Moin, moin,
keinem Menschen ist das Interesse an HiFi in die Gene graviert. Tatsächlich ist der Anspruch an die Technische Qualität der Produktion von Musik, abseits der Klassik, heute so schlecht, wie nie zuvor, so daß sich eine Anschaffung in HiFi für immer weniger Hörer lohnen würde.
Damit HiFi ein Markt sein kann, muß ein solcher Markt kultiviert werden. Das tut aber keiner. Deshalb bietet kaum jemand HiFi an, deshalb wird HiFi auch nicht nachgefragt.
Zudem sind die Menschen in den letzten dreißig Jahren weder schlauer noch selbstständiger geworden. Man könnte das auch deutlicher formulieren. Der Durchscnittsverbraucher kauft, was ihm gesagt wird, er geht dabei davon aus, es braucht nicht mehr Qualität, als bei Waldi auf dem Sondertisch liegt.
Zudem: Die Unterhaltungselektronik-Industrie lebt heute zum Großteil von Tranferleistungen: Harz4, Wohngeld, Kindergeld etc. Daraus resultiert ein Preisniveau, das angeboten werden muß, damit die Kasse stimmt.
Hatte der deutsche Bürger in den Sechzigern eine Perspektive - persönlich und beruflich - und war auch bereit dafür etwas zu tun, war auch bereit zu akzeptieren, sich erstmal mit dem Notwendigen / Sinnvollen zu begnügen und sich die "HiFi-Anlage" später anzuschaffen, so erlebt ein steigender Teil der Gesellschaft heute, keine Perspektive mehr zu haben, glaubt aber gleichzeitig, trotzdem Ansprüche stellen zu müssen, zur Not auch, ohne etwas dafür zu leisten; Bild klärt schon auf, das man das darf und wie man sein "Recht " durchsetzen könnte, hätte man denn den Antrieb, das zu tun.
Die notwendige Antwort der Industrie kann nicht sein, einen Qualitätsstandard zu definieren, den das Gros der Kunden nicht bezahlen kann, und damit den unzufriedenen Kunden zu "produzieren", sondern ist den Leuten vorzumachen, auch der Flatscreen mit 1:500 Kontrast von Waldi sei ein toller und ultramoderner Fernseher.
Übrigens haben die Chinesen natürlich aus der Entwicklung der deutschen und amerikanischen UE-Industrie gelernt: Warum sollten sie zulassen, daß jemand anders billiger anbieten könnte, als sie? Solange der Kunde keine Qualität nachfragt, und wir glauben, Geiz sei geil, braucht sie dann ja auch keiner zu liefern.
Schließlich haben dumme Menschen hierzulande dafür gesorgt, daß Grundig, Saba und Telefunken heute nicht mehr im Lande produzieren. Weil sie hohe Löhne fordern, ohne bereit zu sein, die eigenen Produkte zu kaufen. Weil sie meinen sich durch ein produkt von "weit her" besser darstellen zu können, als durch etwas, was jeder andere auch kennt.
Wir bekommen keine Qualität, weil wir sie nicht fordern, sie im Zweifel auch nicht kaufen. Wir akzeptieren Werbepausen im Fernsehen, kaufen in Läden ohne Beratung, oder gleich im Versand, geben unser Geld für Klingeltöne aus, sind so dumm, 60% der Industrieprodukte aus China zu importieren, schieben Milliarden für Musik, Fernseh- und Kinofilme ins Ausland, und glauben tatsächlich noch, daß eine Gesellschaft, die nichts mehr selber macht, in Zukunft irgendetwas kaufen könnte. Und wollen als Kunden ernst genommen werden?
Die Industrie will im Verbraucher das "Kleinste Gemeinsame Vielfache". Umso größer der Hersteller, umso weiter weg der Kunde, desto weniger Auswahl, desto weniger Nieschen will er bieten. Der eine oder andere behauptet doch (ohne zu wissen, wovon er redet) die Marktwirtschaft hätte vor zwanzig Jahren endgültig über Planwirtschaft und Kommunismus gesiegt! Der Markt läßt aber nur in der Anfangsphase eines Zyklus Wettbewerb und Nieschen zu.
Wer selber keine Musik macht - egal welche Stilrichtung (solange sie nicht zu laut ist) - lernt nie, richtig Musik zu hören. Wieviel Prozent der Bevölkerung brauchen also HiFi?
Wer keine Wohnungen bewohnt, in denen Lautsprecher richtig aufgestellt werden können, in denen Musik in HiFi-Lautstärke möglich ist, der erlebt keine HiFi, selbst wenn er teure Geräte besitzt. Wieviel Prozent der Bevölkerung braucht also HiFi?
So ist das Leben.
Tschüß, Matthias