Ein FM-Messsender mit NF-Eingang berücksichtigt in den allermeisten Fällen keine Preemphasis. Die 50 µs (oder 75 µs Zeitkonstante für USA, Japan) muss für Frequenzgangmessung entweder im Stereocoder VOR dem NF-Eingang des Messenders implementiert sein, wenn sie nicht nachträglich hinter dem Stereodecoder des Empfängers aufaddiert wird (der das Signal vorher entsprechend seiner Deemphasis zu höherer Frequenz abgesenkt hat). Nur wenige modernere FM-Messsender haben einen integrierten Stereocoder und noch weniger von denen haben auch noch zusätzlich eine schaltbare Preemphasis. Standardausstattung ist "Mono", gehobene Ausstattung ist "Stereo ohne Preemphasis" und nur die Spitzenausstattung ist "Stereo mit schaltbarer Preemphasis", dann meist auch noch mit RDS Coder.
Einfache Stereo-Hand-Prüfsender (z.B. ELV SUP1, 2 oder 3) haben zwar eine integrierte Preemphasis, aber leider ziemlich starke Frequenzgangabweichungen, die auch gerne mal 4 dB betragen können. Von Komplikationen im Bereich der Deemphasis aufgrund Kompression und Limiter ganz zu schweigen. Sind leider dafür deshalb nicht gut geeignet. Es sei denn, man hätte die vorher sorgfältig messtechnisch untersucht und weiss genau, wie sie sich hinsichtlich Frequenzgang mit verschiedenen NF-Eingangspegeln verhalten. Da erlebt man so seine Überraschungen, mögen noch so viele Anwender schreiben, sie "klängen gut". Das Ohr ist klar kein Messgerät.
Mit einem NF- MPX-Coder kann man den Stereodecoder auch ohne Messsender prüfen. In dem Fall ist die 50µs Zeitkonstante am Coder selbst einzustellen. Multiplex-Decoder ist im Dual Service-Manual vorgesehen. Damals konnte man nicht davon ausgehen, dass Werkstätten einen Messsender mit integriertem Stereo-Coder haben. Man speiste das MPX-Signal direkt in den Decoder ein.
Preemphasis ist für eine Frequenzgangmessung nicht zwingend nötig. Denn man kann auch eine die Preemphasis Korrektur nachträglich von Hand am gemessenen NF-Frequenzgang machen und somit die empfängerseitige Deemphasis korrigieren. Alternativ kann man auch ein Tiefpassfilter mit 50µs Deemphasis dem NF-Ausgang des Stereodecoders (oder dem nachgeschalteten Verstärker) nachschalten und bekommt dann so auch den "wahren" Frequenzgang.
Es ist allerdings nicht zutreffend, dass die Deemphasis des Empfängers die 19 kHz-Entfernung ebenfalls übernimmt. Das tut sie nicht, jedenfalls nicht genügend, sondern es ist immer noch ein Filterglied zur Pilottonunterdrückung (19 kHz) und eines zur Hilfsträgerunterdrückung (38 kHz) vorhanden. Denn -16 dB Deemphasis bei 19 kHz wären alleine nicht ausreichend. Manchmal sind die beide getrennt, manchmal zusammen/kombiniert. Die Pilotton- und die Hilfsträgerdämpfung sollte wenigstens 35 bis 40 dB betragen, damit es nicht zu hörbaren Interferenzen von deren Obertönen mit der Löschfrequenz bei Tonbandaufnahmen kommt.
Es gibt bei in Deutschland hergestellten Geräten i.a. wenig Grund, an den RC-Gliedern für die 50 µs Deemphasis zu zweifeln. Die sind stabil und zuverlässig. Bei Geräten amerikanischen Ursprungs und japanischen Ursprungs der 1960iger und 70iger Jahre ist das nicht so. Dort sind vielfach Glieder mit 75 µs verbaut, auch bei solchen für Export und für Europa (oft über US-MPX-Läden an amerikanische Militärangehörige vertrieben).
Beim CT 18 und CT 19 ist es kompliziert. Die dynamische Ausgangsimpedanz der Schaltstufe mit T411 und T412 sorgt zusammen mit dem RC-Netzwerk am Decoderausgang für die Deemphasis. Es ist also hier nicht allein das RC-Netzwerk dafür verantwortlich. Es geht auch die Impedanztransformation von L404 und die dynamische Quellimpedanz der vorgeschalteten Transistorschaltstufe ein. An der Pilotton-und Hilfsträgerdämpfung scheint mir L404 mit C414 und C415 beteiligt.
Auch Grundig hatte z.B. in seinen älteren Matrix-Decodern die Deemphasis nicht über nachgeschaltete RC-Glieder realisiert, sondern durch Tiefpass-Zeitkonstanten unter Einbezug der Abgleichspulen. Also nicht einfach erkennbar.
Wer seinen UKW-Frequenzgang (unter Berücksichtigung der 50 µs Preempasis), den UKW-Klirrfaktor, UKW-NF-Intermodulationsverzerrungen sowie UKW-Stereo-Übersprechdämpfung (= Kanaltrennung des Stereodekoders) gemessen haben möchte...ich kann so was machen. Das Gerät müsste allerdings in die Region Freiburg/Breisgau dafür verschickt werden.
Gruß
Reinhard