Portokosten - einen günstigeren Preis abverlangt hatte. Da ich das ganze selbstlos hier mache, wollte ich auch bei der Ersatzteilbeschaffung so günstig bleiben wie möglich.


    Eine Woche später klingelte dann der Postbote an der Türe und ich habe den Motor aus Italien geliefert bekommen.



    Beim Zerlegen fiel mir auf, dass die Pulleys unterschiedlich sind. Meine Vermutung ist, dass der Ersatzmotor von einem Rex mit 4 Geschwindigkeiten war und daher die Unterschiede her rühren.



    Bei weiterem Vergleich musste ich feststellen, dass die Motorachsen der Rotoren unterschiedlich dick sind (Ersatzmotor ist dünner), so dass ich mir einen ganzen Motor aus den Teilen von beiden zusammenschraube: Stator mit Spulen vom Ersatzmotor, Rotor und Motorlager vom ursprünglichen.



    Beim zusammenbau habe ich dann bei den Motorlagern etwas korrigierend eingreifen müssen. Dank eines zerschnittenen Kabeldurchführunggummies konnte ich soweit unterfüttern, dass der Motor nicht herunterhängt, sondern so sitzt, wie er vorgesehen ist.




    Dann wieder alles an Elektrik befestigen und die Verkleidungen (frisch gewaschen) wieder montieren.



    Die Riemen richtig montieren und das Treibradlager in die Führung einsetzen, so dass die Feder wieder eingehänt werden kann.



    Dann noch das Treibrad säubern und an der Anpresskante leicht anschleifen für besseren Grip.



    Kann sich doch wieder sehen lassen. 🤗😍



    Grüße


    Gerhard

  • Was noch ganz witzig war, ist die Verkabelung der Spulen, denn die Farben haben sich wohl irgendwann geändert.


    So habe ich mir aufgezeichnet, welche Kabel an welche Spule gehen und das bei der alten und bei der neuen Spule. Somit konnte ich schon mal die richtigen Kabel zuordnen. Damit ich aber auch sicher bin, hab ich mir die Schaltung nochmals aufgemalt um zu sehen, ob denn der Anschluss und meine Farbübersetzung wirklich stimmt. Somit kann man sehen, dass der Strom immer die gegenüberleigenden Spulen in Reihe geschaltet durchfließt - passt. 😅



    Hier der Anschluss an der Platine, wie er ursprünglich war.



    Und hier im Vergleich, wie er mit den neuen Spulen aussieht.



    So, nun muss der Spieler wieder zurück in seine Musiktruhe und sein Besitzer kann endlich wieder genussfoll den Plattenteller rotieren lassen. 😎🤙


    Oh, ganz vergessen.


    Natürlich gehört zum ordentlichen säubern auch ein säubern der Kontakte



    Und natürlich auch beim Tonabnehmer


    Grüße


    Gerhard

    Einmal editiert, zuletzt von GerhardS () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von GerhardS mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Hallo Gerhard,

    wie immer von Dir eine tolle Dokumentation und viel Herzblut um den alten König wieder zum Laufen zu bringen!


    Was für ein Tonabnehmer ist denn verbaut und funktioniert der auch?


    Viele Grüße

    André

    In allen vier Ecken sollen Plattenspieler stecken!

  • Danke André. 🤙


    Verbaut ist ein PE10 - ich schätze mit einer originalen Nadel (?).

    Funktioniert hat er wohl noch - aktuell habe ich es noch nicht probiert, weil ich das Chassis erst noch in die Musiktruhe einbauen muss. Gehe aber davon aus, dass der TA keine Probleme macht. Nadeln (N und M) sehen Augenscheinlich noch gut aus - aber das ist nur eine Vermutung.


    Grüße


    Gerhard

  • Hallo Gerhard,

    beide Nadeln sind Saphirnadeln und schon nach wenigen Stunden (80 - 100) sollte sie runter sein. Also nach Jahrzehnten sollte sie auf jeden Fall getauscht werden.


    Ich habe gerade eine Originalnadel aus einem ähnlichen System unter dem Nadelmikroskop, da war die Mikrorillen Nadel so stark abgenutzt, dass sie keine Rundnadel mehr war - so stark an den Flanken abgeschliffen ergab sich ein spitzes Dreieck. =O Die 78 RPM Nadel sah dagegen fast ungenutzt aus.


    Aber es gibt für die Dinger noch Nachbaunadeln für recht kleines Geld, sollte also kein Problem darstellen. :)


    Viele Grüße

    André


    Ach so, bitte vorsichtig mit der drehbaren Metallzunge am System sein, um die Nadel zu entnehmen muss das Teil gedreht werden, und später wieder um wie vorher die Nadel zu halten. Oft sieht man diese Systeme ohne dieses Teil, da der alte Kunststoff gebrochen ist.


    Viele Grüße

    André

    In allen vier Ecken sollen Plattenspieler stecken!

    2 Mal editiert, zuletzt von andré () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von andré mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Oft sieht man diese Systeme ohne dieses Teil,

    Es gab auch Systeme, die hatten das Teil gar nicht erst.


    Gerhard: Schön gemacht!👍


    Ich habe hier noch einen A4, der etwas zu langsam läuft. Ist aber noch komplett original...

    Irgendwie habe ich gerade keine Lust für 17€+ noch zu probieren, ob es an den Riemen liegt. Der Rest ist schon überarbeitet. Motor dreht leicht und leise. Eventuell werde ich das Tellerlager noch besser überholen, das könnte noch etwas Zuwendung gebrauchen.


    Gruß Martin

    Martins Lieblingsdreher: Dual 1229, Dual 1000/1001, Dual 300 Siesta, Luxor GW1. Alles Weitere im Profil.

  • 🤦‍♂️ Den Plattenspieler hab ich wieder in die Musiktruhe gesetzt und angeschlossen, doch leider hat sich nichts getan. Das war zunächst ein Schock, wollte mir doch auf die Schnell nichts einfallen, was hierfür der Grund sein kann - hab doch kaum an der Elektrik herumgepfuscht. 🤣🤣


    Also gut, das Chassis nochmals herausgeholt und auf den Tisch gelegt. Fehlersuche.


    - Schalter falsch justiert oder ohne funktion? Nein, Durchgang besteht, wenn der Tonarm angehoben ist und kein Durchgang besteht, wenn der Tonarm aufliegt. Daran liegt es wohl nicht.


    - Sollten die eingebauten Widerstände und Kondensatoren nicht funktionieren? Nein, das würde ich erst einmal ausschließen und ganz am Schluss prüfen.


    - liegt es vielleicht am Motor, den ich aus verschiedensten Teilen zusammengebastelt habe? Hmmm, möglich.


    Also nochmals diesen vorgenommen, alle Spulen auf Durchgang gemessen - passt soweit.


    Dann den Rotor ausgebaut, vielleicht funktioniert dieser in dem anderen Stator nicht? Mal probweise den anderen eingebaut aber auch der dreht sich nicht. Strom fließt aber, man merkt es brummen und er wird warm.


    Dann nochmals akribisch die Schaltung der einzelnen Spulen überprüft. Aufgemalt, wie die alten Spulen angeschlossen waren, nachvollzogen, wie die Schaltung funktionierte. Dann nochmals die neuen Spulen darüber gehalten, Kabel zueinander zugeordnet und verglichen.



    Einzig zwei Kabel (ein blaues und das weiße) von einer Spule könnten als einzigstes falsch herum angeschlossen sein. Also nochmals den Lötkolben angeheizt und die beiden Kabel miteinander getauscht.

    Siehe da - plötzlich dreht sich das Motörchen. 😍🤗

    Man sollte halt doch noch mal genau hinschauen, bevor man etwas vermeindlich richtig zusammenlötet. Naja, kann auch mal passieren.


    Alles wieder zusammengebaut und ausprobiert: Hurra, der Plattenteller dreht sich doch.


    Nur hakt oder klemmt der Tonarm manchmal beim absenken, so dass er sich nicht sauber auf die Platte ablegt und über ihr schwebt oder nicht ganz auf die Tonarmstütze aufliegt und somit den Schalter nicht betätigt. TA ist im Tonarm verbaut, sollte also nicht zu wenig Gewicht haben.


    Inzwischen ist es einfach zu spät geworden und meine Hirnwindungen kommen nicht mehr mit. Also Pause für heute und morgen wieder frisch ran.


    Aber hat vielleicht jemand eine Idee, was da nicht passt? Ist eine Feder nicht richtig eingehänt oder klemmt eine Koppelstange? Oder muss das Auflagegewicht noch eingestellt werden, wenn man das überhaupt kann? Fragen, denen ich heute nicht mehr folgen kann.


    Guats Nächtle 🤭

    Grüße


    Gerhard

  • Hurra 🤗 manchmal hilft es einfach eine kurze Pause einzulegen.


    Nachdem die verpolte Spule entdeckt und der Motor zum laufen gebracht war, hab ich zumindest schon einmal wieder aufgeatmet. Aber das der Tonarm sich nicht weit genug absenkt um a) die Platte zu berühren und abzuspielen oder b) den Motor auf der Tonarmstütze auszuschalten, hat mich dann doch noch gefuchst.

    Aber zu so weit vorgerückter Stunde (kurz vor Mitternacht) lässt die Denkleistung dann doch gehörig nach.


    Was hab ich nun gemacht? Ich habe den Wipphebel mit der Mitnehmerlasche nochmals gelöst und erneut zum Mitnehmerkonus ausgerichtet. Dann hab ich den Mitnehmerkonus leicht eingefettet, damit dieser besser in der Mitnehmerlasche rutschen kann. Und ich habe die Hebestange noch leicht eingeölt.



    Nun haben die Testläufe gezeigt, dass es so funktioniert, wie von den Entwicklern vorgesehen und der Rex kann endlich wieder in seine Musikbox zurück.


    Ich bedanke mich für eure Ratschläge und dem Martin für die Serviceanleitung.

    Grüße


    Gerhard

  • So, und auch hier kann ich nun die Dokumentation positiv abschließen.


    Wie schon im anderen Beitrag hatte ich Probleme als wir den PE in die Musikbox wieder eingebaut haben. Hat man eine Platte abgespielt, hat - meißt an den lauten Stellen - der Sound plötzlich übersteuert und dann wieder hin und her gewechselt. Verschiedenes ausprobiert: Röhren am Verstärker getauscht, Lautsprecherverkabelung kontrolliert, ein alter Dual 1010 an den Phonoeingang der Musiktruhe angeschlossen, den PE an den Phonoeingang eines anderen Röhrenradios angeschlossen - nichts auffälliges, nur in der Musikbox ist der Fehler zuverlässigergweise und wiederholbar aufgetaucht.


    Schlußendlich habe ich dank Roman einen funktionierenden PE10 mit neuer Nadel bekommen und dieser hat das Fehlerbild behoben.

    Jetzt ist die Musiktruhe wieder voll einsatzfähig und der PE Rex kann seinem Besitzer wieder Freude bereiten.


    Grüße


    Gerhard

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