OK, ich habe die Messungen durchgeführt. Eine Grafik gibt es heute nicht mehr, da LibreOffice mit den etwa 8 MB Netzfrequenzdaten (gestriger Tag von https://www.energy-charts.info) auf meinem sparsamen Celeron-Rechner nicht so recht wollte. Da muss ich anderes Geschütz auffahren (R?), worauf ich heute keine Lust mehr habe. Aber die Zahlen unten sprechen eigentlich für sich.
Ziel:
Das Ziel dieser Untersuchung besteht in der Quantifizierung der Störgrößen "Temperaturdrift" und "Nadelreibung" in Bezug auf die Plattenspielergeschwindigkeit. Bzw. genauer gesagt: die sich aus diesen Störgrößen ableitende erforderliche Frequenzregelung, um konstante 33,3333 RPM zu erzielen.
Umgebung:
- MagicQuartz 1.01, TechDemo mit Verstärkertyp 2 und 50VA-Ringkerntrafo. Erzeugte Spannung: 220V.
- Dual 1219 mit Shure "M 91 MG-D" und beiger Nadel mit rot-metallischer Aufschrift "SHURE HI-TRACK", 1,5p.
- Dual 1019 mit Shure "M75MG" (grauer Korpus) und weißer Nachbaunadel (sphärisch?), 2,5p.
- Ca. 25°C Raumtemperatur.
Messung des Temperaturdrifts:
Im kalten Zustand des Plattenspielers wurde dessen Pitchregler mittels MagicQuartz im "Live Quartz Mode" so justiert, dass die 33,3333 RPM möglichst genau bei 50 Hz erreicht werden. Dabei lag eine Platte auf dem Teller, die Nadel war aber mit dem Lift angehoben. Dies entspricht in etwa der Vorgehensweise mittels einer aufgelegten Stroboskopscheibe, ist aber vermutlich genauer. Dann QrtzLatency auf 10 hochgestellt (1019: QrtzLatency=4, siehe Diskussion), um die "Aggressivität" der Regelung (und damit die Frequenzschwankungen) zu minimieren. Kurz warten. Die jetzt erzeugte Frequenz (nahe 50 Hz) ist der Wert F_Kalt.
Der Plattenspieler wird jetzt eine Stunde laufen gelassen, um das Gerät aufzuwärmen. Die Speedbox bzw. die erzeugte Frequenz wird währenddessen überwacht, um ein möglicherweise besonderes Verhalten zu erkennen. Nach einer Stunde wird erneut die von MagicQuartz erzeugte Frequenz abgelesen, F_Warm.
Messung des Einflusses der Nadelreibung:
Die Nadel wurde am Plattenanfang aufgelegt und es wurde gewartet, bis sich die Regelung stabilisiert hat (MagicQuartz zeigt dann ein "Play"-Symbol an). Die zum Erreichen der 33,3333 RPM benötige Frequenz ist der Wert "F_Plattenanfang". Das selbe wurde am Plattenende gemacht, der dann gemessene Wert wird im Folgenden als "F_Plattenende" bezeichnet. Die Platte war "Ashes Are Burning" von Renaissance, Seite B.
Die Messungen wurden zuerst mit dem 1219, dann mit dem 1019 gemacht.
Ergebnisse:
Dual 1219:
- F_Kalt: 50,0041 Hz
- F_Warm: 49,9899 Hz
- Differenz: 0,0142 Hz
- F_Plattenanfang: 50,0571 Hz
- F_Plattenende: 50,0182 Hz
- Differenz: 0,0389 Hz
Dual 1019:
- F_Kalt: 49,9990 Hz
- F_Warm: 49,4457 Hz
- Differenz: 0,5533 Hz
- F_Plattenanfang1: 49,6549 Hz
- F_Plattenende1: 49,5319 Hz
- Differenz: 0,123 Hz
- F_Plattenanfang2: 49,6524 Hz
- F_Plattenende2: 49,5439 Hz
- Differenz: 0,1085 Hz
Diskussion:
Der Dual 1219 driftet nicht, bzw. kaum. Der Unterschied zwischen kaltem und warmen Gerät ist so gering, dass ihn andere Effekte hervorgebracht haben könnten. Auch ist der Einfluss der Nadelreibung minimal, aber messbar.
Die Variabilität der Netzfrequenz liegt bei etwa 0,05 bis 0,1 Hz; wenn man die Ausreißer mit einbezieht, bei maximal 0,2 Hz (vgl. https://www.energy-charts.info/). Die Netzfrequenzschwankungen haben beim Dual 1219 einen etwas größeren Einfluss als der Temperaturdrift oder die Nadelreibung. Betrachtet man jedoch Temperaturdrift und die Abweichungen durch die Nadelreibung zusammen, kommt man in ähnliche Bereiche wie bei der Netzfrequenzschwankung (etwa 0,05 Hz). Alle drei Störgrößen können sich natürlich auch addieren.
Der Dual 1019 driftet stark. Wie oben beschrieben, lies er sich nicht vernünftig mit QrtzLatency=10 einrichten, da die Regelung dem Drift nicht nachkam. QrtzLatency wurde auf 4 gestellt, was die Regelung "aggressiver" macht. Der Plattenspieler hat nach ca. 30 Minuten eine stabile Geschwindigkeit erreicht. Auch ist der Einfluss der Nadelreibung hier deutlich höher. Da mich das stutzig machte, habe ich diese Messung nochmals wiederholt.
Beide Dual-Plattenspieler waren grundsätzlich überholt. Der 1219 ist mein tägliches "Arbeitstier", das auch für die ständigen Tests mit MagicQuartz herhalten muss. Der 1019 war schon länger nicht mehr in Betrieb; für die Tests in der letzten Woche habe ich jedoch dessen Teller- und Treibradachsen geölt. Beide Motoren müssten neu geschmiert sein, allerdings liegt das schon etliche Jahre zurück (bestimmt 10). Vermutlich gibt es auch eine gewisse Streuung zwischen den einzelnen Exemplaren.
Das war nur eine grobe Messung an zwei Exemplaren, die sicher nicht sonderlich aussagekräftig ist. Die Messwerte schwanken im Betrieb auch, was die korrekte Erfassung erschwert. Für das nächste größere MagicQuarz-Release plane ich eine Logging-Funktion, über die man die Messungen (aktuelle Geschwindigkeit, gemittelte Geschwindigkeit, erzeugte Frequenz, usw.) live an den Computer übertragen kann. Damit lassen sich dann wunderbare Graphen mit Excel plotten.
Viele Grüße
Sebastian