Dual 620 Q, Anlaufprobleme

  • Hallo liebe Dualisten,


    mein geerbter CS 620 Q ist leider defekt, als erstes drehte er im Betrieb einmal sehr hoch, nach aus und wieder anschalten dreht er nur noch ruckartig an bleibt stehen und dreht wieder an, die beiden Tasten für 33 1/3 und 45 Umdrehungen blinken.


    Auf Grund des Defektes habe ich das Gerät geöffnet und alle Elkos auf verdacht getauscht, sowie den Motor gereinigt und geölt. Der große Elko am Gleichrichter war auch ein wenig aufgebläht und auf der Platine war daunter ein "Brandfleck" dort ist es auf jeden Fall mal wärmer geworden. Leider hat das nicht geholfen. Da ich aber nur Maschinenbauer bin ist mein Elektronik-Latein am Ende und deswegen die Frage ob ihr Vermutungen habt was defekt sein könnte oder was ich Untersuchen könnte?



    Vielen Dank und liebe Grüße,


    Finn

  • Hey,


    wollte des Thread nochmal nach oben schubsen, da es bis jetzt keine Antworten gab. Hab leider immer noch keine Lösung gefunden (Auch nicht mit der Suchfunktion).


    Grüße,


    Finn

  • Hi Finn !


    Der Motor vom 620Q ist im Grunde kein Drehmomentwunder. Obwohl das in den Prospekten anders dargestellt wird.
    Was ihn gerne zum stolpern bringt, ist verharzendes Öl im kombinierten Teller- / Motorlager. Wenn das klebt, bringt es die Regelung aus dem Tritt und er dreht unkontrolliert. Ist es so verklebt, daß der Motor seine Solldrehzahl nicht in einem bestimmten Zeitabschnitt erreicht, geht der Steuerprozessor in die Fehleranzeige und die beiden LEDs blinken.


    Natürlich sind bei den Geräten auch gern die beiden Hauptelkos durch. Das sind die beiden messingfarbenden "ROE"-Zylinder auf der Hauptplatine. Wenn die im Laufe der Jahre durch chemische Prozesse niederohmig werden, wird die Betriebsspannung instabil und der Prozessor resettet am laufenden Band und / oder der Motor kriegt nicht genug Leistung, um richtig hochzulaufen.
    Sind sie ganz Schrott, hauen sie die beiden "fusible resistors" weg. Das sind RP12, 2.7 Ohm und RP05 1.8 Ohm. Das sind "Sicherungs-Widerstände", die durchbrennen *sollen*, wenn die Leistung über sie zu groß wird. Man muß sie - meistens - durch Standard-Widerstände ersetzen, weil man die originalen Typen als Normalverbraucher praktisch nicht mehr bekommt.


    So.


    Also: erstens mal das Tellerlager überprüfen, *richtig und sorgfältig* reinigen und mit Feinmechaniker-Öl (Nähmaschinen-Öl) neu betanken. Dazu muß der Teller runter, das Chassis angehoben werden und die Halteschrauben vom Motor los. Der Anker mit seiner dicken Magnetscheibe läßt sich dann einfach aus dem Lager herausziehen. Das Lager mit Wattestäbchen und etwas Alkohol spülen und reinigen, schön trocknen und dann mit vier, fünf Tropfen Öl wieder befüllen. Das Wellenende des Ankers auch von Ablagerungen reinigen und alles wieder zusammenbauen. Das Lager ist ein Sackloch, was bedeutet, daß es nach unten geschlossen ist und das darin vorhandene Öl durch die Welle verdrängt und an den Seiten hochgedrückt wird. Das reicht als Dauerschmierung die nächsten paar Jahre.


    Dann: wenn die Kondis schon erneuert wurden, würde ich mir mit einem Ohmmeter mal die beiden Widerstände RP12 und PR05 angucken. Das sind "klassische" Bauformen, nicht dieser SMD-Graupelputz. Die sitzen beide in dem Bereich, der vom Kühlkörper des Regeltransistors umschlossen ist und wo auch die Gleichrichterdioden sitzen. Sollte einer von denen defekt sein, hilft es nix, dann muß man die durch einen 0.5W Metallfilm-Widerstand ersetzen. Dann erfüllen sie zwar die Funktion der Strombegrenzung, aber nicht die Sicherungsfunktion.


    Bitte dabei auch messen, ob die Hauptspannungen da sind.
    Das sind einmal +12V am einen Ende von RP12, +5V am Emitter vom Regeltransistor TP13 (oder an Pin 7 des Controllers) und +20V für den Motor an einem Ende von RP05.


    Sind die Spannungen alle drei da und geht der Prozessor immer noch in den Error mit den beiden blinkenden LEDs und ist sichergestellt, daß in der Mechanik nichts hakt (Teller dreht frei), dann ist die CPU getoastet. Das hatte ich bei meinem 620Q irgendwann mal. Anscheinend ist es mal zu einer Überspannung im +5V-Kreis gekommen und das Ding hat sich die Karten gelegt. Da hatte ich Glück, daß dualfred noch ein passendes Board im Bestand hatte. Weiß' nicht, wie die Situation jetzt aussieht. Der 620Q und der 2225Q teilen sich die gleiche Mechanik und - von der Sache her - auch die gleiche Elektronik. Irgend ein Detail war bei den beiden unterschiedlich.


    .

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

    Einmal editiert, zuletzt von wacholder ()

  • Hallo,


    jepp, der 620Q hat keine Wiederhol-Funktion...


    Auch im Fehlerfreien Zustand dreht der Motor nur mit aufgesetzem Teller, ohne den kommts zu den stakkatohaften Anlaufversuchen.


    Sonst sind die 620/630 eigentlich besser als ihr Ruf. Mit einer 20er Nadel machen die Teilchen schon schön Spaß.


    Peter

    Die Leute blicken immer so verächtlich auf vergangene Zeiten, weil die dies und jenes ›noch‹ nicht besaßen, was wir heute besitzen.
    Es ist nicht nur vieles hinzugekommen. Es ist auch vieles verloren gegangen, im guten und im bösen. Die von damals hatten vieles noch nicht. Aber wir haben vieles nicht mehr.
    (Tucholsky)

  • Wow wacholder,


    vielen Dank für diese ausführliche Antwort! Ich werde mich nochmal um das Motorlager kümmern und im Anschluss mal die Widerstände und Spannungen überprüfen. Bin leider erstmal Unterwegs aber werde alles überprüfen wenn ich wieder da bin.


    Grüße,


    Finn

  • Hi Finn !

    vielen Dank für diese ausführliche Antwort!

    Bitte sehr.
    Ich habe selber noch einen 620Q und finde, daß die Dinger immer etwas schlecht dabei wegkommen. Gut - ich bin auch nicht so der Plastikdreher-Fan, aber nachdem mir ein 728Q in die Fänge geraten ist (wo das Thema vergleichsweise gut gelöst ist) hat sich das etwas nivelliert. Der 620Q ist eine schöne Kiste und kann richtig Spaß machen ... wenn er läuft. Ein "Standgerät" ist immer ziemlich frustrierend. Daher hoffe ich, daß das was bringt und Du die Hütte wieder in Gang kriegst.


    Für weitere Fragen: wir sind - eigentlich & meistens - da. ^^


    .

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

  • dreht er nur noch ruckartig an bleibt stehen und dreht wieder an, die beiden Tasten für 33 1/3 und 45 Umdrehungen blinken.

    Auch im Fehlerfreien Zustand dreht der Motor nur mit aufgesetzem Teller, ohne den kommts zu den stakkatohaften Anlaufversuchen.

    Genau das bitte als erstes prüfen. Per Teller ist so schwer, dass der schwache Motor mit ihm gar nicht ruckartig laufen kann. Vor jeder weiteren Fehlersuche setze den Teller auf und beschreibe dann, was der Motor macht.

    Gruß
    Thechnor

  • Genau das bitte als erstes prüfen. Per Teller ist so schwer, dass der schwache Motor mit ihm gar nicht ruckartig laufen kann.

    ??????? Der Teller wiegt gar nichts. Aber alle Direkttriebler brauchen den als Schwungmasse. Ohne Teller kommt es wie oben geschrieben zu den Ruckartigen Bewegungen des Motors wegen der fehlenden Schwungmasse.


    Der 620Q und der 2225Q teilen sich die gleiche Mechanik und - von der Sache her - auch die gleiche Elektronik. Irgend ein Detail war bei den beiden unterschiedlich.


    .

    Einmal mit und einmal ohne Drehzahlanzeige an der Front. Der 630 hat dann die Anzeige wie der 2225. Demnach fehlt beim 620 der Teil zur Drehzahlanzeige in der Elektronik

  • Hi !

    Einmal mit und einmal ohne Drehzahlanzeige an der Front. Der 630 hat dann die Anzeige wie der 2225. Demnach fehlt beim 620 der Teil zur Drehzahlanzeige in der Elektronik

    Nee.
    620Q und 2225Q sind anzeigenlose Geschwister, 630Q und 2235Q sind die pitchbaren mit dem Display.
    Aber es gab auch noch einen marginalen Unterschied in der Steuerung zwischen den späteren 22-Geschwistern und den 6ern. Weiß aber nicht mehr, was das war.


    .

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

  • Hallo,


    beim 2235 gab es die "Repeat"-Funktion, dafür hatte man Start/Stop auf eine Taste gelegt.



    Peter

    Die Leute blicken immer so verächtlich auf vergangene Zeiten, weil die dies und jenes ›noch‹ nicht besaßen, was wir heute besitzen.
    Es ist nicht nur vieles hinzugekommen. Es ist auch vieles verloren gegangen, im guten und im bösen. Die von damals hatten vieles noch nicht. Aber wir haben vieles nicht mehr.
    (Tucholsky)

  • ??????? Der Teller wiegt gar nichts. Aber alle Direkttriebler brauchen den als Schwungmasse. Ohne Teller kommt es wie oben geschrieben zu den Ruckartigen Bewegungen des Motors wegen der fehlenden Schwungmasse.

    Genauer gesagt die Trägheit des Tellers sorgt dafür, dass selbst wenn der Motor ruckartig antreiben würde, der Teller recht gleichmäßig liefe. Der schwache Motor braucht mehrere Sekunden bis der Teller auf Drehzahl ist und läuft ein wenig nach. Vergleiche die Beschleunigungsfähigkeit des Motors mit einem Reibradlerantrieb.

    Gruß
    Thechnor

  • So, bin nach Prüfungen usw. zum Glück dazu gekommen mich weiter mit dem 620er zu beschäftigen.


    Also, RP05 und RP12 sind beide in Ordnung. Spannung an RP12 ist 11,8 V +-0,1 V und am Emitter (das linke Bein hoffe ich) von TP13 4,95 V an RP05 jedoch liegen ca. 26 V anstatt 20 V an.


    Genau das bitte als erstes prüfen. Per Teller ist so schwer, dass der schwache Motor mit ihm gar nicht ruckartig laufen kann. Vor jeder weiteren Fehlersuche setze den Teller auf und beschreibe dann, was der Motor macht.

    Also das ruckartige Andrehen des Plattenspieler kommt mit Teller und Antirutschunterlage zustande. Es ist jetzt auch nicht sehr ruckartig, aber er dreht zügig an und dann wird dem Motor sofort wieder die Leistung weggenommen und er dreht aus und das Ganze wiederholt sich.


    Also gibt es noch weitere HInweise? Oder wird es tatsächlich die CPU sein? Und wenn kann ich das überprüfen?


    Grüße und nochmal vielen Dank


    Finn

  • Also ich habe mit das Ganze nochmal auf dem Schaltplan angeschaut, wie kann es sein das über RP05 26V anliegen? Dazwischen liegt der Gleichrichter(Alle Dioden nochmal durch gemessen, sind i.O.), RP05 und CP05 (neu, richtig rum eingelötet) sind auch in Ordnung. Somit kann ich mir das nur über den Transformator erklären. Aber was könnte da in der Wicklung kaputt sein? Kann ich den irgendwie Überprüfen?


    Da am Emitter von TP13 5V und an RP12 12V anliegen, scheint der Mittelabgriff in Ordnung zu sein. Kann mir da jemand die Gleichrichtung, Spannungsregelung oder Stromregelung erklären, das geht ja garnicht über den Gleichrichter?


    Grüße Finn

  • Hi Finn !

    Da am Emitter von TP13 5V und an RP12 12V anliegen, scheint der Mittelabgriff in Ordnung zu sein. Kann mir da jemand die Gleichrichtung, Spannungsregelung oder Stromregelung erklären, das geht ja garnicht über den Gleichrichter?

    Der negative Anschluß des aus den vier Einzeldioden bestehenden Brückengleichrichters ist an Masse gekoppelt, die das Bezugspotential der Schaltung bilden. Daran liegt auch die negative Seite des Siebelkos CP10.
    Wenn die Stromrichtung im Trafo über DP01 bzw DP03 zum Mittelabgriff hin positiv ist, ist sie an der Masse um den gleichen Nennwert negativ. Daraus ergibt sich über die gegen Masse liegenden Dioden eine Einweggleichrichtung gegenüber CP10.


    Die Wechselspannung der äußeren Trafoenden müßte so um 15V betragen, damit hinter RP05 und CP05 +20V am Motor ankommen.
    Damit ergibt sich eine Nennspannung von 7 - 8VAC für den Mittelabgriff. Über die Dioden DP01 und DP03 gleichgerichtet kommt man etwa auf +12V raus. Der Wert ist aber unkritisch, da damit bei den "Display-Modellen" 630Q und 2235 die Drehzahlanzeige betrieben wird. Dahinter liegt dann halt noch die Regelung mit TP13, dessen Basis durch die Z-Diode DP16 auf 5.6V gehalten wird. Minus der Basis-Emitter-Spannung liegen am Emitter danach rund 5V an, die für CPU und Steuerlogik verwendet werden.


    Okay soweit ?

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

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