Hallo zusammen,
immer auf der Suche nach restaurationswürdigen Koffergeräten und interessanten Plattenspielern, die gut zum Rest dazu passen (Schwerpunkt 50er und 60er), erstand ich auf der Phonobörse im Jahr 2017 gegen Ende des Nachmittages einen Dual 300 im Phonokoffer für unschlagbar preisgünstige 5€.
Das Gerät war als Bastlergerät deklariert und hatte nach einer ersten Bestandsaufnahme folgende Eigenschaften vorzuweisen:
- Gerät vollständig mit allen Einzelteilen
- Sprengring für die Plattenteller-Sicherung fehlt (zum Glück vor dem Transport bemerkt )
- Tonarm "irgendwie schief" (mehr dazu unten)
- Motor läuft unzuverlässig an, Drehzahl zu gering
- Drehzahlverstellung etwas schwergängig
- Stromversorungskabel mit Isolationsschaden
- Merkwürdige Kunststoff-Verdickung an der Motorwelle
Ein neues Spannungsversorgungskabel war schnell eingebaut. Die schwergängige Drehzahlverstellung liess sich auch auf verharzte Schmiermittel im Gestänge der Gangschaltung zurückführen, ein Reinigen mit Feuerzeugbenzin und neues, sparsames Ölen löste das Problem.
Die zu geringe Motordrehzahl kam aus einer Kombination von trocken gelaufenen Motorlagern und verharzten Lagern der Vermittlungsräder und des Treibradlagers. Der kleine Dual 300 arbeitet nämlich ebenfalls wie die großen Geschwister zu der Zeit, namentlich Dual 1004 oder 1007, mit Vermittlungsrädern im Getriebe, also einer relativ großen Zahl von Rad-Lagern, die verharzen können. Da der Motor und das Getriebe recht wartungsfreundlich aufgebaut sind, war eine Komplett-Zerlegung mit Reinigung und sparsamer Neuölung ohne größere Probleme durchführbar.
Dabei ist mir allerdings aufgefallen, dass die Motorwelle im Bereich für die Drehzahlen 33, 45 und 78 UpM eine seltsame, schwarze Verdickung aufweist (siehe auch "Bild_1", auf dem ich das Bauteil in der Hand halte). So etwas habe ich noch nie gesehen, normalerweise glänzt dort doch nur das Teil Messing? Hat so etwas schonmal jemand gesehen? Für mich sieht das wie halb-professionell nachträglich gemacht aus, wobei sich der Sinn nicht so wirklich erschließt. Für den Grip kann es eigentlich nicht sein, da die Vermittlungsräder aller noch weich sind. Die Verdickung erhöht den Durchmesser der Welle um ca. einen Millimeter, was dazu führt, dass bei 78 UpM die Gummiräder so fest angedrückt werden, dass die Motordrehzahl einbricht, wenn man den Gangschalter in die Endposition bringt, da der Reibungswiderstand zu hoch wird. Wenn man den Drehzahlschalter so einen Tick vor der Endposition lässt, dass der Teller andreht, geht es, ist aber natürlich so nicht optimal. Bei 16, 33 und 45 gibt es keine Probleme. Soll ich den Kunststoff vorsichtig entfernen?
Das Hauptproblem des Geräts, das mich wegen der Ersatzteilsuche mehrere Jahre zur Lösung gekostet hat, war allerdings der Tonarm. Bei einem ersten Test ergab sich das Problem, dass das Tonabnehmersystem irgendwie "schief" saß und nicht die Nadel, sondern das TA-Gehäuse auf der Platte aufsaß. Irgendwie hatte der ganze Tonarm äußerst viel Spiel. Die Befestigungssschraube hinten war auch gar nicht besonders fest. Mit einem kleinen Schraubenzieher zog ich sie vorsichtig an. Jetzt stimmte zwar der Winkel wieder ungefähr, allerdings kam der Tonarm gar nicht mehr tief genug runter, um mit der Nadel aufzusetzen. Dies stimmte mich stutzig und ich entschied mich, den Tonarm auszubauen. Hierbei bot sich folgendes Bild (siehe "Bild_2"): Hinten am Tonarmende schien ein größeres Teil des Kunststoffes heraus gebrochen zu sein, des Weiteren waren fünf Metallkugeln eingeklebt worden, wozu auch immer, ziemlich merkwürdig. Offenbar war der Kunststoff-Tonarm am Lager ausgebrochen. Ein passendes Stückchen zum Unterlegen (Basteln mit Hartpapier) war nur mäßig erfolgreich und so war das Gerät nicht zufriedenstellend zu gebrauchen und verschwand erstmal für zwei, drei Jahre auf dem Dachboden eingelagert.
Zwischenzeitlich recherchierte ich und fand heraus, dass es beim Dual 300 auch noch mehrere Tonarme gab, die sich - was vermutlich zu verkraften gewesen wäre - nicht nur in der Farbe, sondern auch in den Abmessungen / der Länge unterschieden, sodass nicht ganz klar war, ob hier jedes Teil passt.
Nach etwa drei Jahren stieß ich bei ebay auf einen passenden Ersatz-Tonarm, zu meiner großen Freude auch in der richtigen Farbe und nicht aus einem Schlachtgerät, sondern tatsächlich ein NOS-Ersatzteil (siehe "Bild_3"). Der kleine Karton war innen noch mit diesem typischen 50er- und 60er-Jahre-Papier, das man noch von Vaters wertvollen, alten Märklin-Modelleisenbahnwagen kennt, ausgelegt, darin befand sich der rund 60 Jahre alte, komplett neue Tonarm, der nun endlich seinen Zweck als Ersatzteil erfüllen konnte. Auf dem Foto sieht man auch, wie die Aufnahme am Lager eigentlich aussehen sollte, auf dem alten Tonarm fehlt deutlich erkennbar ein größeres Stück Kunststoff. Dieses befand sich leider nirgends mehr.
Der Einbau inclusive Kabeltausch war auch ohne größere Probleme machbar, und siehe da, der Tonarm insgesamt hat plötzlich kein Spiel mehr und sitzt sauber ausjustiert, sodass das TA-System genau mittig mit der Nadel aufsitzt! Wie auf "Bild_4" zu erkennen, liegt die Nadel vielleicht 0,5 mm tiefer, als das System, sodass schon kleine Schräglagen gereicht hatten, dass es Probleme mit dem Kontakt zur Platte gab. Dies gehörte nun der Vergangenheit an.
Zum Abschluss wurde noch das Gehäuse gewaschen und der Tellerbelag neu in beige emailliert, sodass das Gerät wieder in einem neuen Glanz erstrahlen kann ("Bild_5").
Abgesehen vom Drehzahlproblem in der 78er-Stellung funktioniert jetzt alles einwandfrei, das liegt aber vermutlich an dem komischen, schwarzen Kunststoffding auf der Motorwelle.
Übrigens suche ich noch eine originale Anleitung zum Dual 300, gerne auch als Scan. Bei Wega Vision im HiFi-Archiv gibt es nur die neueren, die hier passende hat die Runde Schallplatten-Form wie die des Dual 1004 (siehe hier: http://www.hifi-archiv.info/Dual/1004/1004-01.jpg). Falls die jemand bei sich hat, wäre es toll, diese einzuscannen und sich zu melden. Über weitere Kommentare und Anregungen allgemein dazu freue ich mich auch .
Beste Grüße und einen guten Start in die Woche!