Quadrophonie

  • Hi,
    bei den Dual Drehern gibt es ja den Bereich CD4 beim Antiskating.
    Soweit ich weiß, steht ist diese Funktion für Platten mit 4 Kanälen.


    Was bringen einem jedoch 4 Kanäle, wenn der Dreher nur 2 Ausgänge hat?

  • Wenn ich das richtig verstanden habe, braucht man einen Dekoder.
    Das System hat sich nie wirklich durchgesetzt, oder?

  • Ja, man braucht einen Decoder. Und einen speziellen Tonabnehmer. Und einen Vierkanalverstärker. Und vier Klangstrahler.


    Und nein, es hat sich nie wirklich durchgesetzt.
    Weil (kurz gesagt): Es mehrere verschiedene Standards gab (plus "Quasiquadrophonie", bei der einfach die Differenz der beiden Stereokanäle seitenverkehrt nach hinten geschickt wurde), dadurch die Sache doch sehr unüberschaubar wurde, es für die einzelnen untereinander nicht kompatiblen Standards nur eine sehr begrenzte Anzahl an Tonträgern gab, Quadrophonie für Radioempfang (sollte nicht unterschätzt werden der Aspekt) technisch nur sehr schwer zu realisieren war (es sei denn, man hätte zwei Tuner benutzt) usw.


    Außerdem kann Quadrophonie, so genial der Gedanke auch ist, praktisch kaum funktionieren. Es scheitert ganz einfach an der Bauform des menschlichen Ohres. Die Ohrmuscheln sind, wie man unschwer im Spiegel erkennt, nach vorne geneigt (beim einen mehr, beim andern weniger). Wenn ich also Klangstrahler hinter mir als Hörendem positioniere, kommt von den hinteren beiden Kanälen nicht das an, was man erwarten sollte. Klang zwar, aber nicht gerade in perfekter Qualität.
    Wenn überhaupt also, dann müßte man die beiden hinteren Klangstrahler links und rechts vom Hörenden aufbauen.


    Ich sehe Quadrophonie als reine Demonstration dessen an, was damals technisch machbar war. Sicher, wenn ich eine komplette Quadro-Anlage besäße (wozu es kaum kommen wird), würde ich auch damit angeben :D Aber ja, technische Spielerei halt.


    Gleiches gilt für Dolby-Surround, sei es jetzt 5.1, 7.1 oder 63667.1... Wobei der Dolby-Standard für Filme entwickelt wurde, meines Wissens nach erstmal bei Krieg der Sterne eingesetzt, und da auch seine Berechtigung hat. Geräusche sind eben wesentlich unkomplizierter als hochfidele Musik.


    Für Otto Normalhörer gilt: Stereo ist auch schon was sehr feines. :)


    Grüßle, Tobi


    P.S.: Bevor einer den Teppichklopfer rausholt: Das ist meine persönliche Meinung (bis auf den Teil, daß es praktisch nicht funktionieren kann) und erhebt keinen Anspruch auf vollständige Unanzweifelbarkeit ;)

    Wer fragt, ist für einen Moment der Dumme. Wer nicht fragt - sein ganzes Leben. [Wega 3202L mit 1210/1218][701][530][610Q][CL 16][C 816][C 901][CV 1200][CT 1240][PE2001]

  • Außerdem kann Quadrophonie, so genial der Gedanke auch ist, praktisch kaum funktionieren. Es scheitert ganz einfach an der Bauform des menschlichen Ohres.

    Das stimmt m.W. nicht. Quadrofonie sollte ja kein Rundherumspektakel (wie Dolby-Surround) wiedergeben - sondern einfach zum 2-dimensionalen Stereo die 3. Raumdimension hinzufügen. Also zB. bei einem Orchesterkonzert die Schallreflexionen des Konzertsaales. Also nicht, dass man akustisch mitten im Orchester sitzt - sondern im Wohnzimmer durch 4 Lautsprecher das Klangerlebnis im Konzertsaal dargeboten wird. (Und im Konzertsaal hat man ja auch dieselben Ohren :D .)


    Gescheitert ist es sicher - neben der Tonträgerfrage - auch an 2 ganz banalen Gründen :


    Es war nicht massentauglich, weil es zu teuer wurde : zB. noch 2 Boxen, teurere Verstärker mit 4 Endstufen, neue Tonbandgeräte, wesentlich teurere und feinere Nadelschliffe (deswegen auch die spezielle Anti-Skating-Skala). Und : weil die meisten Zimmer dafür nicht geeignet sind. Es ist ja oft schon nicht so leicht, Stereo-Boxen halbwegs sinnvoll zu plazieren. Auch stimmt der Höreindruck genau genommen nur auf einem Punkt im Zimmer. Also : sehr viel Aufwand für eine relativ geringe Verbesserung des Klangerlebnisses.


    Die Pseudo-Quadrophonie hatte dem gegenüber einen wesentlichen Vorteil : man konnte damit alle bisherigen Stereo-Tonquellen und Tonträger beibehalten und "aufblasen". Pseudo-Quadrophonie war damals auch bei billigeren Anlagen häufig - weil es mit einfachen und billigen Schaltungen hergestellt werden konnte.


    Das endgültige Aus kam dann mit Dolby-Surround und den digitalen Tonträgern.


    Albert

    Grüße,
    Albert


    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


    If I'm writing nonsense - simply forget it :whistling:

  • Fuer die Pseudo-Quadrofonie benoetigt man nicht mal Elektronik, sondern nur ein paar Meter Kabel und zwei zusaetzliche Lautsprecher (die nicht mal hochwertig sein muessen). Wem es interessiert, kann es ja mal probieren ...


    Man(n) verbinde die Pluspole der Lautsprecherausgaenge am Verstaerker (entweder den Stift bei DIN-Steckverbindungen oder die rote Schraubklemme) mit den Pluspolen der hinteren Lautsprecher (vorzugsweise mit einer zweiadrigen Lautsprecherleitung); die beiden Minuspole der hinteren Lautsprecher werden mit einer weiteren (auch einadrigen) Leitung verbunden. Die beiden Minuspole am Verstaerker bleiben frei.


    Genauso sind auch die rueckwaertigen Lautsprecher meines Fernsehers an seiner Endstufe (Dolby Surround ProLogic) "verdrahtet".


    Noch ein Hinweis: Bei 4Ohm Lautsprechern verringert sich die Impedanz aufgrund der Parallelschaltung auf etwa 2.7Ohm, was zu einer hoeheren Belastung der Endstufe fuehrt!


    Viel Spass, Stefan

  • Hallo Stefan,


    Danke für den Tipp. Parallelschaltungen mache ich aber GRUNDSÄTZLICH nicht - da verstehe ich zu wenig von Elektronik, um ausschließen zu können, dass der Verstärker abraucht.Und : bei Deiner Schaltung sind die hinteren Lautsprecher nicht regelbar - wie sie es zB. beim MV61 sind. (Ich will ja nicht 4 LS hören - sondern der Klang aus den vorderen LS soll räumlicher klingen.)


    Albert

    Grüße,
    Albert


    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


    If I'm writing nonsense - simply forget it :whistling:

  • Albert,


    bei geringen Lautstaerken (sprich "Zimmerlautstaerke") sollten die 2.7Ohm kein Problem fuer eine Endstufe sein; sie wird ja nicht im Kurzschluss betrieben! Ausserdem faehrt man Quadrofonie generell bei geringerer Lautstaerke.


    Uebrigens filterst Du mit dieser "Schaltung" das Differenzsignal aus rechtem und linkem Kanal heraus, was zu gesteigerter Raeumlichkeit fuehrt!


    Stefan

  • Hallo,


    die Quadroplatten für Matrixdecoder kann man auf Surroundanlagen abspielen. Ich habe so eine Demoplatte von 73 und die Musik kommt sinnvoll verteilt aus den Lautsprechern. Allerdings wird Heinos "Blau blüht der Enzian" auch in Quadro nicht wirklich besser.
    Ich habe mal die Beschreibung der Platte angefügt. Am besten in voller Auflösung betrachten.


    Gruß
    Thechnor

  • Das stimmt m.W. nicht. Quadrofonie sollte ja kein Rundherumspektakel (wie Dolby-Surround) wiedergeben - sondern einfach zum 2-dimensionalen Stereo die 3. Raumdimension hinzufügen. Also zB. bei einem Orchesterkonzert die Schallreflexionen des Konzertsaales. Also nicht, dass man akustisch mitten im Orchester sitzt - sondern im Wohnzimmer durch 4 Lautsprecher das Klangerlebnis im Konzertsaal dargeboten wird. (Und im Konzertsaal hat man ja auch dieselben Ohren :D .)

    Bei Orchestermusik und anderen Konzertmitschnitten laß' ich das Argument gelten. Was mach ich jetzt aber bei im Studio aufgenommener Rockmusik? ?(
    Ich meine, mich an ein Bild aus irgendeinem HiFi-Prospekt zu erinnern, auf dem tatsächlich ein Mann eine Band im Wohnzimmer verteilt stehen hatte und genüßlich lauschte8):D
    Leider weiß ich nicht mehr, welcher Hersteller das war. Zeitlich eingrenzen läßt es sich allerdings, vielleicht finde ich es ja irgendwo.


    Grüßle, Tobi

    Wer fragt, ist für einen Moment der Dumme. Wer nicht fragt - sein ganzes Leben. [Wega 3202L mit 1210/1218][701][530][610Q][CL 16][C 816][C 901][CV 1200][CT 1240][PE2001]

  • Ich meine, mich an ein Bild aus irgendeinem HiFi-Prospekt zu erinnern, auf dem tatsächlich ein Mann eine Band im Wohnzimmer verteilt stehen hatte und genüßlich lauschte

    Ich kenne so eine Werbung - aber die war für "Kunstkopf-Stereoaufnahmen", die mit Kopfhörer abgehört wurden. (Was natürlich nicht ausschließt, dass so auch Quadrophonie beworben worden ist.)

    Grüße,
    Albert


    ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


    If I'm writing nonsense - simply forget it :whistling:

  • ... erstmal etwas zu Theorie und Praxis - sogar auf Wikipedia gibt es Spezialisten, die lange und breite theoretische Abhandlungen geschrieben haben, um zu belegen, dass Quadro nicht funktionieren kann - scheinbar haben diese Leute nie richtiges Quadro gehört, in der Praxis funktioniert es nämlich ganz ausgezeichnet.


    In den siebzigern gab es zahlreiche Quadro-Verfahren, halbwegs durchgesetzt haben sich drei Verfahren:


    a) das volldiskrete Verfahren, funktioniert nur mit vier- oder achtspurigen Bandgeräten. Die amerikanische 8-Track-Cassette ist für Quadro entwickelt worden, Ford Amerika baute in verschiedene Autos sogar quadrofone 8-Track-Anlagen ein. Für das System gab es in Amerika zahlreiche fertig bespielten Quadro-Bänder. Daneben gab es noch Spulenbänder ( die man auch bespielt kaufen konnte ), und Versuche mit der normalen Compact Cassette. Philips machte aber die Freigabe der Cassette davon abhängig, dass die Lösung voll stereokompatibel sein muss. Technisch hätte dies bedeutet, dass man auf dem Cassettenband 8 Spuren hätte unterbringen müssen, was in den frühen siebzigern noch nicht zufriedenstellend zu lösen ging. Es gab auch einige herstellerspezifischen Versuche mit vierspurig bespielten Cassetten, das C901 von Dual ist z.B. in weiten Teilen für Quadro vorbereitet.


    b) das SQ-Verfahren - es ist das weltweit am weitesten verbreitete Quadro-Verfahren. Günstig für die Verbreitung war die vollständige Stereokompatibilität - bis auf einen einfachen Decoder und die zusätzlichen Verstärker / Lautsprecher reichte normales Stereoequipment aus. SQ ist ein mathematisches Verfahren, die vier Kanäle sind so auf einer Matrix angeordnet, dass sie in zwei Kanälen abgebildet werden können. Der Decoder leitet die beiden Kanäle unverändert an die Frontkanäle, und " errechnet " die hinteren Kanäle. Mit SQ kamen alle zweikanaligen Medien zurecht, selbst Rundfunksendungen über FM-Stereo waren möglich. SQ ist der technische Vorläufer von analogem Dolby Surround.
    Viele Quadrogeräte haben den SQ-Decoder eingebaut. Von Dual sind das CDV60, CV240, CR120 und die Kompaktanlage KA460. Ab etwa Baujahr 1973/74 haben alle Dual-CV/HS oder KA eine Quadrobuchse, an diese konnte der CDV60 angeschlossen werden, um aus einem Stereogerät ein vollwertiges Quadrogerät zu machen.


    c) das CD4-Verfahren - hier kommt jetzt die CD4-Skala an den Plattenspielern zum Tragen. CD4 wurde von JVC entwickelt, und hatte sich in Japan und den USA relativ weit verbreitet. In Deutschland war es etwas für Spezialisten, wenn man sich heute mit CD4 beschäftigen möchte, muss man sich vor allem Schallplatten aus Japan und den USA importieren, weil es hier fast nichts gibt. Qualitativ war CD4 für Schallplatten die Quadro-Königsklasse. Vor allem die Kanaltrennung vorne / hinten erreichte fast das Niveau der diskreten Verfahren. Besonders komplexe Musik, wie Sinfonieorchester profitieren von der räumlichen Auffächerung. Trotzdem hat CD4 nichts effekthascherisches - die Musik spielt vor dem Hörer, und wird nur dreidimensional aufgefächert.
    CD4 funktioniert ähnlich wie der Stereo-Rundfunk. Die Frontkanäle erhalten unhörbare Hilfsträger im Ultraschallbereich, auf denen die Rear-Kanäle aufmoduliert sind. So wie bei UKW mit diesem Verfahren aus einem Kanal zwei gemacht werden, werden bei der Schallplatte aus zwei Kanälen vier.
    Zum quadrofonen Abspielen von CD4-Platten sind Abtaster erforderlich, die bis zu 50kHz abtasten können. CD4-taugliche Systeme besitzen hierfür eine besondere Nadel, die Shibata-Nadel. Auch der van den Hul-Schliff funktioniert. CD4-Systeme tasten auch Stereoplatten sehr detailreich ab, aus diesem Grunde findet man bis heute im gehobenen Abtaster-Segment Shibata Nadeln. Baut man heute eine Shibata oder van den Hul Nadel in einen Dual-Dreher ein, muss man für das Antiskating die CD4-Skala benutzen, auch wenn man kein Quadro damit hören will.
    CD4-Decoder ( die eigentlich Demodulatoren sind ) waren nur selten in Geräte integriert - bei Dual hieß der Decoder CD40, und enthielt eine JVC-Platine.
    Plattenspieler, die ab Werk mit einem CD4-Abtaster ausgestattet waren, gab es von Dual nur einen - den 1229Q, einem 1229 Laufwerk mit 601 Tonarm und Shure Abtaster mit Shibata-Nadel. Zum Nachrüsten gab es mehrere Abtaster, der am weitesten verbreitete ist sicher das DMS410, das vom DMS210 abgeleitet ist.


    Quadro ist an mehreren Dingen gescheitert - die wesentlichsten Gründe sind:


    - die Hersteller konnten sich auf kein gemeinsames System einigen
    - der technische Aufwand für den Benutzer war zu hoch
    - Quadro fiel in eine Zeit, wo sich viele Menschen gerade erst für viel Geld eine Stereoanlage angeschafft hatten, und wenig Lust hatten, schon wieder viel Geld in Neugeräte zu investieren.


    Der heutige Reiz einer alten Quadroanlage liegt u.a. darin, dass man sie mit geringen Modifikationen als Surround-Anlage benutzen kann. Quadrogeräte sind aufgrund ihres kleinen Liebhaberkreises immer noch relativ billig zu haben, sie werden aber langsam selten.


    Gruß Frank

    Einmal editiert, zuletzt von fnerstheimer ()

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!
Nach der Registrierung können Sie aktiv am Forenleben teilnehmen und erhalten Zugriff auf weitere Bereiche des Forums.