Dual 1249 läuft manchmal zu schnell

  • Hallo zusammen,


    mein 1249 dreht ab und an viel zu schnell, aber eben nur manchmal.
    Es verhält sich dann folgendermaßen:


    - Strom an
    - Platte starten
    - Platte läuft ca. doppelt so schnell
    - Platte stoppen
    - Platte starten
    - Platte läuft normal


    Meist tritt es morgens auf, nachdem der Plattenspieler über Nacht vom Strom getrennt war.


    In US-Foren wird berichtet, dass der Motor SM 840, der bei mir eingebaut ist, die 110V mit 60Hz nicht verträgt und irgendwann ein Pol den Geist aufgibt.
    Die Symptombeschreibung passt exakt zu meinem Fehler, allerdings wohne ich in Deutschland.
    "DUAL 1249 motor ? problem"


    Die Geschwindigkeit ist auf 33 1/3 eingestellt, Strobo zeigt im Normalfall die korrekte Geschwindigkeit an. Der Riemen sitzt korrekt.


    Kennt jemand das Problem?


    Danke!


    Timo.

    Einmal editiert, zuletzt von grinni ()

  • Hi !

    In US-Foren wird berichtet, dass der Motor SM 840, der bei mir eingebaut ist, die 110V mit 60Hz nicht verträgt und irgendwann ein Pol den Geist aufgibt.

    Es gibt nicht ein Pol den Geist auf.


    Ein Teil des Problems ist, daß der Motor ein Hybrid zwischen Asynchron- und Synchronmotor ist. Er ist im Kern ein Asynchronmotor, damit er schnell und mit Drehmoment anläuft und hat eine dicke Magnetscheibe oben auf den Rotor geklebt bekommen, damit er sich nach dem Anlaufen in das magnetische Drehfeld einfügt und sich wie ein Synchronmotor verhält.


    Der SM840 hat dieses "doublespeed"-Verhalten eigentlich nur im 60Hz-Netz in den USA gezeigt, dort aber relativ oft, also darf man davon ausgehen, daß der Motor typisch aufgrund seines Aufbaus ein grundsätzliches Problem hat, was sich stärker auswirkt, wenn er mit schnellerer Wechselspannung betrieben wird.


    Für das Miß-Verhalten gibt es anscheinend mehrere Ursachen. Einmal kann es sein, daß sich die Magnetscheibe gelöst hat und nicht mehr fest auf dem Anker sitzt. Je nachdem, wie sie dabei zum Liegen kommt, heben sich die Polwirkungen zwischen dem (asynchronen) Anker und dem Magneten auf. Der Motor "verliert" die Hälfte der wirksamen Polpaare und dreht daher doppelt so schnell.


    Die Drehzahlformel ist
    (Frequenz der Speisespannung x 60s) / Anzahl der Polpaare


    Der SM840 ist ein Achtpolmotor: 50Hz x 60s / 4 Polpaare = 750 u/min.


    Die zweite mögliche Ursache ist eine höhere Anker-Zuglast, verursacht durch schwergängige Lager am Motor und am Tellerlager. Ein reiner Synchronmotor würde unter zu großer Last einfach mit zitterndem Anker stehenbleiben, ein Asynchronmotor gewinnt sein Drehmoment aus dem Versatz zwischen Polarität des Drehfeldes im Stator und der Polaritätsverläufe entlang der eingegossenen Nuten im Anker. Der Anker hängt im Drehwinkel (und in der Drehzahl) immer etwas hinter dem Statorfeld hinterher. Der 840 scheint im Vergleich zum Nachfolger 860 nicht so ausgeprägte Nuten im Statorfeld zu haben, was zwar für einen ruhigeren, ausgeglicheneren Lauf sorgt, wo aber die Polpaare nicht so deutlich gegeneinander abgegrenzt sind. Für den Anker kann das bedeuten, daß er die Polaritäten des Statorfeldes wie bei einem Vierpolmotor "wahrnimmt", wenn eine bestimmte Zuglast überschritten wird, weil einfach das Timing von Magnetisierung, Anziehung und Umkehr der Magnetisierung nicht mehr paßt. Dann läuft der Motor als Vierpolmotor.


    Dafür spricht, daß dieser Fall überwiegend bei kaltem Motor und z.B. Automatikstart verstärkt auftritt und daß sich der Motor anscheinend "erholt", wenn man ihn kurz abschaltet und neu startet. Da das Gerät ja anscheinend längere Zeit ohne Probleme gelaufen haben muß, gehe ich davon aus, daß eine Motorwartung mit Reinigung und Schmierung der Lager sowie eine Wartung des Tellerlagers das Problem erstmal wieder behebt. Es gibt an dem Teil keine Elektronik, die eine Drehzahlkontrolle ausübt und an der Bauteile altern könnten. Der Motor läuft richtig - oder nicht. Wenn jetzt auf einmal nicht mehr, ist das höchstwahrscheinlich eine Auswirkung der Alterungs- / Austrocknungs-Erscheinungen in dessen Umfeld und an der Motormechanik selber.


    .

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

  • Peter, ich bin jedesmal aufs Neue von Deinem Sachverstand und Wissen begeistert! Unfassbar!
    Und vor allem so erklärt, dass selbst ich als völliger Elektriktrottel das verstehe. :thumbup:

    Gruß,
    Kai
    ___________________________________________________________


    Dreher im Bestand: 701 (1. Serie), 704, 1019 (NOS), 1218, 1219, 1229 (Wega 3430), 1249 - Elac Miraphon 22H, Elac PC 900 - Braun PS 500 - Metz TX 4963 - Thorens TD 320 Mk I - B&O Beogram 1200, PE 33 Studio


    Erfahrung steigt proportional zum Wert des zerstörten Gegenstandes.

  • Hi Kai !

    Peter, ich bin jedesmal aufs Neue von Deinem Sachverstand und Wissen begeistert! Unfassbar!

    Danke, danke.
    Allerdings weiß ich nicht, ob ich damit wirklich 100% richtig liege. Das Design von Elektromotoren und das Umrunden der darin enthaltenen kleinen Fallgruben und Matschlöcher ist eine Ingenieurswissenschaft und da ich sowas nie studiert habe, wird es sicher noch eine Menge Nebenaspekte geben. Ich bin von meinem Wissen her mehr so der Allgemeinmediziner und um die Probleme mit dem SM840 im Detail zu durchschauen, bräuchte man schon einen Spezialisten.


    .

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

  • Wow, das ist mal eine klasse Antwort. Vielen Dank dafür, dann habe ich schon mal einen Anhaltspunkt.



    Heutiges Verhalten:
    - Strom an
    - Platte gestartet mit 33/min
    - Platte läuft mit 48/min (gemessen mit RPM-App)
    - Platte auf 45/min gestelt, läuft mit 46/min
    - Platte auf 33/min gestellt, läuft mit 33/min



    Morgen starte ich mal direkt mit 45/min



    Und ja, das Verhalten tritt erst seit ca 1 - 2 Wochen auf.

  • An der Geschwindigkeitsumschaltung kann es m.E. nicht liegen, da ja der Motor immer mit komstanter Geschwindigkeit dreht (Synchronmotor) und lediglich der Riemen auf dem Pulley umgeworfen wird.

    Gruß,
    Kai
    ___________________________________________________________


    Dreher im Bestand: 701 (1. Serie), 704, 1019 (NOS), 1218, 1219, 1229 (Wega 3430), 1249 - Elac Miraphon 22H, Elac PC 900 - Braun PS 500 - Metz TX 4963 - Thorens TD 320 Mk I - B&O Beogram 1200, PE 33 Studio


    Erfahrung steigt proportional zum Wert des zerstörten Gegenstandes.

  • Ich tippe auf den Riemen. Hatte das identische Problem mit dem 510.
    Die Riemenlänge von Thakker zum Original ist unterschiedlich.
    Nachdem ich den Originalriemen reanimiert habe, hält der 510 wieder seine Geschwindigkeit.


    Gruß
    Lukas

  • Ich habe gestern das Motorlager abgeschraubt und geölt, heute morgen hatte ich beim Test mit 45/min nur wenig Erfolg, da der Riemen sich nicht umstellen wollte und zwischen 33 und 45 blieb. Bei der Verstellung fehlt ein Hauch nach unten.


    boozeman1001: Das denke ich mir auch, ich will nur schauen, ob ich irgendetwas daraus ableiten kann.


    file_walker: Interessante Theorie. Ohne tiefer drüber nachzudenken, würde ich darauf tippen, dass die Platte dann langsamer drehen müsste.
    Ist der Riemen zu kurz, dann sitzt er zu stramm, der Motor müsste dann etwas langsamer drehen.
    Ist der Riemen zu lang, dann sitzt er zu locker, rutscht durch und auch dann dreht die Platte zu langsam.
    Bei unterschiedlicher Oberflächenbeschaffenheit sollte die Platte auch nicht schneller drehen.
    Oder begehe ich einen Denkfehler?


    Es ist in der Tat ein Riemen von Thakker montiert. Den alten Riemen habe ich noch, der ist auch noch halbwegs in Ordnung. Ich werde weiter testen und euch auf dem Laufenden halten.

  • Hallo,


    Den alten Riemen habe ich noch, der ist auch noch halbwegs in Ordnung. Ich werde weiter testen und euch auf dem Laufenden halten.


    Auch wenn viele hier gleich wieder aufschreien werden, weil es ja nicht funktionieren kann. Probiere es einfach mal aus: Den alten Riemen einfach mal in einen Topf mit kochendem Wasser werfen und 10 Minuten kochen lassen. Dann entnehmen und abkühlen lassen.


    Den alten Riemen baust Du dann mal zur Probe ein. Sollte das Problem dann nicht mehr vorhanden sein, oder es hat sich verändert, liegt es ganz klar am Riemen. ;)

    ---------------------------
    MFG: Maico


    ... Die Musik entsteht durch die Pausen zwischen den Noten ...

  • Moin Maico!


    Mal nur zur Sicherheit -auch für Timo- die Nachfrage.
    Habe den Tipp ja selber noch nicht ausprobiert, aber hieß es nicht (meine evtl. Wacholder schrieb dies immer!?) , dass man dann den Riemen im Wasser lassen soll bis der ganze Topf sich abgekühlt hat!?


    :/ Oder verwechsel ich das mit dem Kochen eines Reibrades :?::/

    Mit Gruß Dietmar M. aus W.

    Höre Musik (Stand September 2022) unten im kleinen Musikzimmer mit:
    Dual 731Q -Tonarm-Umbau + Goldring G1020 - Dual 731Q + AT VM95 ML - Technics SL-7+ EPC-P 202C - Kenwood KD-5100 + Yamaha MC 9 oder über:
    18er Spulen mit AKAI GX-270D oder CD über Yamaha CDX-590 oder MC über Yamaha KX-480 oder PC mit einer Creative SB X-Fi
    mittels
    Yamaha RX-570 mit Dynaudio Contour I MK II und/oder ACOUSTIC ENERGY AEGIS Model 1

  • Hi !

    Oder verwechsel ich das mit dem Kochen eines Reibrades

    Beim Reibradkochen braucht es mehr Zeit und Durchwärmung und eine langsame, kontrollierte Abkühlung, damit sich die Beulen und Dellen eventuell entspannen und zurückformen können.


    Beim Riemenkochen geht es eigentlich um was ähnliches, aber da wird nur die Struktur des müden Materials wieder etwas gestrafft, da kann man das schon früher aus der Suppe ziehen, sollte sich nur nicht die Finger verbrennen ... ^^

    Peter aus dem Lipperland


    Solo mio, vendro unscrupuloso, custombres sansaclu.

  • Es ist gerade mal ein Jahr her, seit ich dieses Thema geschrieben habe, also dachte ich, ich melde mich mal wieder und berichte.


    Leider hatte ich in dem Jahr immer mal wieder Probleme mit der Geschwindigkeit, aber nahezu keine Zeit, mich darum zu kümmern.
    Nun hatte ich vor kurzem ein paar Minuten Zeit und vor allem die Muße, also habe ich das alte Thema wieder hervorgekramt und durchgelesen.
    Da ich gerne auf Nummer sicher gehe, habe ich den originalen Riemen aufbewahrt, als ich ihn gegen einen neuen von Thakker ausgetauscht habe. Gesagt, getan. Riemen wieder ausgetauscht und nun läuft er seit drei Tagen ohne Probleme. In der Zeit hat der Plattenspieler sonst mehrfach die falsche Geschwindigkeit an den Tag gelegt.
    Im Vergleich sieht man, dass der RIemen von Thakker in der Tat zu lang ist, obwohl ich ihn exakt für dieses Modell bestellt habe. Sollte das Problem nun behoben sein, dann kann ich nur dringend von genau diesem Riemen abraten.

  • Das Problem ist tatsächlich gelöst: Es war der Riemen von Thakker, der schlicht und ergreifend zu lang ist. Unglaublich!
    Ein riesiges Dankeschön an file_walker!!

    Einmal editiert, zuletzt von grinni ()

  • Ich hng mich mal hier hinten dran.


    Mein Dreher läuft auch viel zu schnell.

    Für das Miß-Verhalten gibt es anscheinend mehrere Ursachen. Einmal kann es sein, daß sich die Magnetscheibe gelöst hat und nicht mehr fest auf dem Anker sitzt. Je nachdem, wie sie dabei zum Liegen kommt, heben sich die Polwirkungen zwischen dem (asynchronen) Anker und dem Magneten auf. Der Motor "verliert" die Hälfte der wirksamen Polpaare und dreht daher doppelt so schnell.

    .

    Ich habe bei meinem 1249 festgestellt das die Magnetscheibe lose ist.

    Frage: Ist ( war ) die geklebt oder wie ist die "befestigt" ??

    Gruß

    Volker

  • Hallo Volker,


    die Magnete sind /wurden geklebt.

    Ich hatte das bei meinem 601 auch und habe den Magneten mit Sekundenkleber wieder verklebt.

    Das war vor 6 oder 7 Jahren. Bis jetzt läuft der Motor damit noch.

    Der muss beim einkleben wieder gut zentriert werden, ist aber nicht schwer.

    Man kann an den alten Kleberresten gut sehen, wo der Ringmagnet mal gesessen hat.

    Die lassen sich gut mit z.B. einem Teppichmesser abkratzen (beidseitig), damit der neue Kleber gut halten kann.

    Danach am besten noch mit Isoprpanol oder ähnlichem reinigen.

    Am besten geht es mit 2K-Sekundenkleber. Da ist dann ein Kleber und ein Härter im Set mit dabei.

    Der Vorteil ist, dass wenn man den Kleber auf die Fläche aufgetragen hat, noch viel Zeit hat, um das Bauteil auszurichten.

    Wenn es gut ausgerichtet ist, den Härter aufsprühen. Dann erst klebt das Bauteil fest an.

    Hier ist z.B. so ein Kleberset:

    bolek-shop.de/magazin/sekundenkleber

    Gruß
    Sadik



    „If you want to find the secrets of the Universe, think in terms of Energy, Frequency and Vibration.“

    Nikola Tesla

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