Bassprobleme am 604

  • Guten Abend.


    Ich bin völliger Neuling im Dual Bereich und habe meine Plattensammlung in der Vor-CD-Zeit mit einem billigen Sony Plastikteil gehört. Nun wollte ich die Schallplatten reaktivieren und habe mir nach längerer Suche einen 604er über die Bucht Kleinanzeigen bei mir in der Nähe ersteigert und direkt abgeholt.
    Der Plattenspieler ist in einem optisch hervorragendem Zustand, die Zarge und die Haube sehen fast aus wie neu, die Tonarmabsenkung funktioniert sehr geschmeidig, der Zweifach Antiresonator hängt nicht durch und die Endabschaltung funktioniert auch wunderbar. Als System war das Original DMS 240e mit DN 241 verbaut.
    Nachdem ich mich hier im Forum in die Materie eingelesen habe (Knallfrosch Problem usw.) habe ich mich an das Eröffnen des Drehers gewagt. Das Umlöten der (bereits rissigen) Elkos und des anderen dicken Kondensators stellten keine Probleme dar. Auch der RCA Umbau war schnell gemacht. Ich habe das Original Din Kabel benutzt, den Stecker abgeschnitten, Cinch Stecker angelötet, am Plattenspieler die Kontakte gereinigt und laut Dualanleitung angeschlossen, die Masseverbindungen gekappt und eine Ader eines alten Cinchkabels als Masseleitung nach Aussen geführt. Soweit so gut, keine Brummen oder Ähnliches. Den Schmierdienst habe ich mir mal geschenkt, sämtliche gefetteten Teile im Innenleben des Drehers sehen aus, als hätte das irgendwer vor nicht allzulanger Zeit schonmal getan.
    Leider höre ich im Moment noch in meinem Herrenzimmer im Keller, dort habe ich keine Lautsprecher. Angeschlossen ist das Ganze an einem ebenfalls komplett überholtem Sony TA-F270 mit Teufel Aureol Real Kopfhörern. Zusätzlich habe ich noch (in Ermangelung eines Original Ersatzteils) eine Tonacord DN 242 Nachbaunadel NOS installiert, da die Originalnadel irgendwie kratzig und undefiniert im Hochtonbereich arbeitete. Ab da war das Klangbild für meine Verhältnisse eigentlich wunderbar.
    Nun zum eigentlichen Problem. Von Zeit zu Zeit, unabhängig von der Plattenstelle oder Gesamtlaufzeit des Plattenspielers kommt es ausschließlich auf dem rechten Kanal zu einer Verzerrung der Bässe. Eigentlich ist es immer nur die Bassdrum und man könnte es auch als verzerrtes Klacken beschreiben. Ich habe erst den Kopfhörer, oder den Kopfhörerverstärker des doch nicht so wirklich tollen Verstärkers dafür verantwortlich gemacht, aber bei CD Wiedergabe lässt sich das Problem nicht reproduzieren. In problemlosen Zeiten kann man den Verstärker auch fast bis zum Anschlag aufdrehen und nichts verzerrt.
    Wenn das Problem auftritt, und man den Tonkopf einmal abnimmt und wieder installiert, ist das Problem sofort weg. Die Kontakte sind mit Glasfaserradier gereinigt und blitzeblank. Ich halte das Ganze für ein elektrostatisches Problem, weiß aber absolut nicht weiter.
    Ich hoffe ihr seid aufgrund meiner ganzen Dual Lebensgeschichte noch nicht eingeschlafen und könnt mir mit konstruktiven Lösungsvorschlägen weiterhelfen...


    Gruß Benjamin

  • Was meinst du jetzt genau mit Zungen? Die Stellen am Kurzschließer wo die Kabelschuhe des Cinchkabels aufgesteckt werden sind natürlich gereinigt.

  • morgen.
    Ich meinte die Zungen die praktisch gegenüber der Steckkontakte sind und das. Kurvenrad berühren...
    MfG

  • Hallo Benjamin,


    willkommen im Forum und meinen Glückwunsch für das "erwischen" des 604. bei dem, was du an deinem Dreher bereits gemacht hast, schliesse ich die bearbeiteten Kontakte als Fehlerquelle mal aus. Dennoch könnte ein Kontaktproblem anliegen, das man zunächst übersieht.


    Wahrscheinlich wirst du die Kontakte am TK ebenfalls gereinigt haben, denn die sind versilbert und neigen zum Anlaufen. Das wirst du gesehen haben. Diese versilberten Kontaktstifte sind im TK - abgedeckt - mit kleinen Federn versehen, welche für etwas Druck und somit Kontakt an der Kontaktplatte des Headshells sorgen, wenn du das TK dort einclipst.


    Auch unter der Abdeckung (die kleine, rechteckige Kunststoffplatte mit dem Typenschildaufkleber darauf) kann der Gammel sitzen und dort die Bewegung der Kontaktstifte des TK behindern (die Leitfähigkeit ist hierdurch nicht betroffen!), was dann dazu führen könnte (!) dass so'n Kontaktstift bei der "Montage" des TK zwar einfedert, aber nur ungenügend wieder ausfedert, sobald das TK "sitzt". Man sieht es nicht, man hört dann nur: "Hier stimmt was nicht..." und sucht sich 'n Wolf.


    Ich empfehle dir nicht, die Abdeckung der Kontakte am TK zu entfernen, um das Übel zu beseitigen, denn wenn die Stifte mit den Federn erst mal ihre Führungen verlassen haben ist das ein Schmerz im Popo, das wieder ordnungsgemäss zusammen zu fummeln.


    Nehme dir mal ein Wattestäbchen, gebe einen winzigen Tropfen Nähmaschinenöl dran, sodass es gerade eben so getränkt ist und "wuschele" damit mal jene Teile der Kontaktstifte ein, die aus dem TK heraus gucken. Dann drückst du jeden Einzelnen davon vorsichtig und ohne Gewaltanwendung ins TK, denn dann tritt der am gegenüberliegenden Ende ein Stückchen aus (da, wo die Leitungen zum Tonabnehmer in den Stiften vercrimpt sind). Auch dort wuschelst du mal mit dem öligen Wattestäbchen drüber - nicht die dünnen Leitungen abreissen. Kann sein, dass du dem Stäbchen etwas Watte amputieren musst, um gut da dran zu kommen. Danach betätigst du die Kontaktstifte einige Male. Du wirst merken: am Anfang scheinen sie bei der Bewegung im Innern des TK zu "reiben", nachher nicht mehr.


    Anschliessend nimmst du ein neues Wattestäbchen und wischst das Öl wieder einigermaßen ab; ein dünner Film darf ruhig verbleiben. Vielleicht gehst du sogar hin und nimmst ein mit Spiritus oder Isopropanol oder Feuerzeugbenzin ganz leicht getränktes Taschentuch und entölst die Enden der Kontaktstifte dort, wo sie später die Kontaktplatte des Headshells berühren werden. Da du diese Stellen zuvor ohnehin gesäubert hast, sollte zumindest dort nun guter Kontakt gegeben sein. Wenn dein Problem danach noch besteht, liegt's wirklich an etwas Anderem.


    Noch Etwas zum Einsetzen von TKs in Headshells: ich habe festgestellt, dass die Dinger zwar anschliessend dort sitzen, wo sie auch sitzen sollen und dass sie dort auch fest genug sitzen, aber manchmal scheint das auch nur so. Ich gehe inzwischen nach dem TK-Einsetzen hin, halte das Headshell mit Daumen und Zeigefinger fest und "wackele" vorsichtig am fest geklemmten TK. Dabei "knackst" es manchmal leise, manchmal sogar in den Fingerspitzen fühlbar "im Gebälk", wenn sich das TK nämlich nochmal in seiner Halterung "setzt". Das ist jetzt keine Millimetersache; es handelt sich dabei nur um wenige Hundertstel an Bewegung, aber danach kannst du sicher sein, dass das Ding richtig sitzt. Mit deinem Problem als Solchem hat das hier wahrscheinlich - letztlich - nicht viel zu tun - könnte aber doch, sofern deine Kontaktstifte im Innern des TK etwas "vergrätzt" gewesen sind. Wir wollen ja alle Eventualitäten ausschliessen, nicht wahr?!?


    Nun gibt's jetzt noch vier weitere Kontaktflächen, die eventuell mal gegeneinander bewegt werden wollen: die, an denen die Steckerchen des TK auf den Kontaktstiften des Systems stecken. Du nimmst einen kleinen (!) Schraubendreher und setzt den am System hinter den Steckerchen an (bitte Jedes einzeln, also Alles nacheinander...). Damit kannst du eventuell fest sitzende (durch "Korrosionsgrätz") Steckerchen gefühlvoll (an-)lösen, bevor du beim Trennen der Verbindung plötzlich - huch - irgendein Drähtchen abgerissen hast. Manchmal genügt es, die Dinger einmal abzuziehen und wieder drauf zu stecken, manchmal muss man das zwei-dreimal machen, aber dann hast du auch dort wieder sicheren Kontakt.


    Natürlich (lohnt sich, wenn dein Tonabnehmer ein Clicksystem hat und nach der Demontage nicht erst wieder ausgerichtet werden muss) kann man auch alle Steckerchen behutsam ab- und das System aus dem TK nehmen, um auch mal dessen Kontaktstifte zu reinigen. Dann aber merken, welche Leitung wo gesessen hat! (mach' vorher 'n Foto...)


    Ich hoffe, dass es nur das hier noch als Letztes gewesen ist, was dir den Musikgenuss verleidet - ansonsten wüsste ich jetzt auch ad hoc nix mehr. Auch, wenn ein Aufsatz draus geworden ist - nötig war er, weil ich so Etwas nicht mit drei Worten erklären kann. Jedenfalls wünsche ich dir, dass du - letztendlich egal, wie - mit deinem 604 zu Potte kommst und er seinen Job makellos tun wird. Der Dreher ist ein Feiner, der sollte das können!
    Freundliche Grüsse



    Robert

    Einmal editiert, zuletzt von riofox ()

  • Hallo!


    Sind die Platten sauber?
    Ev. sammelt sich schnell ein Schmutz-Berg auf der Nadel, der dann die Verzerrungen verursacht...


    Lg,
    Stephan

  • Unwahrscheinlich, dass das dann nur in einem Kanal und nur bei einem bestimmten Frequenzbereich Auswirkungen hat.

    Viele Grüße


    Jochen

  • Bei mir waren jedenfalls ähnliche Probleme mit einer schnellen Nadelreinigung wieder vom Tisch... dachte, einen Versuch ist es wert!

  • Hallo..
    Für diese Ursachen gibt's viele Ursachen .
    Als erstes würde ich wie von Riofox schon ausführlich beschrieben hat vorgehen.
    Ist keine Besserung in Sicht die Nadel Taschen oder reinigen... Einfach ins ISOBad legen für ne halbe Stunde.... Warten bis das ISO trocken ist. Ausprobieren..

  • Nabend die Herren,


    vielen Dank für die Tipps. Manchmal sieht man ja den Wald vor lauter Bäumen nicht... Nachdem ich den Roman von Robert durchgelesen hatte, habe ich sofort mein Hauptaugenmerk auf den TK gelegt. Dieser wurde in der Tat bisher etwas stiefmütterlich behandelt. Obwohl die Beweglichkeit dieser kleinen Stifte eigentlich ganz gut war, habe ich sie wie beschrieben etwas geölt, mit Isopropanol gereinigt und dann mit etwas T6 Oszillin behandelt.
    Als ich mich den Kontaktstiften des Systems widmen wollte, wäre ich fast vor Scham im Boden versunken. Bei dem roten Stecker hätte es gar keinen Schraubenzieher gebraucht, den hätte man einfach abschütteln können. Der rutschte vergnüglich auf dem Kontaktstift hin und her. Ich gehe jetzt einfach mal fest davon aus, dass das meine Probleme verursacht hat. Nach der Revision des schlecht sitzenden Steckers lief der Plattenspieler zumindest den gesamten Nachmittag problemlos und klingt natürlich gleich noch viel filigraner ( ein gewaschenes Auto fährt ja auch viel besser ) . :)


    Gruß und nochmals Danke


    Benjamin

  • Hallo Benjamin,


    das mit dem Schämen lassen wir mal. In neuer Materie gleich an Alles denken dürfte nur den Wenigsten gelingen und an das mit dem TK oder die Kontaktierung zum System denken bestimmt auch manche alten Hasen nicht. Nicht sofort.


    Was du jetzt beim "Reparaturbild" beschreibst, liest sich aufschlussreich: es ist anzunehmen, dass die Kontaktstifte des TK an sich gar nicht die Schuld an der Sache trugen, doch jetzt werden sie es auch künftig nicht mehr tun. Was nun elektrisch/physikalisch genau an deinem "roten" Stecker passiert ist, braucht man nicht explitit aufzudröseln; es genügt zu wissen, dass er seinen Job nicht mehr getan haben wird - nicht durchgängig - und ihn jetzt wieder wahrnimmt. Ich gehe ebenfalls mal davon aus, dass er die Kröte in der Leitung gewesen ist.


    Hm. Meine Aufsätze sind wohl irgendwie berüchtigt, aber es gelingt mir im Erklärschwall nur selten Zurückhaltung; im Gegenzug lasse ich ebenso selten Unklarheiten offen - daher glaube ich, dass sich das irgendwie ausgleicht. Das Wesentliche ist, auch mal auf die kleine Baugruppe am Anfang der möglichen Fehlerkette geachtet zu haben und dort nicht ausschliesslich auf die Nadel. Die ist zwar häufig verantwortlich, wenn Etwas nicht stimmt, aber eben nicht immer.


    Gleichwie: dir noch viel Musikvergnügen mit deinem filigranen, gewaschenen TK :D und prima Grüsse



    Robert

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