Hallo,
ich hoffe, das Thema langweilt nicht, doch ich könnte mir vorstellen, dass es nicht nur mir so geht und einige, die einen alten Dreher mit einem 91er bzw. 101er bzw. 103er Shure System erhalten haben überlegen, ob sie nochmal Geld in ein V15 investieren sollen, weil es so sehr gelobt wird. Daher dachte ich, dem dieser Gedankengang nicht fremd ist und der V15 Verführung erlegen ist, ein paar Gedanken dazu aufzuschreiben. Natürlich ist das alles subjektiv, ich versuche trotzdem, meinen Höreindruck ehrlich wiederzugeben:
Vorgeschichte: lange Zeit hatte ich einen Technics PS mit einem P30 System aus den 80ern. Daran hat mich das üble Gezischel bei einigen Pressungen extrem gestört. Außerdem ist das Gerät, wenn es auch technisch gut ist mit Direktantrieb, haptisch nicht sonderlich ansprechend. Daher bin ich beim Dual 1219 gelandet, verbaut war ein Shure DM 103 ohne Nadel.
Weil über die Nachbaunadeln nicht viele gute Worte gelassen werden orderte ich bei LP Gear eine original Shure Nadel für das System aus neuer Produktion (Mexiko!), das kostete $34,95 plus Versand, ich glaube, es waren letztlich etwas mehr als 30 Euro insgesamt. Die Nadel ist ziemlich schrottig, soviel vorweg dazu, das Cantilever steht zu steil, ist 2mm zu lang und ob der Schliff gut ist....? Man weiß es nicht. Jedenfalls war das Zischeln im Vergleich zum Technics schon besser aber immer noch deutlich hörbar. Am System selbst gefällt mir nach wie vor der "Druck" im Bassbereich und die im großen und ganzen ziemlich natürliche, "warme" Wiedergabe, ohne "belegt" oder dumpf zu klingen. Das Technics System klang da schon kälter, weniger basslastig. Was mir nicht gefällt ist die relativ schlechte Hochtonauflösung und insgesamt mangelt es meiner Meinung nach diesem System ein bisschen an Detailreichtum (aber nur ein bisschen). Wenn man nun nichts anderes kennt oder seinerzeit von einem Kristallsystem darauf umgestiegen war, dann ist es sicherlich immer noch sehr gut.
Wieauchimmer, für rd. 40 Euro bekam ich ein V15 III im Dual TK, allerdings mit defekter Nadel. Bestellt habe ich dann eine Jico SAS und... was soll ich sagen? Es klingt einfach gut. Beim ersten Hören hat es mir ein breites Grinsen auf's Gesicht gezaubert, ich war erstaunt, was sich aus einigen Platten heraushören lässt. Da wird auf einmal ziemlich plastisch eine leise Flöte im Hintergrund hörbar, ein Glöckchen oder das Luftholen der Sängerin. Den Klang kann man guten Gewissens als "analytisch" bezeichnen, allerdings nicht als kalt. Das V15 verbindet den "Wumms" der anderen Shures im Bassbereich mit einer feinen, detailreichen Höhenauflösung, sodass sich insgesamt ein sehr plastisches Klangbild ergibt. Stereo par excellence.
Allerdings, und das muss man bedenken, ergibt sich meiner Meinung nach eine echte Qualitätssteigerung, die den Mehrpreis wert ist, nur bei richtig guten Pressungen. Erst mit dem V15 ist mir aufgefallen, dass die meisten meiner (neuen) Platten eigentlich recht flach klingen, das "kalte Schauer-Feeling" kommt damit nicht auf. Flache, leicht verwaschene Stimmen, schlecht abgemischte Instrumente, ggf. noch eine leichte Exzentrik bei der Pressung.... da kann auch das V15 nichts machen. Aber es gibt einem das gute Gefühl, (fast) alles aus der Platte zu holen, was möglich ist. Zu erwähnen ist auch noch die "Rauschunterdrückung" bei schlechten/verschlissenen Pressungen. Das ist schon merkwürdig: auf der einen Seite tastet das System sehr genau ab, auf der anderen Seite wird das Grundrauschen und "Schnarren" bei sehr oft gespielten Platten meiner Meinung nach wirksam unterdrückt.
Und dann lag im Umschlag noch eine "normale" elliptische Nachbaunadel für's DM 103, die für $29, einfach weil ich wissen wollte, wie gut die einfachen Jicos sind und wie sie im Vergleich zur mangelhaften Mexiko Shure klingt. Das Ergebnis hat mich überrascht: da war praktisch kein Unterschied zwischen den beiden Nadeln am 103 zu hören, vielleicht ist die Mexiko-Shure doch nicht so schlecht und das System irgendwann an seine Grenzen gekommen, was die Auflösung betrifft? Also, vermutlich lohnt sich der Griff zur SAS schon, es wäre interessant, ob jemand über das 103 etwas sagen kann, wenn eine SAS dran spielt.
Zusammengefasst: das DM 103 (incl. seiner Derivate) ist ein gutes System, das für die meisten Zwecke mit einer guten Nadel bestückt ausreichend ist, zumal es auch recht laut aufspielt. Das V15 ist in allen Bereichen besser, es löst (eine gute Pressung vorausgesetzt) feiner, detailreicher auf ohne beim Bass Kompromisse zu machen. Allerdings, wenn ich mir beide Systeme im Vergleich über normale (Elac) Regallautsprecher anhöre, finde ich den Unterschied schon gar nicht mehr so groß, es fällt besonders beim Hören mit Kopfhörer auf. Im Nachhinein bereue ich die Investition nicht, ob man für die Kombination V15 mit Jico SAS rd. 100 Euro (oder mehr) ausgibt muss letztlich jeder selbst beurteilen, man sollte von der Kombination keine Wunder erwarten, allerdings enttäuscht sie auch nicht.
Beste Grüße,
Thomas