Öl und Fett: Ersatztypen für die originalen Schmierstoffe

  • Teil 7 - Benzeeeene!


    (Benzin und andere Lösemittel)

    Wir haben über Schmierstoffe Einiges in Erfahrung gebracht - sehr Spezielles und Allgemeines. In diesem Teil des Threads soll es darum gehen, womit man die Schmiererei möglichst optimal und Material schonend wieder entfernt. Das Wie belasse ich hierbei bewusst im Hintergrund, wie auch z.B. erweiterte chemische Détails. Ich stelle die verwendbaren Stoffe in Gruppen und darin in Reihenfolge der Wirksamkeit, sowie mit ihren Vor- und Nachteilen vor.


    Gemeinsam ist ihnen die Empfehlung, in gut gelüfteten Räumen oder im Freien, sowie mit Persönlicher Schutz Ausrüstung (PSA => Handschutz, Augenschutz, ggf. Atemschutz) zu arbeiten. Da manche Verdunstungsprodukte von Lösemitteln schwerer sind, als Luft und dazu zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen und sogar zum Tode führen können, sollte man damit nicht in einem Keller arbeiten.

    Zunächst im Programm: Benzin(e) in der Reihenfolge ihrer Nützlichkeit

    • Leichtbenzin ist mein persönlicher Favorit. Es löst tierische, pflanzliche und mineralische Öle und Fette und verdunstet rückstandfrei. Leider sehr rasch. Zum Glück rasch: wir können die gereinigten Teile sehr zeitnah wieder benutzen. Leichtbenzin verhält sich Metallen gegenüber neutral, was ein wichtiges Kriterium in unserem Lastenheft ist. Nebenher greift es ausgehärtete Lacke und viele Kunststoffe/Gummi nicht an (vorher an nicht sichtbarer Stelle testen!). Die Drogeriekette "Müller" hat es, neben dem nächst genannten Benzintyp (Reinigungsbenzin) und anderen netten Sachen, in den Regalen stehen.
    • Reinigungsbenzin ist weniger wirksam bei mineralischen Schmierstoffen und verflüchtigt sich weniger schnell, als Leichtbenzin, doch immer noch schnell genug. Auch hier bleiben nach Abtrocknung keine Rückstände übrig. Es wäre überdies als Feuerzeugbenzin einsetzbar. Meistens wird es jedoch zur Pinselreinigung, Lackverdünnung oder Farb(fleck)entfernung genutzt. Es greift die Farben selber und Gewebe nicht an - ist jedoch auch ein Entfetter!
    • Feuerzeugbenzin ist ein naher Verwandter des Leichtbenzins, löst also auch Öle und Fette, ist aber nicht für diesen Zweck optimiert. Es enthält nebenher noch andere, zweckdienliche Eigenschaften (Brennstoff!) verbessernde Zusätze und ist daher nicht so rein und rückstandfrei, wie das oben erst genannte Leichtbenzin. Es ist jedoch das am leichtesten zu beschaffende Benzin und weil es Schmierstoffe lösen kann, setze ich es hierzu auch ein.

    Die bisher genannten Benzinsorten werden übrigens gerne zum Lösen von Klebeetiketten benutzt und lösen viele Klebstoffe an!

    • Testbenzin (auch "Waschbenzin") wird als Terpentin(öl)ersatz angeboten & verwendet. Es in unseren Drehern mit befriedigender Wirkung einzusetzen ist sehr zu bezweifeln, obwohl es seiner chemischen Herkunft nach auch Öl lösen könnte.
    • Als Letztes zwei Worte zu Kraftfahrzeugbenzin: Finger weg! Es enthält Additive, welche die Verbrennung in Motoren verbessern sollen und deren Rückstände wir nicht in unseren Drehern haben wollen. Die schmierstofflösende Wirkung ist mir daher völlig schnuppe!

    Benzin(e) haben wir nun hinter uns; ab hier befassen wir uns mit alkoholischen Lösemitteln und deren mögliche Verwendungszwecke

    • Aceton, das ebenfalls wunderbare, fettlösende Eigenschaften aufweist. Wir kennen es als Nagellackentferner, weshalb man bei der Verwendung auf verbaute Kunststoffteile und auch auf Lackflächen achten sollte. Es gibt für Aceton die verschiedensten Anwendungszwecke, aus denen die Reinigung von Tonköpfen von Bandmaschinen und Cassettenrecordern hervor sticht. Es löst anhaftenden Bandabrieb, womit wir bei einer bemerkenswerten Eigenschaft sind: neben der Lösefähigkeit bei Ölen und Fetten ist es nämlich ein Harzlöser. Ich konnte es nicht verifizieren, doch schätze ich, dass sich das auch auf verharzte Schmierstoffe erstreckt. Einen Wermutstropfen darf ich nicht verschweigen: es greift Buntmetalle wie Messing und Bronze an, weshalb längere Einwirkzeiten nicht angeraten sind. Kurzzeitiger Einsatz mit anschliessender Trocknung sollte jedoch kein Problem darstellen.
    • 2-Propanol (Isopropanol, Isopropylalkohol) ist zum effizienten Entölen und Entfetten geeignet. Das ist jedoch nicht die einzige nützliche Eigenschaft. Der Stoff ist ein richtiger Tausendsassa und neben dem Anlösen von Harzen, dem Einsatz in Nassabspielgeräten und bei der Tonkopfreinigung reicht die Anwendungspalette von der Desinfektion über die rückstandfreie Reinigung und Verwendung als Frostschutzmittel bis zum Abtöten von Holzwürmern (!). Zur Not tut es auch im Spiriuskocher, da es recht "ruhig" brennt. Lös- und verdünnbar ist es in Wasser, Alkoholen und anderen Kohlenwasserstoffen. Aus Isopropanol wird Aceton hergestellt ("Wirkungspotenzierung"). Obwohl recht gut Verträglich mit vielen Kunststoffen, sollte es wegen der Lösefähigkeit von Harzen an Kunststoffen und Lacken ausprobiert werden - dort, wo man das üblicherweise nicht sehen kann. Trinken sollte man diesen Alkohol nicht!
    • Ethanol ("Alkohol", "Spiritus") gibt es in verschiedenen "Darreichungsformen". Vergällt (mit Bitterstoffen versehen) nennt man ihn Brennspiritus, dessen Zweck schon im Namen steckt und der nicht zum Verzehr geeignet ist. Unvergällt und somit für den Verzehr geeignet (pur nicht anzuraten!) ist er in Apotheken als Weingeist zur Verwendung in der Küche erhältlich. Spiritus jeder Form löst Öle und Fette, doch durch das Vergällungsmittel können nach der Verdunstung Rückstände verbleiben. Der Alkohol unserer Wahl wäre der leider viel zu teure, unvergällte Weingeist. Achtung! Ethanol kann Kunststoffe anlösen!
    • Methanol ist der einfachste organische Alkohol. Er löst zwar Harze/Farben/Lacke an, Öle und Fette jedoch weniger gut. Er ist bei Verzehr hoch giftig bis tödlich und kann Blindheit verursachen. Da er sich als Treibstoff eignet, sehe ich eher hierin den geeignetsten Verwendungszweck. Also: Finger weg!


    Es gibt weitere, prinzipiell verwendbare Lösemittel der "Superlative", deren Risiken jedoch den Nutzen überwögen. Auch hiervon lassen wir die Finger.

    Ich gebe ein Beispiel: Trichlorethylen ("Tri") kann wirklich fast Alles - es löst Öle, Fette, Harze (sogar Epoxy- und Silikonharze!), sowie viele Kunststoffe, ohne dabei brennbar zu sein. Was es aber überdies tut: es schädigt die Ozonschicht, löst Krebs aus und darf mittlerweile wohl als Auslöser für Parkinson gelten. Kaum vorstellbar: bis noch vor zwanzig Jahren wurde in vielen Betrieben ohne PSA förmlich damit "herumgeaast" und war bei etlichen Mitarbeitern sehr beliebt, weil es zudem narkotisierend wirken kann. Auch ich bin damit in Berührung gekommen - heute habe ich Angst. Zum Glück ist es weitest gehend verboten und für uns nicht erhältlich!

    Ein weiteres Beispiel - nur sehr schwer erhältlich - ist Dichlormethan (Methylenchlorid). Es löst hervorragend Fette und Harze und darüber hinaus viele Kunststoffe an (die sich damit z.B. "kalt" verschweissen lassen). Es ist schwer brennbar (wenn es jedoch brennt, entsteht hoch giftiges Phosgen!), bildet aber mit Luft explosionsfähige Gemische und reagiert bei Berührung mit Alkalimetallen explosiv. Ausserdem ist es mit Chloroform verwandt - ein früher übliches Narkosegas - und kann zu der betäubenden Wirkung Kopfschmerz und Schwindel auslösen. Die einzig verwendbaren Schutzhandschuhe sind aus Viton (googeln!) und PVA (Polyvinylacetat), einen wirksamen Atemschutz gibt es gar nicht. Möchte Jemand damit arbeiten?

    Wir wissen nun über Öle, Fette, deren Verwendungszwecke und auch über Lösemittel bescheid, die alte Schmierstoffe entfernen können. Ausserdem wurden die teilweise Gefährlichkeit und entsprechende Schutzmaßnahmen besprochen. Das bedeutet, dass wir bewusst einen Arbeitsstoff auswählen und bei Erzielung brauchbarer Ergebnisse sicher damit arbeiten können. Besonders die Gefahren, die hinter Lösemitteln stecken, haben einen Beitrag, wie Diesen, nötig gemacht. Ich möchte hiermit anregen, weitere Informationen über Suchmaschinen zu ermitteln und diese Möglichkeiten zu nutzen!

    Ich bitte euch Alle, verantwortungsbewusst mit Lösemitteln zu agieren und z.B. eingangs genannte PSA zu nutzen (informiert euch!), denn ich wünsche, dass es nicht nur euren Drehern (weiterhin) gut gehen möge. Bleibt mir nur noch zu sagen, dass dieses Kapitel um einen kleinen Anhang (Teil 7b) in Sachen WD40, Ballistol und Petroleum erweitert werden möchte, da auch die bei der Beseitigung hartnäckiger Verharzungen eine Rolle einnehmen. In diesem Sinne euch die besten Grüsse


    Robert

    7 Mal editiert, zuletzt von riofox (8. November 2017 um 19:46) aus folgendem Grund: Yo: Tekschniksches!

  • Es gibt noch genug Maler und Heimwerker, die dem "guten alten Methylenchlorid" als "einzig wirksamem Lackentferner" nachtrauern und wild auf die heute legal erhältlichen Alternativen schimpfen. Was in den schweinealten Dosen, die ich letztens in meiner ehrenamtlichen Arbeitsstelle gefunden habe, drin ist möchte ich lieber nicht wissen - von mir aus bleiben die zu! Chef meinte: "Der Abbeizer ist super!". Die ältesten Sachen die ich in dem Lager gefunden habe dürften aus den 60ern und 70ern stammen... und wozu wir ohne Nitrolacke zu verarbeiten ca. 50 l Nitroverdünnung brauchen ist mir auch reichlich unklar. Die 50 l Glasreiniger-Konzentrat (verdünnbar 1:25) lassen sich in einem Betrieb mit sehr fensterreichem Fuhrpark ja noch irgendwie erklären...

  • Hi Ragnar,

    ich warne nicht grundlos vor solchem Zeug! Schon gut, dass man als Heimwerker nicht Alles in die Finger bekommen kann, denn die Sachen, die ich aufliste, sind im Prinzip schon gefährlich genug, wenn man damit Blödsinn macht. Zum Glück ist man nicht ständig gezwungen, so Etwas zu benutzen! Dennoch ist es gut zu wissen, womit man sich im Falle des Falles und bei Beachtung einiger Regeln einigermassen sicher behelfen kann.

    Gute Idee von dir, deine Neugierde in Bezug auf die Uraltdosen gerade eben so ( :D ) zügeln zu können. Ob der Nitroverdünner denn nicht auch nur eine Altlast ist?!? Liesse sich möglicherweise über die Dicke der Staubschicht auf dem Behälter definieren... oder wird das in dem Betrieb echt noch eingesetzt? 8|
    Grüsserl


    Robert

  • Teil 7b

    In Teil 7 habe ich mich mit Lösemitteln befasst, die sich zum Entfetten, -ölen und -harzen eignen (oder auch nicht). In diesem Teil geht es um ein paar Mittelchen, denen die unterschiedlichsten, oft beim gleichen "Wässerchen" gegensätzlichen Eigenschaften nachgesagt werden. Dem wollte ich dann doch einmal auf den Zahn fühlen und ermitteln, ob sie wirklich für unsere Zwecke taugen. Desweiteren betrachten wir einmal einen milden Aussenseiter, der noch gar keine Erwähnung fand und mir zumindest als hilfreich erscheint. Ich fange jedoch mit einem Entfetter an, der bisher aus guten Gründen nicht besprochen wurde.


    Wir freuen uns ja darüber,

    dass uns Stoffe an die Hände gegeben sind, die den Kampf gegen Schmierereien und klebrige bis bernsteinharte Altlasten aufnehmen könnten. Einer, mit dem wir im Allgemeinen nicht gerechnet hätten und der "richtig fegt", ist als Bremsenreiniger bekannt, der im KFZ-Bereich gerne verwendet wird. Weshalb ich den erst hier einpflege und nur unter Vorbehalt empfehle, ist schnell erklärt. Bremsenreiniger bestehen aus Kohlenwasserstoffen und können Benzol, Toluol und/oder Xylole enthalten; ausserdem an Bord sind gerne Ethanol, Isopropanol und/oder Aceton.

    Da hier jeder Hersteller sein eigenes Süppchen kocht wissen wir nicht genau, welche Mischung sich mit welchem Werkstoff verträgt oder beisst. Diese Unklarheit werte ich als ersten Hemmschuh für die sorgenfreie Verwendung eines solchen Produkts.
    Das zweite dicke Minus ist, dass Bremsenreiniger gesundheitsschädlich, hochentzündlich und umweltschädlich zugleich sind (und wer weiss, was da sonst noch drin ist?!?). Diese Attribute machen mir das Zeug nicht gerade sympathischer.

    Einige der möglichen (und aufgezählten) Inhaltsstoffe sind aus Teil 7 dieses Threads bekannt. Auch sie sind nicht unbedingt als "harmlos" zu bezeichnen, doch wir verwenden sie ja nicht Alle gleichzeitig. Deswegen und weil wir die jeweilige Einzelwirkung besser einschätzen können rate ich eher dazu, mit solchen Lösemitteln zu arbeiten.


    Kommen wir nun zu einer etwas freundlicheren Lösung zum Lösen.

    Ein spontaner Einfall ist, es einmal mit Petroleum zu versuchen. Es ist ein Erdölprodukt, was bereits der Name andeutet: Petra Oleum = "Fels-Öl" (aus dem Griechischen). Chemisch ist es mit nur geringen Unterschieden direkt mit Diesel, Heizöl und Kerosin verwandt, was unsere hochmodernen Düsenjets zu Dieseln macht :D . Interessant an diesem Stöffchen ist überdies, dass es als Schmiermittel (!) für präzise gleitgelagerte Spindeln (!) eingesetzt wird, weil Petroleum sehr dünnflüssig ist. Man kann Petroleum problemlos in Fette und Öle mischen und Diese damit verdünnen.

    Mit diesem Wissen kommt man darauf, es dort anzuwenden, wo Verharzungen alter Schmierstoffe zu Bewegungsbeeinträchtigungen geführt haben.

    Mit einem Pinsel dünn aufgebracht, darf es sich zunächst "mit dem alten Zeug verbinden"; ein Vorgang, den man wiederholt, bis die verhärtete Masse erweicht. Unterdessen probiert man vorsichtig aus, ob sich die verklebten Teile gegeneinander bewegen lassen. Immer wieder: einpinseln, wirken lassen, bewegen, bis sich Etwas bewegen lässt. Wenn sich während des Einpinselns Teile der angelösten Harzmömpe abwaschen lassen: umso besser.

    Meines Erachtens ist das ein zwar zeitaufwändiges, aber sehr materialschonendes Verfahren. Das vorherige Einlegen verharzter Teile in Petroleum und über einen längeren Zeitraum hinweg ist eine positive Option, um "verklebte" Bauteile "einzuweichen".

    Da Petroleum einen eigenen, dünnen Schmierfilm hinterlässt, sollte der beschriebenen Vorreinigung mit diesem Stoff eine gründliche Entfettung mit einem der in Teil 7 genannten Mittel erfolgen. Hierdurch werden empfindliche Materialien - wie Buntmetalle - bei Verwendung aggressiverer Medien (Aceton) weniger lange damit belastet und somit geschont.


    Die vorgeblichen Wundermittel

    Immer wieder liest man, wie gut sich WD-40 und Ballistol zur Reinigung, Pflege und Schmierung von beweglichen Baugruppen aus Metall eignen. Zunächst sollte man dabei jedoch bedenken, wofür diese beiden Kandidaten konzipiert wurden.

    WD-40 gilt als universelle, eierlegende Wollmilchsau. Dies ist aber nur in Grenzen möglich, denn ein Stoff alleine kann nicht wirklich die gesamte Breite der technischen Anforderungen verschiedenster Anwendungen voll abdecken. Das zu glauben ist beinahe so naiv, als glaube man, Maggi liesse sich für sämtliche Gerichte dieser Welt als Alleinwürzmittel verwenden (lecker! <X ). WD-40 reinigt ein Bisschen, löst ein Bisschen, schmiert ein Bisschen - aber von Jedem nur ein Bisschen. Schauen wir uns mal an, was da eigentlich in der Dose steckt:



    (Der im Bild angegebene Link funktioniert noch)

    Die Zusammensetzung zeigt: wir haben hier als Hauptwirkstoffe mehr als 60% Testbenzin und zwischen 15 und 25% Öl auf Petroleumbasis vorliegen (recht grosse Fertigungstoleranzen sehe ich insgesamt auch noch!). Von Ersterem als Reinigungsmittel hatte ich bereits in Teil7 abgeraten, während mir das enthaltene Öl als zu dünnflüssig erscheint, um mechanisch höherer Beanspruchung - z.B. an Gelenkstellen in der Kulisse - standhalten und Dauerschmierung selbst weniger belasteter Schmierstellen gewährleisten zu können. Das verdunstende Lösemittel neigt ausserdem dazu, unbestimmte Anteile des Öls mitzureissen und somit die Schmierleistung weiter zu schwächen.

    Am Besten noch eignet sich das Zeug - m.M.n. - zum groben "Lösreinigen", da es schön dünnflüssig und somit sehr kriechfähig ist. Anschliessend jedoch sollte man es entfernen und die behandelte Stelle mit einem geeigneten Schmiermittel richtig schmieren.


    Ballistol ist ebenfalls ein vorgebliches Wundermittel für 1001 Anwendungsmöglichkeiten - und täglich kommen Neue hinzu. Es ist tatsächlich für viele Zwecke einsetzbar, aber der Nimbus des Geheimtipps für unsere Dreher basiert darauf, dass es dereinst zuerst als Waffenöl entwickelt wurde. Nunja: da Waffen aus Metall sind, muss es sich ja an jedem metallenen Einsatzort bewähren können. Irrtum!

    Für Waffenöle sind bestimmte Eigenschaften essentiell; wir wollen Blei- und Tombakreste, sowie Verbrennungsreste sicher aus Läufen und vielleicht noch Magazinen und Mechanik entfernen (diese Rückstände gibt es in unseren Drehern nicht!) und den Waffenstahl vor Rost schützen. Letzteres gelingt sogar nur kurzzeitig, denn Ballistol ist wasserlöslich - was für uns Nichts zur Sache tut, sofern wir unsere Schallplatte mit der Wassermusik darauf nicht gerade in der vollen Badewanne abspielen möchten :D . Auch weitere - für uns sinnvolle - Verwendungszwecke habe ich nicht entdecken können.

    Ballistol reagiert mit dem Kupferanteil in Buntmetallen per Oxidation, wenngleich es Legierungen wie Messing und Bronze durchaus zu reinigen vermag. Es sollte indes nicht dauerhaft an Bauteilen aus diesen Materialien verbleiben. Das bedeutet, dass wir es zu Reinigungszwecken verwenden können, sofern wir es anschliessend zeitnah und gründlich von den Bauteilen unserer Dreher entfernen.

    Kommen wir noch kurz zum Schmieren: der ölige Anteil von Ballistol ist ein Paraffinöl ("Weißöl"), das zwar nicht zum Verharzen neigt und somit eigentlich ein guter Schmierstoff wäre (wenn auch nicht an allen Schmierstelllen unserer Dreher). Es enthält jedoch Alkoholbestandteile, was einerseits die Wasserlöslichkeit erklärt und andererseits den Einsatz als Schmierstoff verbietet. Entharzen dürfte mit diesem Öl machbar sein, wenn es hierzu nicht in zu enge Spalte eindringen muss: hierfür ist es wiederum zu dickflüssig.

    Informationen, die wir nicht unbedingt brauchen: von der Verwendung als Holzpflegemittel wird abgeraten (Dies geht an die Zargenbauer unter uns!). Es gibt indes Leute, die mit dem Zeug gurgeln und das seit Jahren regelmässig tun - und die leben noch; hieraus schliesse ich, dass Ballistol nicht giftig sein wird...


    Ich möchte in Bezug auf die letzten beiden besprochenen Produkte Niemandem meine persönliche Ölbibel aufs Ölauge drücken. Mein Ziel war, die sich gebetsmühlenartigen Wiederholungen im Netz per gründlicher Recherche entweder zu bestätigen oder widerlegen und die erhaltenen Kenntnisse zu vermitteln. Es ging mir nicht darum, Irgendetwas "schlecht zu reden", das in verschiedenen (nicht Allen!) Anwendungsbereichen gewiss das Mittel der Wahl ist. Desweiteren wäre es meinerseits eine Anmaßung, Anderen vorschreiben zu wollen, was sie für richtig oder falsch halten sollen. Es bleibt dabei, dass ein Jeder nach seiner Fasson glücklich werden möge und so wünsche ich Euch nur Gutes - bis demnächst auf diesem Kanal


    Robert

    4 Mal editiert, zuletzt von riofox (18. Dezember 2017 um 21:54) aus folgendem Grund: Hervorhebung wichtiger Informationen

  • Gute Idee von dir, deine Neugierde in Bezug auf die Uraltdosen gerade eben so ( ) zügeln zu können. Ob der Nitroverdünner denn nicht auch nur eine Altlast ist?!? Liesse sich möglicherweise über die Dicke der Staubschicht auf dem Behälter definieren... oder wird das in dem Betrieb echt noch eingesetzt?


    Die Kanister stehen jedenfalls im Farbencontainer (ein normaler Frachtcontainer in der Halle, beiderseits voll mit Regalen mit allerhand gut brennbarem Zeug) und es ist die einzig vorhandene Verdünnung. Wir sollten definitiv mal Kunstharzverdünnung besorgen! Die vorhandenen Lacke sind teils Acryl-, teils Kunstharzlacke, wobei ich erstere ausgesondert habe - nach x Jahren Lagerung sind die erfahrungsgemäß völlig unbrauchbar. Zwei Dosen Leinölfarbe gibt es auch noch, ich würde schätzen die stammen aus den 60ern. Kunstharzlacke halten eher ewig, ich habe letztes Jahr mit angebrochenen Dosen aus dem Jahr 2003 lackiert und sogar die Testflächen aus angebrochenen Dosen von 1978 waren noch OK (Fritze Superiol Kunstharzlack). Eingesetzt wurde von dem ganzen Zeug in den letzten Jahren gar nichts, aber prinzipiell soll im Laufe diesen Jahres noch größer lackiert werden. Wie auch immer die sich das in einer staubigen Halle vorstellen. Wir reden übrigens von musealen Fahrzeugen. Wobei, eine Dose haben wir sogar erfolgreich benützt, das war transparenter Bootslack für Holzverkleidungen. Der lässt sich mit dem Pinsel ziemlich gut verarbeiten.

    Die Staubschicht lässt keine wirklichen Rückschlüsse zu, weil der ganze Spaß 2014 übersiedelt wurde. Viel Spaß mit ausgetretenem Inhalt hatten wir auch, aber das war zum Glück nur Schmierfett.

    Es gibt indes Leute, die mit dem Zeug gurgeln und das seit Jahren regelmässig tun - und die leben noch; hieraus schliesse ich, dass Ballistol nicht giftig sein wird...


    Also ich stelle mir das interessant vor... mein Eindruck war immer, dass schon die Dämpfe leicht bewusstseinserweiternd wirken!

    Übrigens steht Ballistol im Ruf, ohne anschließende Reinigung Buntmetalle ganz massiv anzugreifen, besonders Schalterkontakte. Die werden grünspanig und lösen sich irgendwann fast völlig auf.

  • Hallo Ragnar,

    Übrigens steht Ballistol im Ruf, ohne anschließende Reinigung Buntmetalle ganz massiv anzugreifen, besonders Schalterkontakte. Die werden grünspanig und lösen sich irgendwann fast völlig auf.

    Das hatte ich bei der "Demontage" der beiden "Wunderallzweckmittel" Ballistol und WD40 erwähnt - d.h.: zumindest angedeutet. Es schadet nix, wenn du das hier noch mal so ausführst, denn es dürfte die Aufmerksamkeit einiger Anwender erhöhen. Was nämlich wäre, wenn damit z.B. Sinterlager getränkt werden würden? Die Langzeitergebnisse dürften recht spannend ausfallen *zerbrösel*... 8|

    Wie auch immer: zwar ist es etwas OT, aber nicht unspannend, was für Zeug manche Betriebe noch in ihren Katakomben horten - da könnte ich noch das eine oder andere Histörchen hinzufügen (mache ich aber nicht hier!).

    Ich nutze frech mal meine Antwort für Werbung in Sachen Threadthema: demnächst wird es eine Tabelle mit allen von Dual in Plattenspielern (und vielleicht nicht nur dort...) verwendeten Schmierstoffen geben...
    Dir ein schönes Pfingstwochenende und meine besten Grüsse


    Robert

  • Das hatte ich bei der "Demontage" der beiden "Wunderallzweckmittel" Ballistol und WD40 erwähnt - d.h.: zumindest angedeutet. Es schadet nix, wenn du das hier noch mal so ausführst, denn es dürfte die Aufmerksamkeit einiger Anwender erhöhen. Was nämlich wäre, wenn damit z.B. Sinterlager getränkt werden würden? Die Langzeitergebnisse dürften recht spannend ausfallen *zerbrösel*...

    Ja, das war der Sinn meiner Antwort!

    Und eben auch zu betonen, dass man es tunlichst von Elektronik fernhalten sollte - mitunter wird es nämlich zur Reinigung von Schaltern oder gar Potis empfohlen <X

  • mitunter wird es nämlich zur Reinigung von Schaltern oder gar Potis empfohlen

    Och: es gibt ja auch die völlig Schmerzfreien - die schmieren ihre Duals mit Biskin ... viel Biskin. Überall. Die dürfen gern auch überall Ballistol 'rein sauen. :evil::D
    So, Spass beiseite, wieder back to the subject.
    Grüsserl


    Robert

  • Robert, Ragnar: WD40 und Ballistol kann man an manchen Stellen durchaus brauchen - aber man muss halt immer wissen, was man damit anstellen kann und was man besser lassen sollte. Ballistol als Kontaktreiniger z.B. ist eben an der Stelle ähnlich wie die agressiveren unter den Kontaktreinigern zu betrachten und behaldeln, also von Buntmetallkontakten wieder zu entfernen.

    Grüße aus München!

    Manfred / lini

  • Hallo Manfred (und auch Ragnar),

    auf die Gefahr hin, dass Ihr mich Beide ab jetzt nicht mehr mögt:

    Ballistol reagiert mit dem Kupferanteil in Buntmetallen per Oxidation, wenngleich es Legierungen wie Messing und Bronze durchaus zu reinigen vermag. Es sollte indes nicht dauerhaft an Bauteilen aus diesen Materialien verbleiben. Das bedeutet, dass wir es zu Reinigungszwecken verwenden können, sofern wir es anschliessend zeitnah und gründlich von den Bauteilen unserer Dreher entfernen.

    In Sachen WD40:

    Am Besten noch eignet sich das Zeug - m.M.n. - zum groben "Lösreinigen", da es schön dünnflüssig und somit sehr kriechfähig ist. Anschliessend jedoch sollte man es entfernen und die behandelte Stelle mit einem geeigneten Schmiermittel richtig schmieren.

    ... 8|

    Ich frage mich, was es da insgesamt noch zu deuten gibt, weil man das hier in meinem entsprechenden Beitrag doch schon nachlesen kann ?( ...
    Ich meckere nicht und ich meine es auch ausdrücklich nicht böse, aber beginnt hier nicht gerade eine völlig unsinnige Art Diskussion?
    Grüsserl


    Robert

  • Robert: Hmja - aber ist das Leben nicht ohnehin voll von Wiederholungen? ;)

    Außerdem ist das auch ein bisschen Foren-Somftware-Comfort-bedingt - denn man wird ja inzwischen gern zur jüngsten ungelesenen Antwort transportiert, hat also den älteren Content des Threads nicht mehr unbedingt genau auf dem Radar, wenn man nicht selbst stark beteiligt war, etwa durch eifrige Beteiligung an einer heißen Diskussion oder weil man Threadersteller war oder derlei...

    Grüße aus München!

    Manfred / lini

  • Ich habe eine etwas vom Thema abschweifende Frage zum Thema Schmierstoffe. Das in reichlich kreativem Englisch abgefasste SM eines Elmo ST-1200 (Super-8-Projektor) spezifiziert für die Zahnräder in den Antriebsarmen einmal "aluminum grease" und einmal "Alvania", und zwar für die selben Schmierstellen - keine Ahnung warum das zweimal behandelt wird. Kann ich davon ausgehen, dass ersteres nur ein Sammelbegriff ist und ich jeden geeigneten Alvania-Ersatz verwenden kann?

    Als Gustostück aus der Anleitung übrigens folgender Satz:
    "In comparison with the rear arm,Front arm, Front arm base plate and Front arm shaft gear are fundamentally different, but otherwise same."

    Das ist doch einfach nur mehr poetisch, oder?

  • Hallo Ragnar,

    das ist natürlich ein prima Beispiel für das, was bei Übersetzungsmaschinen herauskommen kann... "oversetted in Yingyangdong"... English for runaways - Englisch für Fortgeschrittene: How goes it you? On and forself goes it me good, but yesterday went it me better... 8|:D

    Kommen wir aber zum eigentlichen Problem:

    Den Begriff "aluminum grease" hatte ich bislang noch nie gehört, aber wenn die in deiner Anleitung von Alvania reden, würde ich es zunächst damit, bzw. mit Gadus versuchen. Dass es Alu angreift, wäre mir neu.

    Wenn ich die aufzufindenden, englischsprachigen Informationen richtig deute, hast du bei "aluminum grease" im Grunde vergleichbare Ausgangsstoffe, wie bei z.B. in Lithiumseifenfetten - Beispiel: Gadus/Alvania - nur wird hier statt einer Lithiumseife ein entsprechender Aluminiumkomplex verwandt, der jedoch denselben Zweck erfüllen soll, denn die Seife ist in einem Fett nur der Träger für das Öl (das darin "gespeichert" ist) und zugleich das Verdickungsmittel, damit ein Fett draus wird. Es schmiert hier nicht die Seife, sondern das darin enthaltene Öl. Die Seifen erfüllen daneben aber auch andere Aufgaben:

    Die Kombination unterschiedlichster Grundöle, Verdicker und auch Additive lässt die Herstellung von Fetten für besondere Einsatzzwecke zu, woran die Verdicker ihren jeweiligen Anteil haben. Du findest deshalb u.A. Fette für besonders hohe oder niedrige Einsatztemperaturen, für hohe Drücke oder mit hoher Haftfähigkeit, mit besonderer Fliessfähigkeit oder Wasserbeständigkeit und sogar speziell für den Einsatz im Vakuum, um nur einige Einsatzgebiete anzudeuten.

    Was du nicht machen darfst, ist das Mischen von Fetten, die auf unterschiedlichen Verdickungsmitteln basieren. Du dürftest also kein Lithiumseifenfett gemeinsam mit einem Barium- Calcium- oder Natriumseifenfett einsetzen. Meistens verschlechtern sich hierdurch nämlich ursprünglich positive physikalische Eigenschaften des jeweils einzelnen Schmierstoffs, weil die verschiedenen Eindicker chemisch nicht immer untereinander verträglich sind.

    Für die Praxis bedeutet das: es empfähle sich für dich, die nachzuschmierenden Teile deines Projektors vor Einsatz eines neuen Fettes gründlich zu entfetten und reinigen, weil du - dank deiner SA - nicht genau weisst, was da ursprünglich drin steckt.

    Zu "aluminum grease": Ich habe den Hersteller Bel-Ray gefunden, der natürlich massig mit den Eigenschaften seines Alufetts protzt. Es soll besonders für sich langsam auf- und ineinander bewegende Schmier- und Lagerstellen geeignet sein. Allerdings sind viele andere Fette generell auch und gerade für solche Zwecke gedacht - siehe Gadus/Alvania.

    Ich hoffe, dir geholfen zu haben, wünsche dir viel Erfolg und verbleibe mit besten Grüssen


    Robert/Rio

    Einmal editiert, zuletzt von riofox (28. Juni 2017 um 23:02)

  • Vielen Dank!

    Spricht für gründliche Entfettung und Neuschmierung mit dem was zu bekommen ist - nachdem ja nicht einmal das SM sich mit sich selbst einig ist was man verwenden soll. Übrigens ist das Ding so alt (ca. 1975), dass ich noch auf echt japanische Wertarbeit mit Wörterbuch tippen würde :D

  • Teil 8 - Die Dual Schmierstofftabellen

    Dank Michael - Spitzenwitz - haben wir nun eine Tabelle zur Verfügung, die alle Schmierstoffe, die in Dual Drehern je verwendet worden sind, umfasst. Einzig das Dual Logo habe ich verbrochen und eingefügt, weil wir uns darin einig waren, das Original aus rechtlichen Gründen nicht verwenden zu wollen, ich aber einen eindeutigen und auf den ersten Blick erkennbaren Hinweis darauf gewünscht habe, worum es hier geht.

    Wie sich erkennen lässt, sind noch nicht für alle Öle und Fette Ersatzschmierstoffe gefunden - die Arbeit geht also weiter. Hier nun die Tabelle:

    Und hier die aktualisierte Vergleichstabelle:

    Hier der Link zum Thread 1015/1019 Eigentümer gesucht; vor Allem in der unteren Hälfte der ersten Seite finden sich weiter führende Informationen.

    Freundlichst grüsst


    Robert/Rio ;)


    EDITH: @ Michael: wenn sich Neues in Hinsicht auf Ergänzung deiner Tabelle ergeben sollte, wird das natürlich ebenfalls eingepflegt! Solltest du eine neue Tabelle erstellen: die brauche ich unbedingt als Grafik und du darfst die Grafik/das Logo, das ich hier eingebaut habe, ebenfalls schon dort einbauen.

    EDITH II, MOTORÖL 10W-30: ATU bietet derzeit von LIQUI MOLY das Universal Gartengeräteöl 10W-30 an - der Liter kostet indes 11,99 €uro!

    HINWEIS: es gibt nun von ad-mh/Andreas Der Fett- und Öltauschthread für in Sachen ÖlQuelle(-n) Hilfe Suchende!

    14 Mal editiert, zuletzt von riofox (22. März 2018 um 14:48) aus folgendem Grund: technische Bearbeitung. Undso.

  • Dank Michael - Spitzenwitz - haben wir nun eine Tabelle zur Verfügung, die alle Schmierstoffe, die in Dual Drehern je verwendet worden sind, umfasst.

    Zu ergänzen sei, dass nur die Dreher aufgeführt sind, zu denen ich die Original Serviceunterlagen habe.
    Wer noch weitere Modelle beisteuern möchte, darf dies gerne machen.

    Gruß
    Michael

    -----

  • Anmerkung: die Tabelle, in Welcher die aktuellen und zu den Alten kompatiblen Schmierstoffe aufgeführt werden, ist in Arbeit. Sie wird nach Fertigstellung an dieser Stelle eingefügt.

    Hammer!

  • Robert, da hast Du ja mal wieder alles gegeben, seeeehr ausführlich wie man Dich kennt. Das alles als Tabelle wie schon vorgeschlagen und alles ist gut. :thumbup: Bestimmt sehr brauchbar.
    Hat eigentlich schon jemand einen Ersatz für Shell Renotac genannt? In jedem Baumarkt für kleines Geld zu bekommen: Bio - Kettensägenöl für Motorsägen, hat ähnliche Eigenschaften wie´s Renotac, etwas zähfließend und anhaftend.

    VG
    Bernd

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!
Nach der Registrierung können Sie aktiv am Forenleben teilnehmen und erhalten Zugriff auf weitere Bereiche des Forums.