Hallo Forenfreunde,
Ich hatte schon längere Zeit nach einem CV 120 in gutem optischen Zustand /Furnier und Front ohne starke Beschädigungen) und zu akzeptablem Preis Ausschau gehalten. Die Geduld hat sich nun gelohnt. Meine Neuerwerbung (Gehäuse innen gestempelt "24. April 1972" - also einer der frühen Serie) litt allerdings unter zu hohem Ruhestrom (500mV bis 1 V gemessen über dem 0,33 Ohm Emitterwiderstand). Diesen Defekt hatte der Erstbesitzer als Transistorschaden der Leistungstransistoren gedeutet, es war aber tatsächlich auf Versagen der Ruhestrompotis zurückzuführen (schlechter Schleiferkontakt). Das Symptom war eine zu starke Erwärmung des Kühlkörpers, besonders beim linken Kanal, was regelmässig das Klixon aktivierte und damit zum Abschalten "motivierte".
Durch den schlechten Schleiferkontakt hat sich beim Hantieren am Ruhestrompoti dann ein Endtransistor verabschiedet. Wie gut, dass es die fundierten und ausführlichen Service-Hinweise von N. Malek gibt!
https://www.n-malek.de/11201/11232.html?
Mein Verkäufer hatte sogar schon neue Transistoren (BD137) beigelegt. Das hat es erleichtert, den Faux Pas wieder gutzumachen. Zusammen mit dem Einbau der vier neuen BD137 habe ich sicherheitshalber auch die Treiber BC141 / BC161 erneuert. Und natürlich jetzt neue Trimmpotis eingebaut.
Das sollte es eigentlich gewesen sein, einschliesslich Reinigungs- und Einstellarbeiten von Ruhestrom, Kanalgleichheit und Phono-Verstärker-Balance. Der Verstärker arbeitete nach dieser "Reparatur" meines selbstverschuldeten Fehlers in allen Funktionen wieder einwandfrei. Jedenfalls bis auf ein wenig Knackseln der Schieberegler und etwas Schalterknacksen.
Zu diesem Zeitpunkt habe erstmalig ich den Klirrfaktor (THD) mit 1 kHz bei 40W an 4 Ohm Last gemessen: L/R 0,07% / 0,05%. Das ist voll innerhalb der "DUAL-Spezifikation". Behalten wir mal diesen Wert im Gedächtnis, denn später wird nochmal gemessen.
Ich wollte aber keine halbe Sachen machen, also kam noch....:
Sämtliche Kleinelkos ersetzen. Danach verschwanden die Knack- und Schieberegler-Geräusche.
Beide Operationsverstärker TAA521 ersetzt durch NE5534 (im CV 120 ist der NE5534 im wesentlichen praktisch gleichwertig zu LF356).
Schiebereglerschleifbahnen mit De-Oxit "Fader" schmieren. Danach liefen sie wieder geschmeidig.
Trafo für Netzspannung 240V umlöten (ich habe bei mir 238-239V im Netzt).
Soweit - so gut. Eigentlich wäre ich nun ja hier fertig. Aber was ist mir dabei aufgefallen, was von Norbert Malek auf seiner Seite noch nicht abgehandelt ist, und wie macht sich der CV 120 nach der "Revision" in den technischen Messwerten? DAS möchte ich nachfolgend mit Euch teilen.
1. Ersatz von Elektrolytkondensatoren (von DUAL "ELYT" bezeichnet)
...wurden im CV 120 grundsätzlich für sämtliche Kapazitäten verbaut, die 1 µF oder grösser sind.
Im ersten Anlauf habe ich die verbauten kleinen Elektrolytkondensatoren 1:1 ersetzt, also 4,7 µF/25V wieder durch Elektrolytkondensatoren 4,7µF (25V oder 35V oder 50V), usw. So steht es auch in den DUAL Service-Unterlagen und im Schaltplan. Sollte deshalb doch die beste (auf jeden Fall richtige) Wahl sein, sollte man meinen. Dachte ich zunächst auch.
Beim Schaltplan bin ich aber stutzig geworden. Polare Elektrolytkondensatoren (das gilt auch für Tantalkondensatoren) sollen nämlich für ihre optimalen Betriebsbedingungen und Lebensdauer immer mit einer richtig gepolten Vorspannung (Gleichspannung) von wenigstens 1,5 Volt betrieben werden. Dadurch wird sichergestellt, dass sich das Dielektrikum (hier die Aluminiumoxid-Schicht) re-formieren kann. Andernfalls entstehen über die Zeit Leckstellen und der Isolationswiderstand nimmt ab. Das wirkt sich auf die Stabilität des Arbeitspunkts von Transistorschaltungen aus und die Geräuschbildung beim Betätigen von Potis, wenn diese so durch fehlerhafte, leckstrombehaftete Elkos mit einem Gleichstrom beaufschlagt werden. Ausserdem bedingt bestmögliche Funktion von polaren Elkos, dass eine ausreichende Gleichspannung anliegt, um die nötige Polarisierung aufrecht zu erhalten.
Dies sind die Elkos im CV 120, bei denen KEINE ausreichende Vorspannung anliegt (an diesen Positionen hätten also nach der Lehre gar keine polaren Elkos verbaut werden sollen):
a) Phono-Vorverstärker
C1, C2 durch Folienkondensatoren ersetzt, z.B. WIMA MKS-2; 4,7 µF (50V oder 63V)
b) Regelverstärker
C15, C23 durch Folienkondensatoren ersetzt, z.B. WIMA MKS-2; 4,7 µF (50V oder 63V)
C29, C32 durch Folienkondensatoren ersetzt, z.B. WIMA MKS-2; 1 µF (50V oder 63V)
c) Filterplatte
C37 (1972er Modell) durch Folienkondensator ersetzt, z.B. WIMA MKS-2; 1 µF (50V oder 63V)
C39 (1µF), C40 (4,7µF) beide erst ab 1973 vorhanden; durch Folienkondensatoren ersetzt, z.B. WIMA MKS-2
d) Endverstärkerplatte
C53 (47 µF) durch einen bipolaren (= nichtpolaren) Elko ersetzt
Tantalkondensatoren sind KEIN geeigneter Ersatz für Kondensatoren, bei denen ausreichende Vorspannung fehlt. Sie können aber (wie in der Anleitung von Norbert Malek gezeigt) an den Positionen C12 und C12' verwendet werden, da hier Vorspannung vorhanden ist - aber nicht für die o.g. Positionen.
Konsequent habe ich deshalb die ohne ausreichend Vorspannung betriebenen Elkos durch Folienkondensatoren (bzw. bipolar-Elko bei C53) ersetzt.
Was hat der Ersatz bei mir durch die genannten Folientypen und bei C53 durch einen Bipolartyp (BP 47µF/50V) denn nun gebracht?
Vorher/Nachher Vergleich:
Der Klirrfaktor ist nach dem beschriebenen Austausch der OpAmps und Elkos auf ca. die Hälfte zurückgegangen: (L/R) 0,036% / 0,026% THD. Messtechnisch hat diese Revision zumindest eine nachweisbare Verbesserung gebracht. Ob man es hätte hören können, weiss ich nicht sicher. Ich möchte mich da nicht auf Geschwurbel einlassen. Man kann aber i.a. eine bessere Höhenwidergabe feststellen, wenn gealterte Kondensatoren erneuert werden.
2. Messwerte nach Revision
Alle von mir getesteten NF-Eigenschaften entsprechen (Ausgangsleistung, Wirkung der Filter) oder übertreffen (Verzerrungen, Frequenzgang) die seinerzeitigen Werksangaben:
Insbesondere die niedrigen Intermodulationsverzerrungen (0,1 % IMD für 250 Hz : 8 kHz 4:1) und TIM (DIM-100) Verzerrungen von < 0,1% stechen für ein Gerät der Mittelklasse von 1972 heraus!
Bei meiner Messung des Klirrfaktors (THD) als Funktion der Ausgangsleistung für 40 Hz, 1 kHz und 20 kHz fiel ein Fehler in der Beschriftung der entsprechenden Abbildung in den DUAL Service-Unterlagen auf. DUAL hat bei der Beschriftung 40 Hz und 12,5 kHz verwechselt. Bei 40 Hz setzt der steile Anstieg des Klirrfaktors schon bei etwa 33-34 Watt ein. Bei 10 kHz bis 20 kHz werden dagegen 40 Watt unverzerrt erreicht.
Hier die DUAL-Abbildung:
Nachfolgend meine Messung:
(bei 1 kHz habe ich beide Kanäle aufgezeichnet, um die Kanalübereinstimmung zu prüfen. Daher zwei rote Kurven).
2. Opamp
Ich habe keine Rechteckmessungen mit dem alten TAA521 gemacht. Deshalb kann ich keinen vorher/nachher Vergleich mit dem nun eingebauten NE5534 zeigen, sondern nur die Ergebnisse, das ich jetzt mit dem NE5534 habe:
Rechtecksignale 10 kHz und 20 kHz bei 10Vss an 4 Ohm Lastwiderstand (entspricht 6 W):
gelb: Rechteck-Generator
magenta: Signal am Endstufenausgang des CV 120 an 4 Ohm Last
(das Signal wurde am 4 Ohm Lastwiderstand abgenommen und dann 25,5 : 1 heruntergeteilt dem oszilloskop zugeführt)
Wenn bei gehobener Zimmerlautstärke gehört wird, das sind etwa 50 mW, ist bei dieser geringeren Leistung die Rechteckwiedergabe sogar noch besser:
Natürlich ist eine Rechteckwiedergabe für hohe Frequenz (10 kHz und 20 kHz) nicht mehr mit Nenn-Ausgangsleistung an Nennlast möglich. Das geht nur mit einem Sinus. Um ein Rechtecksignal wiederzugeben braucht es die ungedämpfte Übertragung bis zum 30-fachen der Grundfrequenz. Bei 20 kHz also bis ca. 600 kHz. D.h. dafür müsste der CV 120 bis 600 kHz linear und unverzerrt verstärken können. Kann er natürlich nicht - auch kein anderer NF-HiFi-Verstärker kann das.
Für Sinus-Signale sieht es auch sehr gut aus:
Wer hätte vermutet, dass selbst 100 kHz mit dem revidierten CV 120 noch mit einer Ausgangsleistung von 3,5 W an 4 Ohm Last verzerrungsfrei wiedergegeben werden. D.h. der Pegelabfall des Amplitudenfrequenzgangs ist hier bei 100 kHz nur 10,5 dB. Ob noch mehr Leistung bei 100 kHz unverzerrt "drin" gewesen wären, habe ich nicht versucht - vielleicht noch a klein bisserl mehr, denn der Abfall auf halbe Amplitude (-3dB) war bei erst 110 kHz zu messen.
Ein Pegelabfall tritt bis 30 kHz kaum merklich in Erscheinung. Hier das 20 kHz- und 30 kHz-Sinussignal bei 36 W an 4 Ohm last (knapp unter Nennleistung).
In einem anderen Beitrag hatte ich gelesen, dass bereits bei 23 kHz Verzerrungen eingesetzt hätten. Das kann ich an meinem Gerät nach der Revision wie beschrieben, nicht bestätigen. Selbst bei 30 kHz und 36W an 4 Ohm ist das Signal noch unverzerrt.
Zusammengefasst:
Vor der Revision (nur Reparatur): Durschnittlich, DUAL-techn. Werte werden erreicht.
Nach der Revision: Deutliche Verbessung der Verzerrungen, weiter Frequenzgang.
Ein schönes Gerät und angesichts des Baujahrs 1972 - Hut ab!
Gruß
Reinhard