Hallo zusammen,
Ich habe (auf Wunsch von Hermann) in die erste Grafik die Plattenrille und die Lage der Nadel zur Tellerachse eingezeichnet.
Es geht bei dieser Grafik zunächst ja nur einmal darum, eine Verständigung darüber herbeizuführen, wie der Schliff der Nadel unter optimalen Bedingungen (Tangentialtonarm, perfekt eingestelltes Tonabnehmersystem) aussehen müsste. Dieser "Abschliff" ist ja nicht auf einem Plattenspieler erzeugt worden, sondern in Photoshop. Und ich meine, die Grafik sei richtig (Hermann scheint der Ansicht zu sein, die zweite Grafik in meinem vorletzten Beitrag wäre korrekt). Nach dieser Verständigung kann man dann darüber nachdenken, ob die Abweichungen, die eine reale Nadel von diesem Idealzustand aufweist, prinzipbedingt unvermeidlich sind (z.B. wegen der von Kurt erwähnten höheren Laufleistung der Nadel an der äußeren Rillenwand oder wegen des bei Radialtonarmen unvermeidlichen Spurfehlerwinkels) oder ob ein vermeidbarer Fehler vorliegt (falsch justiertes Tonabnehmersystem, falsch eingestelltes Antiskating usw.).
Ich kann Benjamin bei seiner Einschätzung, es sei ein weit verbreitetes Gerücht, richtig eingebaute Nadeln hätten "Null Verschleiß" nur beipflichten: Ich habe einen befreundeten Techniker, der seit Jahrzehnten Hifi-Geräte (auch sehr alte und auch Plattenspieler) repariert und dessen Auffassung ich normalerweise auch schätze, zu seiner Meinung befragt und nahezu die gleiche Antwort bekommen wie Hermann: "Wir prüfen bei den Nadeln unter dem Mikroskop immer nur, ob da etwas abgebrochen ist. Wenn nicht, ist die Nadel in Ordnung, denn so weiches Material wie Vinyl kann einem Diamanten gar nichts anhaben." Ich konnte dann nur noch erwidern: Steter Tropfen höhlt den Stein. Diskutieren macht keinen Sinn. Es gab in der Tat einmal einen Thread in diesem oder in einem anderen Forum, in dessen Verlauf jemand die Strecke ausgerechnet hat, die ein Diamant beim Abspielen einer einzigen LP zurücklegen muss. Man ist erschüttert.
Meine Fotos mit dem Retroadapter bitte ich, zunächst zurück zu stellen, weil ich glaube, dass eine "unglückliche" Beleuchtung durch die Punktstrahler das Ergebnis verfälscht. Man kann es vielleicht mit folgender Situation vergleichen: Jeder wird es vermutlich schon einmal erlebt haben, dass man bei strahlend blauem Himmel durch die Landschaft spaziert und plötzlich von einem Spiegel geblendet wird, der uU auch sehr weit weg sein kann, weil plötzlich die Winkel zwischen Sonne, Spiegel und Spaziergänger perfekt passen. Aus der Größe des Lichtpunktes auf die Größe des Spiegels zu schließen, dürfte schon mit bloßem Auge mehr als schwierig sein; ein Kamerasensor ist schon allein wegen der enormen Helligkeit völlig überfordert und verfälscht weiter. Deshalb hat ja Shure beim SEK-2 keine Punkt-, sondern Flächenstrahler verbaut.
Die von Jörg nachgefragte Messlupe 100x halte ich (abgesehen von der nach mA etwas zu geringen Vergrößerung) im vorgesehenen Zustand wegen der punktförmigen Taschenlampenbeleuchtung für nicht geeignet. Da sich links und rechts vom Objektiv auch noch Begrenzungen befinden, wird es auch mit der seitlichen Beleuchtung (wie beim SEK-2) schwierig. Man könnte darüber nachdenken, den Bereich um das Objektiv mit dem von Kurt erwähnten Polystyrol auszukleiden und einen Flächenstrahler vor das Gerät zu stellen (das müsste man aber ausprobieren).
Mein momentaner "Versuchsaufbau", mit dem ich einigermaßen zufrieden bin, sieht wie folgt aus:
Die Lampen könnten durchaus noch etwas schwächer sein. Die Kunststoffscheiben vor den Lampen habe ich aus einem Quark-Becher ausgeschnitten (Quark vorher abmachen). Vorsicht: Das geht nur mit Lampen, die keine nennenswerte Wärme entwickeln. Wenn ich meine Spiegelreflex an das Mikroskop bekomme, folgen Bilder von den Nadeln.
Auch bei der Verwendung eines Blitzgerätes wäre ich vorsichtig: Grundsätzlich ist es natürlich nicht falsch, Spitzlichter bei einem Bild zu erzeugen, weil man mehr Dynamik bekommt. Für unsere Zwecke könnte das aber genau kontraproduktiv sein (müsste man auch ausprobieren).
Hermann:
Der Verstellmechanismus mit der Schraube wird schwierig. Wir bewegen uns in derart kleinen Dimensionen, bei denen schon allein das Berühren, erst Recht aber das Drehen der Schraube zu Verschiebungen führt, die die Software nicht mehr ausgleichen kann. Außerdem ist ja der Verstellmechanismus für den Objekttisch nichts Anderes als eine (zudem noch übersetzte) "Schraube". Statt die Schraube 1/12 zu drehen, kann ich auch das Drehrad am Mikroskop verwenden.
Wenn man zum Perfektionismus neigt, müsste man wohl tiefer in die Bastelkiste greifen:
Man müsste sich z.B. ein Mikroskop mit einem sensibleren Verstellmechanismus besorgen, an das Drehrad dieses Mechanismus einen Stepper-Motor (z.B. aus einem ausgeschlachteten Scanner oder Tintenstrahldrucker) anflanschen, sich ein Steuermodul für den Stepper-Motor kaufen (z.B. Arduino Uno) und den Motor computergesteuert drehen. Als nächstes könnte man sich an die Programmierer von Helicon focus wenden mit der Bitte um Übermittlung der Daten, die erforderlich sind, damit das Steuermodul auch aus diesem Programm heraus bedient werden kann. Sollte das gelingen, hätte man natürlich einen Mikroskop-Makro-Schlitten der Luxus-Klasse. Man braucht Helicon focus nur noch die gewünschte oberste und unterste Schärfeebene und die Anzahl der Zwischenaufnahmen anzugeben; den Rest macht das Programm. Wenn man dann noch eine Kamera mit LifeView hat und sich Alles auf dem Computermonitor ansehen kann, ein Traum: Man fährt optisch auf der eigenen Tonabnehmernadel Schlitten.
Völlig Besessene gehen weiter:
Diese besorgen sich einen zweiten Stepper-Motor und montieren ihn unter dem Objekt-Tisch des Mikroskops, um damit die Nadel computergesteuert um 360° zu drehen. Aus den so gewonnenen Serien kann man ein 3D-Bild der Nadel erzeugen.
Man sieht: Es gibt viel zu tun.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Michael