...da gibt es nicht nur im Bereich Radio-Fernsehtechnik!
Ich bin mit meinem 1985er 190er Mercedes mal zum Vergasereinstellen (nach der Zerlegung und Reinigung desselben, ich hatte damals noch keinen Abgastester) in eine anerkannte Boschwerkstatt gefahren. Da standen dann zwei Gesellen und machten große Augen, als ich die Haube geöffnet habe und sie den simplen Pierburg 175 CDT-Gleichdruckvergaser sahen. Der eine meine direkt das sei ihm zu kompliziert, da muß der Meister ran.
-kurzer Einschub-
An einem Gleichdruckvergaser ist so gut wie gar nichts kompliziert, da es ein ganz simpler Aufbau mit auch nur einer einzigen Düse ist. Aber egal.
Der Meister kam (Zigarette im Mundwinkel) und nahm sich der Sache an. Ich schaute ihm dabei über die Schulter und als ich nach einer guten Viertelstunde zu ihm meinte, ob er überhaupt wisse an welcher Schraube er die Einstellung vornehmen müsse wurde er patzig. Ich solle ins Büro gehen und dort warten. Ich tat dies und nach weiteren 15 Minuten kam er zu mir mit der Nachricht, Drosselklappenwelle ausgeschlagen. Da könne man nichts mehr einstellen, es müsse ein neuer Vergaser her (Kostenpunkt damals rund 2.500,- DM).
Nun war ich mir aber sicher, daß die Drosselklappenwelle 100%ig nicht ausgeschlagen war. Ich ging mit ihm in die Halle, lies mir eine Dose StartPilot geben und sprühte das Zeug (während der Motor lief) direkt auf die Lagerstellen der Drosselklappenwelle. Bei einer ausgeschlagenen Welle hätte es jetzt zu einer signifikanten Erhöhung der Leerlaufdrehzahl kommen müssen, weil der Motor dann an dieser Stelle Nebenluft zöge. Kam es aber nicht und auch nach dem Aushängen der Rückholfeder, wodurch die Drosselklappe quasi widerstandsfrei beweglich ist war kein wesentliches mechanisches Spiel an der Welle feststellbar.
Ich glaube in diesem Moment sprach mein Blick zu dem Meister ganze Bände und er hat auch keinen Ton gesagt. Ich hing die Feder wieder ein, bat ihn zur Seite zu treten und nahm dann die Einstellung des Vergasers am Motortester selbst vor. An seinen Blicken konnte ich eindeutig sehen das er erstaunt war, warum ich zum Einstellen des Leerlauf-CO-Wertes plötzlich zwei große Schraubenschlüssel von ihm verlangte. Er war offensichtlich die ganze Zeit mit einem kleinen Schraubendreher an der Warmlauf CO-Schraube zugange, die aber mit dem Lerrlauf-CO Wert gar nichts zu tun hat. Folgerichtig lies sich an dem Vergaser keine Einstellung vornehmen. Erst als er sah, daß ich die richtigen Maßnahmen vollzog kam ein spätes: "...ach ja, die Dinger werden ja da unten eingestellt. Ist schon lange her und jetzt wo sie es machen fällt mir das auch wieder ein..."
Ich habe daraufhin die Einstellung auf Sollwert vorgenommen und danach auch den Warmlauf-CO-Wert neu eingestellt. Er war in der Tat komplett verstellt, weil der sog. Meister so gar keine Ahnung von der Technik hatte, mir aber mit absoluter Überzeugung einen neuen Vergaser aufschwatzen wollte.
Fazit: Was wirklich gut werden soll, macht man selbst., das ist in allen Bereichen der Fall.
Ich habe auch schon ein Akai GX-760D mit angeblichem Lagerschaden aus einer Fachwerkstatt wieder abgeholt. Es war lediglich das Axialspiel zu groß, so daß ich es neu eingestellt habe und danach lief das Gerät, mit neuen Riemen versehen und komplett entharzt noch jahrelang, bis irgendwann der Motor durchgebrannt ist. Da habe ich es dann als Ersatzteilträger bei ebay verkauft.
Also diese Dinge gibt es in allen Bereichen...